Auch wenn der heute 53-jährige Patient anfangs skeptisch war: Die Wirkung des neuen Präparates, das direkt in seine erkrankten Kniegelenke gespritzt wurde, ist bei ihm verblüffend.
" Es ist so, dass unmittelbar nach der Injektion, eigentlich sofort, die Wirkung eingesetzt hatte. Die Schmerz waren wie weggeblasen. Ich kann jetzt auch wieder ganz normal laufen und Sport machen. Ich fühle mich überhaupt nicht mehr behindert. "
Im gesunden Gelenk werden die Knochen durch Knorpelschichten von einander getrennt und damit geschützt. So bleiben die Gelenke beweglich und belastbar.
Werden diese Knorpelschichten aber zum Beispiel durch körperliche Belastung beschädigt oder abgenutzt, entzünden sich die Gelenke.
Das ist der Anfang eines Prozesses, der sich weder durch entzündungshemmende Medikament (wie etwa Kortisone) noch durch eine Operation endgültig aufhalten lässt. Denn auf die Entzündung folgt eine ganze Zerstörungskette: Die betroffenen Gelenke setzen eigene Entzündungsstoffe frei, die den Knorpel immer weiter angreifen und starke Schmerzen verursachen.
Das Immunsystem produziert zwar ein entzündungshemmendes Gegenmittel. Doch nicht in einer so ausreichenden Menge, um den Knorpelabbau zu stoppen.
In diesen Mechanismus greift die Orthokin-Therapie der Düsseldorfer Orthopäden nun gezielt ein, erklärt Dr. Axel Baltzer.
" Der Stoff, der schädigend wirkt, ist das Interleukin-1 bei der Arthrose mehr als bei anderen Gelenkerkrankungen. Und das Orthokin enthält hauptsächlich das Anti-Interleukin-1, das die Wirkung des Interleukin-1 im Gelenk aufhebt. Und damit wirkt es gegen die Entzündung, gegen den Schmerz, gegen die Gelenkschwellung und es stabilisiert den Knorpel und macht so das Gelenk resistenter vor weiterer Abnutzung. "
Diesen neuen, biothechnologisch gewonnenen Wirkstoff gibt es allerdings nicht in der Apotheke zu kaufen. Er muss für jeden Arthrose-Patienten einzeln hergestellt werden. Und zwar aus 60 ml Blut. Diese werden ihm mit einer eigens dafür entwickelten Spritze abgenommen. In der Spritze sind kleine Glaskugeln, an denen sich die wenigen entzündungshemmenden Stoffe andocken, die noch im Blut des Patienten vorhanden sind. Die Glaskugeln wirken dann wie ein Katalysator: Sie regen das Blut an, in großer Menge selbst Arthorse-hemmende Stoffe zu produzieren, die in einem Spezial-Labor dann isoliert werden.
" Das ist ein hochkonzentriertes Präparat, das vom Patienten selber gewonnen wird, das dann in die Gelenke gespritzt werden soll. "
So erhält jeder Arthrose-Patient sein ganz eigenes Medikament. Und die Nebenwirkungen? Weil eine 100-prozentige körpereigene Substanz ins Gelenk gespritzt wird, bleiben allergische Reaktionen aus, versichert Dr. Baltzer. Und der Patient?
" Na ja, wenn einem so eine Nadel ins Gelenk gestochen wird, das merkt man schon! Da sagt man schon mal: Autsch! Oder atmet tief durch. "
Etwa sechs Anwendungen sind notwendig, um langfristige Erfolge zu erzielen. Das bestätigt nun auch eine wissenschaftliche Studie der Düsseldorfer Universitätskliniken, die an 400 Patienten mit Arthrose in den Kniegelenken durchgeführt wurde.
Dabei wurde zu Vergleichszwecken eine Patienten-Gruppe mit einem Placebo behandelt - und eine andere mit einem gängigen Präparat, das künstliche Gelenkschmiere enthält.
Das Ergebnis: Die Injektion des körpereigenen, entzündungshemmenden Serums brachte eine Erfolgsquote von 70 Prozent, erklärt Prof. Rüdiger Krauspe, Direktor der Orthopädischen Uniklinik. 35
" Patienten waren schmerzgebessert, besser als die anderen Gruppen. Sie waren funktionell besser. Sie waren besser sportfähig und ihr Allgemeinbefinden, dass wie der Patient sich selbst eingeschätzt hat, wie er sich wohl gefühlt hat, wie er leistungsfähig war, war deutlich besser als in den andren Gruppen und vor allem signifikant besser als zu Beginn der Studie. "
Die neue Arthrose-Therapie wirkt freilich nur, wenn der Knorpel im Gelenk noch nicht vollständig zerstört ist. Das aus dem eigenen Blut gewonnene Medikament ist kein Wundermittel. Eine Heilung der Arthrose ist nicht möglich, betont Prof. Krauspe.
" Wir hoffen, dass wir damit den Arthroseprozess nachhaltig beeinflussen können, mindestens verlangsamen können, so dass Beschwerden weniger werden und eingreifendere Maßnahmen, nehmen wir ein neues Gelenk, deutlich herausgeschoben werden können. "
Fazit: Die Düsseldorfer Studie zeigt, dass diese körpereigene Arthrose-Therapie nicht nur schonender ist, sondern auch weitaus besser und nachhaltiger wirkt, als die übliche Behandlung mit Kortisonen; oder mit der oft gespritzten künstlichen Gelenkschmiere, die (laut Studie) genau so gut wie ein Placebo ist.
Prof. Krauspe würde diese neue Therapie am liebsten schon bei den allerersten Anzeichen einer Arthrose einsetzen; um den Knorpelschwund gleich im Anfangsstadium zu stoppen. Vorbeugend, - und in allen betroffenen Gelenken. Nur das ist bislang nicht bezahlbar.
Je nach Schwere der Arthrose kostet die neue Therapie bis zu 1.500 Euro, die von den Kassen bislang aber noch nicht übernommen werden.