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Hilfe bei Ärger mit Flugreisen

Flugpassagiere sollen bei Streit über Verspätungen oder verlorene Koffer demnächst kostenlos eine Schlichtungsstelle anrufen können. So sieht es ein heute im Bundeskabinett beschlossener Gesetzentwurf vor. Von Opposition und Verbraucherverbänden kommt Kritik.

Von Dieter Nürnberger |
    Meilenstein für die Verbraucher oder doch nur Mogelpackung? Der heute im Bundeskabinett verabschiedete Gesetzentwurf zur Einrichtung einer Schlichtungsstelle für den Luftverkehr ist umstritten.

    Geht es nach den Plänen der Bundesregierung soll die privatrechtlich organisierte Einrichtung, die von den Luftfahrtunternehmen und ihren Verbänden selbst getragen werden soll, zur kommenden Wintersaison ihre Arbeit aufnehmen. Kunden können die Schlichtungsstelle um Hilfe bitten, wenn sie mit einer direkten Beschwerde bei einer Fluggesellschaft innerhalb von 30 Tagen keinen Erfolg hatten. Hinzu kommt eine zweite, behördliche Schlichtungsstelle für Konflikte mit jenen Unternehmen, die sich nicht an der privatrechtlichen Einrichtung beteiligen. Zudem gibt es weiterhin die Schlichtungsstelle Öffentlicher Personenverkehr.

    Für die Opposition, aber beispielsweise auch für die bayerische Justiz- und Verbraucherministerin Beate Merk (CSU), bietet allein diese Dreiteilung bei der Schlichtung Anlass zur Kritik. An welche Stelle sollen sich denn die verärgerten Kunden nun wenden, wird gefragt.

    Fluggäste in der EU haben weitreichende Rechte. Bei Verspätung, bei Annullierung des Flugs oder auch bei Gepäckbeschädigung haben sie Ansprüche auf Serviceleistungen wie Verpflegung, Telefonate, eine kostenlose Übernachtung oder mitunter auch auf eine Entschädigung.

    Am Gesetzentwurf wird vor allem die Freiwilligkeit der Teilnahme der Luftgesellschaften an der privatrechtlichen Schlichtungsstelle kritisiert. Dem schließt sich der alternative Verkehrsclub Deutschland, VCD, an. Hier gab es bis 2009 die Schlichtungsstelle Mobilität, die dann ihre Arbeit einstellen musste. Eine Institution für alle Verkehrsträger wie Bahn, Bus, Schiff und Flugzeug wäre besser gewesen, sagte VCD-Expertin Heidi Tischbein heute Vormittag im Deutschlandfunk. Sie kritisiert vor allem aber auch einzelne Fluggesellschaften.

    "Damals haben wir mit 83 ausländischen Flugunternehmen sehr gut zusammengearbeitet. Nur die deutschen Unternehmen haben sich der Schlichtung verweigert. Und jetzt gibt es ja auch die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr – dort verweigern wieder die deutschen Flugunternehmen die Zusammenarbeit. Die Kritik geht somit an die Airlines, die den Wert einer außergerichtlichen Schlichtung nicht erkannt haben."

    Allerdings seien heute die meisten Fluggesellschaften zu einer Zusammenarbeit bereit, so das federführende Bundesjustizministerium. Denn die Vermeidung eines Gerichtsverfahrens sei auch für die Airlines die kostengünstigere Lösung, und es diene dem Erhalt von Kundenbeziehungen. Ministeriumssprecherin Anne Katharina Zimmermann.

    "Es gibt ja bereits auch Schlichtungsstellen in anderen Bereichen – etwa in der Versicherungsbranche. Die arbeiten sehr erfolgreich. Ich denke, es ist relativ nachvollziehbar, dass eine Schlichtung, die Freiwilligkeit beruht, von vornherein eine viel größere Akzeptanz findet, als wenn jemand zu einer Schlichtung gesetzlich gezwungen würde."

    Doch für die Opposition und Verbraucherverbände liegt der Teufel wie so oft im Detail.

    So sind Geschäftsreisende und Kunden, die im Auftrag von Behörden unterwegs sind, von der Schlichtung ausgeschlossen. Und verwirrend ist die Lage für die Pauschalreisenden. Entscheidend sei, gegen wen die Ansprüche geltend gemacht werden sollen, sagt Ministeriumssprecherin Zimmermann.

    "Nimmt der Pauschalreisende das Luftfahrtunternehmen in Anspruch, dann kann er das geplante Schlichtungsverfahren auch nutzen. Nimmt er aber den Pauschal-Reiseveranstalter in Anspruch – auf reiserechtlicher Grundlage – dann er dieses Schlichtungsverfahren nicht nutzen. Also: Die pauschale Aussage, dass Pauschalreisende nicht von dem Gesetzentwurf erfasst sind, ist so nicht richtig."

    Betragen die Forderungen von unzufriedenen Kunden mehr als 5.000 Euro sollte in der Regel weiterhin der Weg zum Gericht gewählt werden, so Experten. Dies gelte auch für Personenschäden. Der Bundestag muss dem heute verabschiedeten Gesetzentwurf noch zustimmen.