Archiv


Herzinfarkt-Diagnose in Minutenschnelle

Stechende Schmerzen in der Brust. Wer hat da nicht Angst vor einem Herzinfarkt? Jede Minute zählt. Denn je schneller ein Infarkt diagnostiziert und behandelt wird, um so besser stehen die Überlebens-Chancen. In Paris testen Mediziner seit einem Jahr einen Herzinfarkt-Schnelltest auf seine Zuverlässigkeit.

Von Suzanne Krause |
    Beim Notarztdienst Samu im Pariser Krankenhaus Pitiè-Salpetrière geht ein Anruf ein: ein Mann um die 60 klagt über stechende Schmerzen in der Herzgegend. Verdacht auf Herzinfarkt. Patrick Ecollan, der dienstleitende Arzt, macht sich sofort mit einem Fahrer im

    Zur Fahrzeugausrüstung gehört nicht nur ein tragbares EKG-Gerät, sondern mittlerweile auch der Cardiodetect-Test, der in jede Jackentasche passt. Er sieht aus wie eine Scheckkarte. Darauf wurde eine Lage Nitrozelluloid aufgeklebt, bestückt mit Antikörpern, die auf ein bestimmtes Herzmuskelprotein im Blut reagieren und es farbig anzeigen. Dieses Protein entsteht, sobald Herzmuskelzellen absterben. Und macht damit schon 20 Minuten nach den ersten Symptomen einen Infarkt sichtbar. Andere Tests sprechen erst nach drei Stunden an. Vier Tropfen Blut, intravenös abgezapft, reichen aus für den Test.

    Und sobald Patrick Ecollan bei seinem Patienten ist und erste Auskünfte über dessen Zustand gesammelt hat, schlägt er ihm, neben dem EKG, einen Test mit dem Cardiodetect vor. Denn beim französischen Samu-Dienst beginnt die Notfall-Behandlung nicht erst im Krankenhaus, sondern schon beim Eintreffen beim Patienten. Patrick Ecollan:

    " Es gibt Infarkt-Fälle, in denen ein EKG nichts anzeigt. Mit Cardiodetect hingegen lässt sich in 90 Prozent der Fälle ein Herzinfarkt sehr früh sichtbar machen. 90 Prozent Zuverlässigkeit innerhalb der ersten Stunden nach einem Herzanfall ist enorm. Da kommen andere Markerverfahren nicht mit. "

    Auch die deutsche Chirurgin Rosita Haas, die seit sieben Jahren beim Pariser Samu-Dienst arbeitet, lobt Cardiodetect:.

    " Seitdem wir halt diesen Test haben, ist es so, dass ich bei manchen Patienten, wo ich vorher unsicher war, wie ich vorgehe, jetzt halt eine Möglichkeit habe, sehr schnell ein Ergebnis zu bekommen, was mich unterstützt in meiner Entscheidung. Die Durchführbarkeit des Testes ist so einfach, dass man es fast nicht glauben kann und die Ergebnisse, alles, was ich bisher gesehen habe, sind so, dass ich wirklich sehr überzeugt bin von diesem Test. "

    Im Februar vergangenen Jahres hat Patrick Ecollan mit seinen Samu-Kollegen vom Krankenhaus Pitiè-Salpetrière eine Pilotstudie zu Cardiodetect aufgenommen: getestet wurde die Methode an insgesamt 108 Notfall-Patienten mit Verdacht auf Herzinfarkt, erläutert Patrick Ecollan:

    " Von diesen 108 Patienten hatten 54 wirklich einen Herzanfall, also die Hälfte. Und bei zwölf Patienten haben wir den Infarkt nur dank der Cardiodetect-Methode nachweisen können. Ohne den Test wären diese Patienten nicht unmittelbar als Infarktfälle behandelt worden. "

    In Kürze werden wir eine neue Studie beginnen, die auf 500 Patienten ausgelegt ist. An dieser Studie werden mehrere Notarzt-Dienste im ganzen Land beteiligt sein. Wir wollen herausfinden, ob der Einsatz des Tests, der mit großer Zuverlässigkeit einen sehr frühen

    Infarkt-Nachweis ermöglicht, damit auch helfen kann, die Überlebenschancen der Patienten zu verbessern. Weil die Notärzte dann schneller die richtige Behandlung aufnehmen können.

    Als mögliche Nutzer von Cardiodetect sieht Patrick Ecollan neben den Notärzten auch beispielsweise Hausärzte oder Allgemeinärzte ohne EKG in der Praxis. In der Hand des Patienten jedoch möchte der Arzt den Test nicht sehen.

    Jeder biologische Test muss eingebettet sein in eine ärztliche Untersuchung. Wenn man jemand, der plötzlich merkwürdige Schmerzen hat, den Cardiodetect-Test an sich selbst ausprobiert, wird er sich vielleicht schwer tun, das Ergebnis richtig zu lesen. Und verfällt dann in Panik und regt sich unnötig sehr auf.