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Heterogene Katalyse

von Kai Müllges

    Am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr leitet Professor Ferdi Schüth den Arbeitsbereich Heterogene Katalyse. Was das ist, erklärt er so:

    Heterogene Katalyse ist die Art der Katalyse bei der Katalysator und die Reaktanden nicht in der gleichen Phase vorliegen, das heißt meist ist der Katalysator ein Feststoff und die Reaktanden deren Reaktionen beschleunigt werden sollen, sind Flüssigkeiten oder Gase. Mein Schwerpunkt liegt eher auf der Seite der Gasreaktionen. Alle Hörer kennen wahrscheinlich den Katalysator im Auto, das ist ein ganz typischer heterogen katalysierter Prozess, denn der Katalysator im Auto ist ein Festkörper, durch den Kanäle gezogen sind, der ist mit Platin beschichtet und dieses Platin ist eigentlich das aktive Material, das aus den Schadstoffen Kohlenmonoxid, Stickoxide, Kohlenwasserstoffe eben unschädliche Verbindungen wie Kohlendioxid und Stickstoff macht.

    Doch Katalysatoren finden heute eben nicht nur im Auto Anwendung sondern in fast jedem chemischen Prozess. Dabei sind Forscher und Industrie stets auf der Suche nach besseren Katalysatoren, die die jeweils gewünschten Reaktionen noch schneller und effizienter und damit in der Regel auch ein bisschen umweltfreundlicher machen. Dabei gilt der Grundsatz: je mehr Oberfläche der Feststoff bietet, desto schneller läuft die Reaktion ab. Ferdi Schüth sucht deshalb nach Materialien, die eine möglichst große Oberfläche aufweisen und untersucht dabei insbesondere sogenannte mikro- und mesoporöse Festkörper, bei denen ein Großteil der Oberfläche innerhalb des Katalysatorkerns liegt, in Form von Löchern und Poren.

    Wir können heute Materialien machen, die in einem Gramm die Oberfläche von, na ja, vielleicht einem Viertel Fußballfeld haben. Das heißt, das sind so 1000 bis 1500 Quadratmeter an innerer Oberfläche, die in einem Gramm Katalysator vorhanden sind. Und solche Materialien sind natürlich ganz besonders effizient, wenn es darum geht Reaktionen zu beschleunigen.

    Betrachtet man solche Materialien durch das Elektronenmikroskop gleicht ihre Struktur der einer Honigwabe, bei der tausende von winzig kleinen, nanometerdünnen Kanälen, viel dünner als ein menschliches Haar die wabenartige Oberfläche bilden. Und was sind das für Zaubermaterialien? Ferdi Schüth:

    Im einfachsten Fall ist das Siliziumdioxid. Das ist ein chemischer Begriff, viele werden den Begriff nicht kennen. Sand ist auch Siliziumdioxid. Sand ist eine meist kristalline Form des Siliziumdioxids, bei der die Atome periodisch angeordnet sind. Das Siliziumdioxid mit dem wir es zu tun haben, ist amorph, das heißt die Atome auf der atomaren Skala sind nicht periodisch angeordnet, sondern nur die Kanäle periodisch geordnet.

    So verblüffend alltäglich wie das Ausgangsmaterial ist auch die Methode, mit der die Wissenschaftler solche hochgradig porösen Oberflächen erzeugen.

    Letztlich nimmt man Seife. Man nimmt die Moleküle, die auch in einer Seife enthalten sind. Diese Moleküle haben einen Teil, der sich sehr gut in Wasser löst und einen Teil, der sich sehr gut im Fett löst. Deshalb wirkt eine Seife, packt die Fetttröpfchen letztendlich ein und macht sie löslich, so dass sie aus der Wäsche heraus wäscht.

    Wenn man diese Seifen nun in hoher Konzentration in Wasser gibt, dann bilden sich so genannte flüssigkristalline Phasen, wie man sie aus den Flüssigkristall-Displays kennt. Die Seifenmoleküle sind darin periodisch angeordnet. Fügt man weitere Moleküle hinzu, die in der Reaktion Siliziumdioxid erzeugen, dann ordnet sich das um die Seifen an. Anschließend muss man nur noch die Seifen heraus brennen oder – lösen. Zurück bleibt das poröse Siliziumdioxid. Voila! Auf diese Weise hergestellte heterogene Katalysatoren könnten, meint Ferdi Schüth, schon bald in vielen großtechnischen Anwendungen eine Rolle spielen, zum Beispiel dann, wenn es darum geht, auch zähflüssigste Rückstände in der Ölindustrie noch in Benzin zu verwandeln.