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Hessen nach PISA

Lehrer zurück auf die Schulbank – so könnte kurz gefasst der wichtigste Vorschlag der Experten sein. Angeführt vom Kasseler Lehramts-Professor Bernd Wollring legte die Kommission ein Papier auf den Tisch, das auf knapp hundert Seiten nichts weniger fordert – als eine Ausdehnung des Studiums – bis an das Ende des Lehrer-Daseins.

    Bisher ist Lehrerbildung so, als würde man eine Batterie aufladen – und dann lebenslanges Leuchten erwarten. Was man braucht, ist eine stetige Wiederaufladung zwischendurch. Nicht nur aus sachlichen Gründe, weil Kenntnisse veralten und nachzurüsten sind, sondern auch um eine Studienüberladung zu Berufsbeginn zu vermeinden. Manche Studien-Inhalte werden völlig anders wahrgenommen, wenn man bereits Praxiserfahrung gesammelt hat.

    Mindestens noch zwei Mal im Laufe ihres Berufslebens sollen Lehrer nach Wunsch der Experten aus der Lehr-Tätigkeit ausscheren – um sich ganz der Weiterbildung zu widmen:

    Sinnvoll wäre es, wenn im Sinne einer verpflichtenden Weiter- und Fortbildung nach fünf bis zehn Berufsjahren an Bildungseinrichtungen oder Universitäten seine Kenntnisse ergänzt. Gedacht ist an einen Zeitraum von zwei bis vier Semestern, also zwei Jahren.

    Von der Rückkehr der Lehrer an die Universitäten versprechen sich die Experten zudem eine Befruchtung der Lehrer-Bildung - weil eben diese Alt-Studenten ihre Erfahrung aus der Schule an die Universitäten zurücktragen würden. Doch ist eine Rückkehr der Lehrer an die Universitäten im Sinne der Politik erwünscht? Die hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner ist das keine Frage:

    Es ist eine existentielle Frage für die Hochschulen. Wir werden zurück gehende Studierenden-Zahlen bekommen, ab 2010. Die Hochschulen werden Weiterbildung als akademische Ausbildung für alle Berufe, nicht nur für Lehrer als kompakte Angebote machen müssen.

    Aber nicht nur die Lehrer-Bildung in Hessen insgesamt nahmen die Experten in den vergangenen Monaten unter die Lupe. Auch das Lehramtsstudium selbst stellt das Papier auf die Probe. Besonders in die Kritik geriet dabei die Ausbildung der Grundschul-Lehrer. Noch einmal Bernd Wollring:

    Bisher ist es in Hessen so, das wir ein kombiniertes Studium Grund- Haupt und Realschule haben. Das ist für die Grundschule nur von bedingten Nutzen. Angesichts des Bedarfs nach diagnostischer Bildung stellen wir uns vor, dass die Grundschul-Lehrerinnen-Ausbildung genuin Grundschul-bezogener als bisher gefahren werden muss.

    Viele Lehrer würden bisher mit Fächer-Kombinationen an die Grundschulen kommen, die dort gar nicht gebraucht würden. In Gegenzug würde in Hessen 70 Prozent des Mathematik-Unterrichts nicht von dafür ausgebildeten Lehrern gemacht. Das müsse sich ändern. Mathematik und Deutsch müssten Pflicht werden für Grundschullehrer. Darüber hinaus forderten die Experten flexibleres Studium, das aus Modulen zusammensetzen wird. Unter Modulen verstehen die Experten Schwerpunkte mit aufeinander abgestimmten Lehrveranstaltungen. In diese Module könnte so schon während des Studiums mehr Praxis einfließen. Auch die für die Schulen in Hessen zuständige Kultusministerin Karin Wolf quittierte die vielen Ideen der Experten heute in Kassel mit vorsichtigem Wohlwollen - und verwies indirekt auf deren politische Verarbeitung - nach der Landtagswahl in Hessen in drei Wochen:

    Links zum Thema:

    Lehrer werden in Hessen