Es ist ziemlich genau fünf Jahre her, da waren Peter Weibel und Götz Adriani nicht gut aufeinander zu sprechen. Adriani, der eher den traditionellen Bildmedien zugetan ist und die Videokunst nicht gerade für eine kopernikanische Wende der Kulturgeschichte hält, fühlte sich mit seinem Sammlermuseum im Karlsruher ZKM an den Rand gedrängt und schmiss seinen Direktorenposten hin, "in heiligem Zorn", wie er heute sagt. Weibel nahm die Vorlage dankend an: sein gefräßiges ZKM schluckte das Sammlermuseum, auch "Museum für Neue Kunst" genannt, und hatte fortan zwei große Lichthöfe mehr an Ausstellungsfläche.
Jetzt sitzen die beiden Herren auf der Pressekonferenz gelassen nebeneinander, und obwohl das ZKM sich in einer ehemaligen Munitionsfabrik befindet, scheint dauerhafter Friede eingekehrt zu sein: Adriani kuratiert eine Großausstellung an seiner ehemaligen Wirkungsstätte, und Peter Weibel gibt freundlich das Geleit. Warum das so ist? Nun, Adriani ist mit der Sammler-Szene so vernetzt, dass viele Ausstellungen ohne ihn kaum denkbar wären; auch die weit ausgreifende Schau im ZKM, die Sammler wie Grässlin, Weishaupt, Burda, Fröhlich, Rentschler, Hoppe-Ritter und einige Unbekannte zusammenführt, ist nur mit Adriani zu machen. Und Weibel, der sowieso täglich eine neue These erfindet, deren Gegenteil er tags drauf gern behauptet, ist so flexibel, dass er auch dicke Beckmann-Weiber und Kirchner-Akte aushält, wenn es denn dem ZKM dient.
Adriani beginnt - natürlich - mit Cézanne, und er endet mit Martin Kippenbergers zauberischem "Birkenwald", in dem übergroße Alka-Seltzer-Pillen herumliegen. Kater oder Kopfschmerz braucht jedoch niemand zu befürchten in dieser Ausstellung: sie ist ein mit großartigen Werkbeispielen bestückter Parcours durch Moderne und Postmoderne, den kein staatliches Museum in dieser Dichte hinbekäme. Genau das ist das Problem: die Ausstellung zeigt nebenbei und vielleicht auch unfreiwillig, wie abhängig die öffentlichen Institutionen mittlerweile von den Privatsammlern geworden sind. Denn die haben jetzt meist ihre eigenen Museen und leihen auch nur unter bestimmten Konditionen.
Das soll die Freude über diese Ausstellung jedoch nicht trüben: selten bekommt man so kompakt Kunstgeschichte erzählt. Von den farbleuchtenden Expressionisten zu den kühlen Konstruktivisten, vom Bauhaus bis zur Neuen Sachlichkeit, vom allgegenwärtigen Picasso mit seinem verrutschten Frauenköpfen bis zu den abstrakt mantschenden Pollock und de Kooning, von Minimalismus bis Warhol-Pop, neuer Fotografie (die Bechers und Thomas Ruff) bis zu zarten Beuys-Zeichnungen, von Franz Wests "Neurosen"-Couch bis zu Cy Twomblys Kritzeleien - man findet in dieser Ausstellung (fast) alles, was Schulklassen, Studenten und alle übrigen Altersgruppen über die Moderne wissen sollten.
Man könnte nun psychologisch untersuchen, wer aus welchen Gründen was sammelt - Grässlin kauft den chaotischen Kippenberger und Franz West, Fröhlich liebt den frechen Tapeten-Polke. Man könnte den gigantischen Preisauftrieb auf dem Kunstmarkt geißeln, der durch die Finanzkrise jetzt etwas gedämpft wurde, und von alten Zeiten schwärmen, als man noch für wenig Geld eine Suppendosenzeichnung von Warhol bekam. Man könnte sich fragen, warum ausgerechnet im Südwesten Deutschlands eine so hohe Dichte bester Kunstsammlungen besteht, die meist eigene Museen gebaut, aber die nun alle ans ZKM ausgeliehen haben.
Sagen wir einfach: Hier sitzt viel Kapital. Hier sitzt aber auch Kunstverstand. Nachhilfelehrer Adriani hat Publikum herangebildet und Sammler beraten, und manchmal kauft er auch selber, natürlich in fremdem Auftrag. "Just what is it", Richard Hamiltons berühmte Pop-Collage aus dem Jahr 1956, erwarb Adriani einst für die Sammlung Zundel in der Kunsthalle Tübingen. Hamilton zeigt dort (unter anderem) einen Bodybuilder im bürgerlichen Wohnzimmer - vielleicht steht der auch für den Potenz der Sammler, die wenigstens ab und zu ins Wohnzimmer der staatlichen Museen zurückkehren sollten. Wie jetzt im ZKM.
Jetzt sitzen die beiden Herren auf der Pressekonferenz gelassen nebeneinander, und obwohl das ZKM sich in einer ehemaligen Munitionsfabrik befindet, scheint dauerhafter Friede eingekehrt zu sein: Adriani kuratiert eine Großausstellung an seiner ehemaligen Wirkungsstätte, und Peter Weibel gibt freundlich das Geleit. Warum das so ist? Nun, Adriani ist mit der Sammler-Szene so vernetzt, dass viele Ausstellungen ohne ihn kaum denkbar wären; auch die weit ausgreifende Schau im ZKM, die Sammler wie Grässlin, Weishaupt, Burda, Fröhlich, Rentschler, Hoppe-Ritter und einige Unbekannte zusammenführt, ist nur mit Adriani zu machen. Und Weibel, der sowieso täglich eine neue These erfindet, deren Gegenteil er tags drauf gern behauptet, ist so flexibel, dass er auch dicke Beckmann-Weiber und Kirchner-Akte aushält, wenn es denn dem ZKM dient.
Adriani beginnt - natürlich - mit Cézanne, und er endet mit Martin Kippenbergers zauberischem "Birkenwald", in dem übergroße Alka-Seltzer-Pillen herumliegen. Kater oder Kopfschmerz braucht jedoch niemand zu befürchten in dieser Ausstellung: sie ist ein mit großartigen Werkbeispielen bestückter Parcours durch Moderne und Postmoderne, den kein staatliches Museum in dieser Dichte hinbekäme. Genau das ist das Problem: die Ausstellung zeigt nebenbei und vielleicht auch unfreiwillig, wie abhängig die öffentlichen Institutionen mittlerweile von den Privatsammlern geworden sind. Denn die haben jetzt meist ihre eigenen Museen und leihen auch nur unter bestimmten Konditionen.
Das soll die Freude über diese Ausstellung jedoch nicht trüben: selten bekommt man so kompakt Kunstgeschichte erzählt. Von den farbleuchtenden Expressionisten zu den kühlen Konstruktivisten, vom Bauhaus bis zur Neuen Sachlichkeit, vom allgegenwärtigen Picasso mit seinem verrutschten Frauenköpfen bis zu den abstrakt mantschenden Pollock und de Kooning, von Minimalismus bis Warhol-Pop, neuer Fotografie (die Bechers und Thomas Ruff) bis zu zarten Beuys-Zeichnungen, von Franz Wests "Neurosen"-Couch bis zu Cy Twomblys Kritzeleien - man findet in dieser Ausstellung (fast) alles, was Schulklassen, Studenten und alle übrigen Altersgruppen über die Moderne wissen sollten.
Man könnte nun psychologisch untersuchen, wer aus welchen Gründen was sammelt - Grässlin kauft den chaotischen Kippenberger und Franz West, Fröhlich liebt den frechen Tapeten-Polke. Man könnte den gigantischen Preisauftrieb auf dem Kunstmarkt geißeln, der durch die Finanzkrise jetzt etwas gedämpft wurde, und von alten Zeiten schwärmen, als man noch für wenig Geld eine Suppendosenzeichnung von Warhol bekam. Man könnte sich fragen, warum ausgerechnet im Südwesten Deutschlands eine so hohe Dichte bester Kunstsammlungen besteht, die meist eigene Museen gebaut, aber die nun alle ans ZKM ausgeliehen haben.
Sagen wir einfach: Hier sitzt viel Kapital. Hier sitzt aber auch Kunstverstand. Nachhilfelehrer Adriani hat Publikum herangebildet und Sammler beraten, und manchmal kauft er auch selber, natürlich in fremdem Auftrag. "Just what is it", Richard Hamiltons berühmte Pop-Collage aus dem Jahr 1956, erwarb Adriani einst für die Sammlung Zundel in der Kunsthalle Tübingen. Hamilton zeigt dort (unter anderem) einen Bodybuilder im bürgerlichen Wohnzimmer - vielleicht steht der auch für den Potenz der Sammler, die wenigstens ab und zu ins Wohnzimmer der staatlichen Museen zurückkehren sollten. Wie jetzt im ZKM.