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Hess meldet vier Monate nach Börsengang Insolvenz an

Vier Monate nach dem Börsengang geht der Schwarzwälder Leuchtenhersteller Hess in die Insolvenz. Vorangegangen war ein Bilanzskandal. Anwälte raten Aktienkäufern des Unternehmens deshalb zum Klageweg.

Von Brigitte Scholtes | 18.02.2013
    Es waren nicht nur Profis, die in die Aktie des Leuchtenherstellers Hess aus dem Schwarzwald investiert hatten. Allein Privatkunden der Sparkassen Schwarzwald-Baar in Villingen-Schwenningen, dem Firmensitz des Unternehmens, als auch der Ostsächsischen Sparkasse Dresden, einem Produktionsstandort von Hess, waren Anteile im Wert von 1,4 Millionen Euro zugeteilt worden - 4,2 Prozent der ausgegebenen Aktien.

    Knapp 36 Millionen Euro frisches Kapital war Hess insgesamt zugeflossen. Geld, das der Leuchtenhersteller dringend benötigte, weil er offenbar seit Jahren mehr Geld ausgegeben als eingenommen hatte. 9,2 Prozent der Aktien wurden bei der Emission Kleinanlegern zugeteilt. Die haben nun fast einen Totalverlust erlitten. Sie sollten sich anwaltliche Hilfe holen, raten Anlegerschützer. Denn wenn vier Monate nach dem Börsengang Insolvenz angemeldet werden müsse, bestehe der Verdacht, dass das Unternehmen im Börsenprospekt falsche Angaben zu seiner finanziellen Lage gemacht habe, sagt Andreas Lang, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der Kanzlei Nieding und Barth:

    "Vor diesem Hintergrund steht im Raum, Prospekthaftungsansprüche geltend zu machen gegen die Prospektverantwortlichen, das heißt, gegen die Manager des Unternehmens, gegen Wirtschaftsprüfer, die die Bilanzen ja auch für den Prospekt geprüft haben, aber auch gegen die Banken, die den Börsengang begleitet haben. Denn mir ist nicht ersichtlich, wieso einer Bank bei ordnungsgemäßer Tätigkeit das nicht bereits Ende Oktober bzw. kurz vorher bei der Prüfung aufgefallen sein sollte."

    Sie sollten zwar auch ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden, rät Lang, aber da bestünden nur geringe Aussichten auf Berücksichtigung. Deshalb sei eine Klage auf Schadenersatz erfolgversprechender:

    "Es handelt sich hier um einen eklatanten Fall. Wir verfügen über Informationen ja nicht nur von außen kommend, sondern es sind ja interne Vorgänge gewesen, die letztendlich auch hier zur fristlosen Entlassung der beiden Vorstände geführt haben. Auch Mitarbeiter haben sich wohl schon geäußert, dass man eigentlich schon seit längerem wusste, dass diese ganzen Zahlenwerke, mit denen gearbeitet wurde, nicht stimmen. Vor diesem Hintergrund sehe ich hier eigentlich gute Erfolgsaussichten."

    Federführend hatte die LBBW, die Landesbank Baden-Württemberg, den Börsengang im Oktober begleitet. Sie will nun nach gründlicher Prüfung entscheiden, ob sie künftig überhaupt noch Unternehmen beim Gang an die Börse begleiten will. Im Fall Hess könnte es teuer werden für die Landesbank.