Stichwort Herz: Darauf reimt sich, na? Klar doch: seit jeher Schmerz. Was kann einem dazu noch alles einfallen? Zum Beispiel herzkrank sein, Herztransplantation, Wartelisten, Kunstherz, Schweineherz, neues Herz, Organspender/Herzempfänger: des einen Tod – des anderen Leben. Ein zweites Leben. Und weiter dreht sich das Assoziationskarrussell: Ein zweites Leben – das versprechen auch Partnerschaftsagenturen, Eheanbahnungsinstitute, Veranstalter von Single-Events und Speedflirting-Abenden. Und warum nicht beide Trivialdiskurse: Das transplantierte und das partnerschaftlich animierte (und einmal auch, da vom Schwein, frittierte) Herz eben mal zusammen abhandeln? Gefundenes Fressen für ein Theater, das neue Formen erprobt und nach Authentizität giert, getreu dem Motto: die beste Kunst ist die Wirklichkeit selbst. Also dürfen nun in Zürich unter dem Label "Rimini Protokoll" Betroffene ihre Herz-Schmerz-Geschichte öffentlich, na, zumindest mal theateröffentlich erzählen.
Dann geht es viermal linksrum vor die vier Zuschauerpodeste. Patientin, Kardiotechnikerin, Single-Event-Moderator, russische Partnerschaftsmanagerin teilen ihre Erfahrungsberichte in einem Inforeigen mit, bis ein Tonsignal die Erzählung für diesmal unterbricht – und sie einen Block weiter rücken und wieder von vorn anfangen müssen mit ihrer willkürlich (also ganz wie im richtigen Leben) fragmentarisierten Geschichte.
Medialer Glanzpunkt des theatralischen Herz-Erkundungs-Unternehmens ist die mittlerweile obligatorische Videopräsentation. An allen vier Rückwänden des Spielraums kommen nicht nur Experten, Kardiologen beispielsweise, kurz zu Wort, wird nicht nur OP-Atmo eingeblendet. Hier gibt man auch der Fantasiewelt der Probanden Raum. Zu diesem Zwecke schweben computeranimierte Kunstfiguren durch ein virtuelles Second-Life-Wunderland, vom Weltall bis zur Bauernhof-Baukasten-Bergidylle. Ja, das trifft endlich mal ins Herz unserer bereitwillig konsumierten TV-Wirklichkeiten. Doch trotz (oder wegen?) des erheblichen technischen und virtuellen Aufwands, trotz der auf Betroffenheit und Anteilnahme zielenden Thematik entstehen im Verlauf von zwei langen Stunden so recht keine Gefühle beim Zuschauer. Und das Authentizitätsniveau der Darbietung erreicht selten auch nur ansatzweise den Informationsgehalt einer ganz normalen Dokusoap zum Thema "Herztransplantation" oder "Singletreffs" – von guten Dokumentarfilmen ganz zu schweigen.
Zumindest diese Arbeit von "Rimini Protokoll" aber lässt sich nicht einfach als langweilig geratenes Theaterprojekt abtun. Die Sache ist – bei aller Sympathie für therapeutischen Mehrwert des Theatralischen – gerade deshalb so problematisch, weil hier "Experten der Wirklichkeit" genannte, vulgo: "betroffene Laien" schutzlos einem professionellen Theaterbetrieb ausgesetzt sind. Weil eben nicht die von "Rimini Protokoll" so wenig geschätzten Repräsentationsschauspieler mit ihrer Repräsentationsschauspielerei, also Bühnenprofis – Figuren darstellen. Von der Brüskierung der Berufsschauspieler einmal abgesehen, hier wird, mit Verlaub, die Würde der Betroffenen verletzt, wenn sich beim Wieder-und-Wiederhören ein leicht amüsiertes, freundliches Desinteresse einstellt – wie wenn dir deine Tante zum x-ten Mal pointenlos von ihrer Herz-OP erzählt oder dein Kumpel dir die stories auftischt, wie er immer die falsche erwischt und was alles schiefgeht, wenn er eine russische oder, weil es näherliegt, eine heimische Frau kennen lernen will. Um nicht missverstanden zu werden: dies ist keine hochmütige Herabwürdigung von Laientheater, wohl aber Kritik an einer sich engagiert und betroffen gebenden professionellen Theaterarbeit, die sich einen Echtheits- und Authentizitätsbonus durch geschickte Themenwahl, theatralische Ausbeutung und den Anspruch "Wirklichkeit ohne Schauspieler "wohlfeil zu sichern sucht.
Aber soviel Aufwand, nur um dezidiert kunstlos grundversorgt zu werden? Solch eine "Anti-Theatralik des Banalen", die über ein 1:1, ein 1x1 der Wirklichkeitsnachahmung nicht hinauskommt, tut jedem richtig weh, der auch nur eine Ahnung von jener Doppelbödigkeit hat, die dem Theater, und nur ihm, eigen ist – sein könnte - einmal war.
Dann geht es viermal linksrum vor die vier Zuschauerpodeste. Patientin, Kardiotechnikerin, Single-Event-Moderator, russische Partnerschaftsmanagerin teilen ihre Erfahrungsberichte in einem Inforeigen mit, bis ein Tonsignal die Erzählung für diesmal unterbricht – und sie einen Block weiter rücken und wieder von vorn anfangen müssen mit ihrer willkürlich (also ganz wie im richtigen Leben) fragmentarisierten Geschichte.
Medialer Glanzpunkt des theatralischen Herz-Erkundungs-Unternehmens ist die mittlerweile obligatorische Videopräsentation. An allen vier Rückwänden des Spielraums kommen nicht nur Experten, Kardiologen beispielsweise, kurz zu Wort, wird nicht nur OP-Atmo eingeblendet. Hier gibt man auch der Fantasiewelt der Probanden Raum. Zu diesem Zwecke schweben computeranimierte Kunstfiguren durch ein virtuelles Second-Life-Wunderland, vom Weltall bis zur Bauernhof-Baukasten-Bergidylle. Ja, das trifft endlich mal ins Herz unserer bereitwillig konsumierten TV-Wirklichkeiten. Doch trotz (oder wegen?) des erheblichen technischen und virtuellen Aufwands, trotz der auf Betroffenheit und Anteilnahme zielenden Thematik entstehen im Verlauf von zwei langen Stunden so recht keine Gefühle beim Zuschauer. Und das Authentizitätsniveau der Darbietung erreicht selten auch nur ansatzweise den Informationsgehalt einer ganz normalen Dokusoap zum Thema "Herztransplantation" oder "Singletreffs" – von guten Dokumentarfilmen ganz zu schweigen.
Zumindest diese Arbeit von "Rimini Protokoll" aber lässt sich nicht einfach als langweilig geratenes Theaterprojekt abtun. Die Sache ist – bei aller Sympathie für therapeutischen Mehrwert des Theatralischen – gerade deshalb so problematisch, weil hier "Experten der Wirklichkeit" genannte, vulgo: "betroffene Laien" schutzlos einem professionellen Theaterbetrieb ausgesetzt sind. Weil eben nicht die von "Rimini Protokoll" so wenig geschätzten Repräsentationsschauspieler mit ihrer Repräsentationsschauspielerei, also Bühnenprofis – Figuren darstellen. Von der Brüskierung der Berufsschauspieler einmal abgesehen, hier wird, mit Verlaub, die Würde der Betroffenen verletzt, wenn sich beim Wieder-und-Wiederhören ein leicht amüsiertes, freundliches Desinteresse einstellt – wie wenn dir deine Tante zum x-ten Mal pointenlos von ihrer Herz-OP erzählt oder dein Kumpel dir die stories auftischt, wie er immer die falsche erwischt und was alles schiefgeht, wenn er eine russische oder, weil es näherliegt, eine heimische Frau kennen lernen will. Um nicht missverstanden zu werden: dies ist keine hochmütige Herabwürdigung von Laientheater, wohl aber Kritik an einer sich engagiert und betroffen gebenden professionellen Theaterarbeit, die sich einen Echtheits- und Authentizitätsbonus durch geschickte Themenwahl, theatralische Ausbeutung und den Anspruch "Wirklichkeit ohne Schauspieler "wohlfeil zu sichern sucht.
Aber soviel Aufwand, nur um dezidiert kunstlos grundversorgt zu werden? Solch eine "Anti-Theatralik des Banalen", die über ein 1:1, ein 1x1 der Wirklichkeitsnachahmung nicht hinauskommt, tut jedem richtig weh, der auch nur eine Ahnung von jener Doppelbödigkeit hat, die dem Theater, und nur ihm, eigen ist – sein könnte - einmal war.