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Hightech auf den Meeren
Forschungsschiff "Sonne" stellt sich vor

Knapp 120 Meter lang, 124 Millionen Euro teuer. Das sind die Eckdaten von Deutschlands neuestem Forschungsschiff, der "Sonne". Bald wird es zu seiner ersten Expedition aufbrechen. Heute gab es in Hamburg Gelegenheit, sich das Hightech-Schiff näher anzusehen.

Von Frank Grotelüschen | 20.11.2014
    Das neue Forschungsschiff "Sonne" am Kai in Hamburg.
    Das neue Forschungsschiff "Sonne" am Kai in Hamburg. (Deutschlandradio - Frank Grotelüschen )
    "Das ist wirklich absolute Hightech und eine ganz fantastische neue Entwicklung."
    Professor Christian Hübscher kommt mächtig ins Schwärmen, als er sich auf dem Deck der Sonne umsieht. Der Hamburger Geophysiker steht neben diversen Superinstrumenten für die Tiefseeforschung – Greifer, Bojen, Unterwasserroboter sowie ein goldgelb lackiertes Gebilde, das aussieht wie ein überdimensionales Rhönrad. Golden Eye, so heißt das Gerät, ist ein dreieinhalb Meter großer Sensor für elektromagnetische Felder. In Tiefen bis zu 5000 Metern kann er den Meeresgrund scannen.
    "Das verrät uns viel über die Strukturen der Erdkruste. Ein wichtiges Ziel ist, Mineralien am Meeresboden zu detektieren. Da geht's um Bodenschätze und um Rohstoffe."
    "Das Beste, was es gibt"
    Schon bald soll Golden Eye im Indischen Ozean aktiv werden. Dort hat sich die Bundesrepublik ein Lizenzgebiet gesichert, um die Suche nach Kupfer, Kobalt, Indium und Selen zu erforschen – alles Elemente wichtig für die Industrie. Dann geht's weiter in Innere des Forschungsschiffs. Niels Jakobi von der Leitstelle Deutsche Forschungsschiffe steuert das Akustiklabor an, einen fensterlosen Raum mit mehreren Bildschirmen an den Wänden.
    "Das sieht hier aus wie bei der NASA. Das Schiff hat hochauflösende Fächerlot-Anlagen und Lotanlagen, die ins Sediment hineingucken können. Hier sitzen die Lotwächter und schauen sich diese Profile an. Das ist absolut Hightech. Das ist das Beste, was es gibt."
    Das Echolot sitzt am Boden des Schiffs, von dort aus sendet es Ultraschall in die Tiefe. Dieser wird vom Meeresgrund reflektiert, und die entsprechenden Echos fängt das Gerät dann wieder auf. Das Resultat: eine genaue Karte vom Meeresgrund. Bei Seegang aber können Luftblasen unter den Rumpf geraten und den Ultraschall blockieren. Um das zu verhindern, haben sich die Schiffskonstrukteure einen Trick überlegt, sagt Heiko Gevers vom niedersächsischen Wissenschaftsministerium.
    "Wenn Sie sich den Rumpf ansehen, geht der nicht einfach nur senkrecht runter, sondern es sind Auswölbungen drin. Und diese Auswölbungen haben dazu geführt, dass wenn Luft unter die Wasseroberfläche kommt, sie nach oben abgeleitet wird. Diese Rumpfform ist eine Entwicklung der Meyer-Werft, die die nicht so gerne nach außen geben."
    Platz für 40 Wissenschaftler
    Die Hoffnung: Auch bei starkem Seegang sollten die Echolotanlagen an Bord der Sonne höchst zuverlässig arbeiten. Mit einer Länge von 118 Metern bietet das Schiff Platz für 40 Wissenschaftler. Fast zwei Monate lang können sie ununterbrochen auf See bleiben. Erst dann muss die "Sonne" einen Hafen anlaufen, um Treibstoff und Vorräte zu bunkern. Oben auf der Brücke genießt Niels Jacobi den Ausblick.
    "Von hier hat der Wachoffizier einen wunderbaren Blick über das gesamte Achterdeck, wo sich alles tut. Die Geräte werden über die Steuerbordseite ausgesetzt oder über den Heckgalgen. Von hier oben kommen die Kommandos. Der Wachoffizier sagt: Ihr dürft jetzt aussetzen."
    Dort, auf dem Achterdeck, steht Geophysiker Christian Hübscher neben einem der Geräte, die die Sonne demnächst aussetzen wird – ein Unterwasserroboter.
    "Das ist ein ROV, ein Remote Operated Vehicle. Das wird an Kabeln heruntergelassen. Zwei Piloten steuern dieses System dann vom Schiff aus. Wir haben sehr gute Kamerasysteme hier. Wir können hochpräzisen, tolle Fotos machen vom Meeresboden, von den Lebensformen dort. Dann haben wir Roboterarme, mit denen wir sehr genau Proben nehmen können von irgendwelchen Lebensformen da unten. Die können nach oben gebracht werden und werden an Bord bereits analysiert."
    Christian Hübscher jedenfalls hat vor, an Bord der Sonne etwas Spektakuläres zu erforschen – Vulkane am Meeresgrund des Pazifik.
    "Aktive Vulkane am Meeresboden sind weitgehend unterbeforscht. Sie stellen natürlich auch ein Risiko dar: Sie können Tsunamis verursachen. Sie können Giftstoffe ins Wasser lassen und stellen für die Lebensformen drumherum eine echte Katastrophe dar."
    Nur: Bis er zu seiner ersten Expedition an Bord gehen kann, wird sich der Hamburger Geophysiker noch ein Weilchen gedulden müssen.
    "Das wird wohl noch drei Jahre dauern. Ich kann es gar nicht abwarten."
    Denn vorher sind erstmal andere Wissenschaftler dran. Die wissenschaftliche Jungfernfahrt im Dezember soll mitten in den Atlantik führen und die dortige Tierwelt genau unter die Lupe nehmen.