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Herzinfarkt

Die Wissenschaftler hatten 2000 Menschen an den Fernbahnhöfen im Osten und Westen Berlins per Kreuzchentest befragt. Spätestens beim Thema Angina Pectoris mussten die meisten Befragten passen. Gert Baumann leitet die Medizinischen Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie an der Charité.

Monika Wimmer |
    Zum Beispiel wurde gefragt, kennen sie den Betriff Angina Pectoris? Und was verstehen sie darunter? Ein sehr hoher Prozentsatz, fast 20 % waren der Meinung, das ist ne Mandelentzündung. Es wurde gefragt, zum Beispiel, wie lange dauert ein Angina Pectoris.- Anfall. Es ist klar, dass ein Angina Pectoris Anfall charakterisiert ist, dass der nach wenigen Minuten spätestens nach 5-10 Minuten vorbei sein muss, denn wenn der länger anhält, muss der Betroffene davon ausgehen, dass es ein Herzinfarkt ist. Und da waren z.B. neben der richtigen Antwort auch Antworten angeboten bis zu 2 Wochen, das haben auch noch einige angekreuzt, also ganz schlimm.

    Für alle, die’s nicht wissen: Unter Angina Pectoris versteht man ein Engegefühl in der Brust, das durch eine Durchblutungsstörung des Herzmuskels hervorgerufen wird. Unter den Befragten konnte nur knapp die Hälfte diese Frage richtig beantworten.

    Dass jeder zweite Patient an einem Herzinfarkt stirbt, bevor er in der Klinik angelangt ist, war nur einem Drittel bekannt. Lediglich 40 Prozent wussten, dass den Ärzten bis zu 24 Stunden bleiben, um den Muskelschaden nach einem Herzinfarkt rückgängig zu machen. Nur 20 Prozent wussten, wo nach einem Herzinfarkt Schmerzen auftreten.

    Unter den Befragten waren Ost- und Westdeutsche, Akademiker und Nichtakademiker, Frauen und Männer, Teenager und Senioren. Am schlechtesten informiert waren die jungen Menschen, erzählt Gert Baumann.

    Was frappierend ist, das war, dass die 25 Jahre und jüngeren Befragten, das waren immerhin 28 Prozent, dass die so gut wie gar nichts wussten. Die wussten nicht um die Risikofaktoren, die wussten nicht um die Gefahr eines hohen Cholesterins, um die Gefährlichkeit des Rauchens, um die Gefährlichkeit eines Bluthochdruckes, oder eines hohen Blutzuckers, da war schlichtweg wenig, sehr wenig bekannt. Und über die Symptome von Herzinfarkten und Angina Pectoris da ist ganz zu schweigen.

    Baumann geht davon aus, dass 200.000 Fälle von chronischen Herzerkrankungen verhindert werden könnten, wenn die Menschen besser über Ursachen und Symptome von Herzerkrankungen aufgeklärt wären. Das Gesundheitswesen könnte so Kosten in Milliardenhöhe sparen, glaubt der Kardiologe. Doch wie könnte eine sinnvolle Aufklärungskampagne aussehen?

    Mein Vorschlag wäre der, die Kenntnisse um den Herzinfarkt, um die Symptome der Angina Pectoris, um die kardialen, koronearen Risikofaktoren und auch Kenntnisse in der ersten Hilfe zu knüpfen an regelmäßige 3-5-jährige Kenntnisnachweise in Form von Wochenendkursen, von deren erfolgreichen Bestehen, dann die Gültigkeit der Fahrerlebnis abhängig gemacht wird. Das heißt, in Zukunft wird es nur noch Fahrerlaubnisse geben, die für die Dauer von 3-5 Jahren befristet sind, und dann erneuert werden, in dem Augenblick, wo ein solcher Kenntnisnachweis erbracht wird.

    Führerschein gegen Wissenstest. Der Vorschlag klingt ungewöhnlich und dürfte auch nicht leicht durchzusetzen sein.

    Deshalb findet Gert Baumanns Aufklärungskampagne vorerst noch in einem Hörsaal der Charité statt. Anlässlich der bundesweiten Herzwoche informieren der Berliner Kardiologe und seine Kollegen In täglichen Vorlesungen über das Thema Herzerkrankungen auf. Zum Beispiel darüber, woran Betroffene Angina Pectoris erkennen können.

    Das sind plötzlich einsetzende Beschwerden. Oftmals kündigen sie sich an bei starken körperlichen Belastungen, später dann bei leichteren körperlichen Belastungen, dann auch aus heiterem Himmel, ohne jegliche Vorboten. Und diese Schmerzen treten auf hinter dem Brustbein, die haben eine ganz charakteristische Ausstrahlung, in 70 Prozent der Fälle in den linken Oberarm, in die linke Schulter, bis in die Finger. Weitere Ausstrahlungsgebiete ist die Kieferregion. Viele laufen zum Zahnarzt in der Meinung, es sei ein Zahnproblem da, in Wirklichkeit ist es Angina Pectoris. Und charakteristisch für die Hinterwand ist der rechte Oberbauch, das ist auch eine typische Ausstrahlung. Das sind die typischen Lokalisationen. Die sollte jeder kennen. Und wenn so etwas erstmalig auftritt, muss der Patient in jedem Fall einen Arzt aufsuchen, der dann die entsprechenden weiterführenden Untersuchungen veranlasst.


    Wichtig ist aber auch, dass andere die Situation richtig zu deuten wissen, wenn ein Herzkranker dringend ärztliche Hilfe benötigt. Noch einmal Gert Baumann über die für Außenstehende erkennbaren Symptome von Angina Pectoris und Herzinfarkten.

    Die krümmen sich vor Schmerzen, sie halten die rechte oder linke Hand an’s Brustbein, und wenn das große Infarkte werden oder schwere Angina Pectoris-Anfälle sind, kann das auch gleichzeitig einhergehen mit schwere Luftnot, bis zu einer Verfärbung des Hautcolorits leichenblass oder auch zwetschgenblau.