Ishtiaq Hussain sitzt in einem Café am Russell Square in London: ein eleganter, nachdenklicher Mann Anfang 30, der Sohn pakistanischer Einwanderer. Sein Büro ist gleich um die Ecke, aber die Adresse ist vertraulich. Die Quilliam Foundation wurde vor knapp zwei Jahren von ehemaligen Islamisten gegründet. Die Stiftung, aus Spenden und Regierungsgeldern finanziert, entwickelt Strategien gegen muslimischen Extremismus.
"Wir wissen, wie diese Gruppen funktionieren","
... sagt Ishtiaq Hussain.
""Schließlich gehörten wir selbst dazu."
Fast neun Jahre lang war Ishtiaq Hussain für Hizb ut-Tahrir aktiv, eine fundamentalistische Partei, die das Ideal eines muslimischen Weltreichs anstrebt. Hizb ut-Tahrir ist in vielen Ländern, nicht aber in Großbritannien verboten. Ishtiaq reiste um die halbe Welt, um Mitglieder zu rekrutieren. Seine eigene Radikalisierung sei nach einem typischen Muster verlaufen.
Die Massaker an bosnischen Muslimen Mitte der 90er-Jahre waren für ihn der Auslöser, um Kontakt mit Hizb ut-Tahrir aufzunehmen. Zudem wollte Ishtiaq auch mehr über den Islam erfahren, und hatte Fragen, die weder seine Eltern, noch der örtliche Imam beantworten konnten.
"Du bist kein Brite, du bist auch kein Pakistani, sondern nur Muslim. Das ist deine religiöse und politische Identität, so lautet das Mantra von Hizb ut-Tahrir. Staatsgrenzen seien kolonialistische Erfindungen und würden mit der Schaffung eines gottgegebenen muslimischen Weltstaats hinfällig."
Afghanistan, Irak, Bosnien - immer wieder werden diese Konflikte für die Radikalisierung vieler Muslime verantwortlich gemacht. Eine Fehlannahme, sagt Ishtiaq Hussain. Derartige Konflikte würden nur als Lockmittel zur Rekrutierung benutzt. Feste Mitglieder hingegen konzentrierten sich ausschließlich auf ein Ziel, das sie als gottgegebene politische Pflicht betrachteten: die nicht-islamische Welt zu bekämpfen - und den muslimischen Weltstaat mit allen Mitteln zu verwirklichen.
Ishtiaq Hussain weist noch auf einen zweiten Irrtum hin: die Annahme, dass potenzielle britische Islamisten aus sozialen Brennpunkten stammten und ein bisschen verrückt seien. Die meisten Leute, die er in Gruppen wie Hizb ut-Tahrir kennenlernte, kamen aus privilegierten Familien, hatten an britischen Spitzenuniversitäten studiert, waren Ärzte, Ingenieure, Anwälte.
Die ersten Zweifel kamen Ishtiaq Hussain, als er sich während seiner Reisen auch mit muslimischen Professoren und Schriftgelehrten unterhielt, die seine Thesen mithilfe des Korans hinterfragten. Daraufhin stellte er seine Gesinnungsgenossen zur Rede:
"Wo steht es geschrieben, dass wir bei der Schaffung des Kalifats Millionen von Menschen, auch Muslime, töten müssen?"
Der Abnabelungsprozess war langwierig. Ishtiaq fühlte sich total entwurzelt, kämpfte mit Schuldgefühlen. Jetzt arbeitet er für die Quilliam Foundation als Berater - spricht an Universitäten, mit Imamen, berät die Polizei, die Sicherheitskräfte und nimmt - das sei besonders wichtig - an öffentlichen Debatten in muslimischen Gemeinden teil.
"Hizb ut-Tahrir und El Kaida vertreten eine unislamische politische Ideologie, die mit Religion nichts zu tun hat. Und diese Ideologie müssen wir angreifen."
Nicht durch Verbote, sondern durch Diskussion ließen sich radikal extremistische Organisationen am besten bekämpfen, glaubt die Quilliam Foundation. Ähnlich wie die rechtsextreme Britische Nationalpartei gebe sich Hizb ut-Tahrir nach außen hin gemäßigt und halbwegs respektabel. Aber der Schein trüge. Und Ishtiaq Hussain warnt: Im Kampf gegen Extremisten habe die britische Regierung immer noch keine klare Strategie entwickelt. Gerade in britischen Gefängnissen hätten gefährliche Aktivisten schon seit Jahren freie Hand.
"Die Behörden glauben, es sei damit getan, islamistische Insassen mit Koran und Gebetskette zu versorgen. In Wirklichkeit bleiben sie aktiv, radikalisieren Mithäftlinge und schaffen es, ihre Botschaften nicht nur dort, sondern mithilfe des Internets in der Außenwelt zu verbreiten."
"Wir wissen, wie diese Gruppen funktionieren","
... sagt Ishtiaq Hussain.
""Schließlich gehörten wir selbst dazu."
Fast neun Jahre lang war Ishtiaq Hussain für Hizb ut-Tahrir aktiv, eine fundamentalistische Partei, die das Ideal eines muslimischen Weltreichs anstrebt. Hizb ut-Tahrir ist in vielen Ländern, nicht aber in Großbritannien verboten. Ishtiaq reiste um die halbe Welt, um Mitglieder zu rekrutieren. Seine eigene Radikalisierung sei nach einem typischen Muster verlaufen.
Die Massaker an bosnischen Muslimen Mitte der 90er-Jahre waren für ihn der Auslöser, um Kontakt mit Hizb ut-Tahrir aufzunehmen. Zudem wollte Ishtiaq auch mehr über den Islam erfahren, und hatte Fragen, die weder seine Eltern, noch der örtliche Imam beantworten konnten.
"Du bist kein Brite, du bist auch kein Pakistani, sondern nur Muslim. Das ist deine religiöse und politische Identität, so lautet das Mantra von Hizb ut-Tahrir. Staatsgrenzen seien kolonialistische Erfindungen und würden mit der Schaffung eines gottgegebenen muslimischen Weltstaats hinfällig."
Afghanistan, Irak, Bosnien - immer wieder werden diese Konflikte für die Radikalisierung vieler Muslime verantwortlich gemacht. Eine Fehlannahme, sagt Ishtiaq Hussain. Derartige Konflikte würden nur als Lockmittel zur Rekrutierung benutzt. Feste Mitglieder hingegen konzentrierten sich ausschließlich auf ein Ziel, das sie als gottgegebene politische Pflicht betrachteten: die nicht-islamische Welt zu bekämpfen - und den muslimischen Weltstaat mit allen Mitteln zu verwirklichen.
Ishtiaq Hussain weist noch auf einen zweiten Irrtum hin: die Annahme, dass potenzielle britische Islamisten aus sozialen Brennpunkten stammten und ein bisschen verrückt seien. Die meisten Leute, die er in Gruppen wie Hizb ut-Tahrir kennenlernte, kamen aus privilegierten Familien, hatten an britischen Spitzenuniversitäten studiert, waren Ärzte, Ingenieure, Anwälte.
Die ersten Zweifel kamen Ishtiaq Hussain, als er sich während seiner Reisen auch mit muslimischen Professoren und Schriftgelehrten unterhielt, die seine Thesen mithilfe des Korans hinterfragten. Daraufhin stellte er seine Gesinnungsgenossen zur Rede:
"Wo steht es geschrieben, dass wir bei der Schaffung des Kalifats Millionen von Menschen, auch Muslime, töten müssen?"
Der Abnabelungsprozess war langwierig. Ishtiaq fühlte sich total entwurzelt, kämpfte mit Schuldgefühlen. Jetzt arbeitet er für die Quilliam Foundation als Berater - spricht an Universitäten, mit Imamen, berät die Polizei, die Sicherheitskräfte und nimmt - das sei besonders wichtig - an öffentlichen Debatten in muslimischen Gemeinden teil.
"Hizb ut-Tahrir und El Kaida vertreten eine unislamische politische Ideologie, die mit Religion nichts zu tun hat. Und diese Ideologie müssen wir angreifen."
Nicht durch Verbote, sondern durch Diskussion ließen sich radikal extremistische Organisationen am besten bekämpfen, glaubt die Quilliam Foundation. Ähnlich wie die rechtsextreme Britische Nationalpartei gebe sich Hizb ut-Tahrir nach außen hin gemäßigt und halbwegs respektabel. Aber der Schein trüge. Und Ishtiaq Hussain warnt: Im Kampf gegen Extremisten habe die britische Regierung immer noch keine klare Strategie entwickelt. Gerade in britischen Gefängnissen hätten gefährliche Aktivisten schon seit Jahren freie Hand.
"Die Behörden glauben, es sei damit getan, islamistische Insassen mit Koran und Gebetskette zu versorgen. In Wirklichkeit bleiben sie aktiv, radikalisieren Mithäftlinge und schaffen es, ihre Botschaften nicht nur dort, sondern mithilfe des Internets in der Außenwelt zu verbreiten."