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Hervorragend nur auf dem Papier?

Heute entscheidet sich, welche Projekte von der Exzellenzinitiative bis 2017 gefördert werden. Als einzige Stadt Deutschlands kann München zwei Eliteschmieden vorweisen, die TU und die LMU. Was hat die Exzellenzinitiative den Hochschulen bislang aber tatsächlich gebracht?

Von Susanne Lettenbauer | 15.06.2012
    Am Drucker von Sebastian Koch prangt ein winziger Aufkleber: "Aus Mitteln der Exzellenzinitiative beschafft". In seinem Physiklabor stehen weitere Geräte mit demselben Hinweis.

    Das ist die Exzellenzinitiative, sagt der TU-Student und Fachschaftsvorsitzende an der Technischen Universität München. Koch gehört zu den Kritikern der 2006 gestarteten Exzellenzinitiative. Bei den Studierenden und in der Lehre sei in den vergangenen Jahren nicht viel mehr angekommen als neue Geräte und das Exzellenzlogo auf der Uniwebseite, moniert er:

    "Für die Lehre kann man aus der Exzellenzinitiative relativ wenig sehen, da ja zu ungefähr der gleichen Zeit die Studienbeiträge eingeführt wurden zur Verbesserung der Lehre; zeitlich gesehen hat sich schon einiges in der Lehre verbessert, aber das kommt dann eher durch die Studienbeiträge als durch die Exzellenzinitiative."

    Fragt man ein wenig herum unter den Studierenden an der Technischen Universität, dann fällt auf, wie wenig die meisten über das Milliardenpaket für Deutschlands Universitäten wissen:

    "Noch nicht davon gehört.

    Was ist der Unterschied zu einer normalen Universität? Ich weiß es nicht.

    Ich weiß nicht, wir sind halt erst im zweiten Semester, da merkt man noch nichts davon.

    Es ist ein Geldtopf, woraus man Geräte kaufen kann, Studenten bezahlen kann."

    Die Exzellenzinitiative, so der Eindruck, war in den vergangenen Jahren an der TU München nur ein Geldtopf für die wenigen Doktoranden und Nachwuchswissenschaftler der sieben Leuchttürme: eine Graduiertenschule, fünf Exzellenzcluster, ein Zukunftskonzept. Dass vor allem die 2006 von Bildungsministerin Edelgard Buhlman ins Leben gerufene Bundesinitiative exzellente Professoren nach München lockte, sei zu bezweifeln, meint Studierendenvertreter Koch. Die TU München hatte bereits vor ihrem Elitestatus einen sehr guten Ruf, die geförderten Exzellenzcluster und Graduiertenschulen dürften nur ein i-Tüpfelchen bei der Rufannahme gewesen sein. TU-Präsident Wolfgang Herrmann widerspricht dem vehement und weist darauf hin …

    "… dass viele neue Professuren in diesen Schwerpunktfeldern aus den Mitteln der Exzellenzinitiative geschaffen wurden, allein elf neue Professuren seit 2007 in der Physik. Das hat uns wiederum in anderen Feldern Luft gegeben, die in der Exzellenzinitiative noch nicht ganz an der Spitze sind. Wir konnten also ausbauen."

    Für den Hochschulpräsidenten bedeutete die Bewilligung der Exzellenzprojekte ein Meilenstein im Kampf um internationale Anerkennung.

    "Die Türen an den ersten Adressen im Ausland sind überall aufgegangen und man hat die Exzellenzinitiative international sehr wahrgenommen, zum Teil wurde sie nachgeahmt in einigen Ländern. Das hat uns geholfen, unsere Auslandsbeziehungen zu stärken, hat uns geholfen, bei der Singapur-Nationalstiftung mit einem großen Projekt, 35 Millionen Euro, im Bereich der Elektromobilität für Megacities hineinzukommen. Wir sind also Teil des Kreativquartiers in Singapur, zusammen mit Berkeley, ETH Zürich, dem MIT und zwei israelischen Universitäten."

    Selbst Fachbereiche, so Herrmann, die nicht an den Graduiertenschulen oder Exzellenzclustern beteiligt waren, nutzten den Wettbewerbsdruck, um sich neu aufzustellen und neue Ziele zu setzen, kurz: auf sich aufmerksam zu machen. Die gesamte Universität sei enger zusammengerückt. Natürlich profitierten auch die Studierenden von dieser Umstrukturierung, ist Herrmann überzeugt.
    Im Gegenteil, sagt Theodor Fall, studentischer Senator der Ludwig-Maximilians-Universität München. Diese Umstrukturierung habe die Professoren enorm viel Zeit, Arbeit und Kraft gekostet. Wenn er gefragt wird, was die Exzellenzinitiative den Studierenden gebracht hat, hat er nur eine Antwort:

    "Dem Studierenden gar nichts - muss man so bilanzieren. Die Exzellenzinitiative gibt ja nur Mittel für Projekte, sprich, sehr kurzfristig und nur auf Antrag und nur für die Forschung. Sprich: Professoren müssen unheimlich viel Zeit aufwenden, um die Anträge zu schreiben, Zeit, die ihnen fehlt für Forschung, Zeit, die ihnen fehlt für Lehre. Man hat an der LMU sehr deutlich gemerkt, dass die letzten Jahre wirklich nur für die Exzellenzinitiative gearbeitet wurde, alle Initiativen in Sachen Lehre sind liegen geblieben."

    Von der Hochschulleitung der LMU möchte man sich derzeit nicht zur Exzellenzinitiative äußern. Der Antragsmarathon, die unzähligen Begehungen von sogar ausländischen Gutachtern – jetzt warte man nur noch auf die heutige Entscheidung.

    Natürlich freue er sich als Studierendenvertreter, sagt Theodor Fall, wenn seine Ludwig-Maximilians-Universität Geld bekomme, aber dieses Geld müsse künftig auf Dauer kommen, damit Planungssicherheit bei den Universitäten herrsche:

    "Ich wünsche mir durchaus, dass die LMU gewinnt, weil sie dann wenigstens Mittel für Forschung hat. Auch wenn es nur kurzfristig ist, auch wenn das Verfahren defizitär ist. Das schlimmste aber an dieser Exzellenzinitiative ist dieses Antragsverfahren. Und das wird hoffentlich rum sein."

    Mehr zum Thema am Samstag, den 16. Juni, um 14:05 Uhr im Bildungsmagazin PISAplus: Schwerpunktthema: Millionen für die Spitzenforschung: Was hat die Exzellenzinitiative bislang bewirkt?