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Hilfe für Europas Schmetterlinge

Rund zehn Prozent der europäischen Tagfalter sind vom Aussterben bedroht. Deshalb haben Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung Leipzig – Halle erstmals einen Leitfaden dazu veröffentlicht, wie die stark gefährdeten Schmetterlinge gerettet werden können.

Von Eva Firzlaff |
    "Das ist ein Halbtrockenrasen hier links, der gerade im letzten Jahr gemäht worden ist. Man sieht also noch gar nichts von den Wildkräutern, die ab Mai spätestens so richtig schön heraus kommen. Rechts ist ein Feld, das ökologisch bewirtschaftet ist."

    Auf dem schmalen Weg dazwischen geht Petra Druschky einmal wöchentlich, guckt je 2,5 Meter nach links und rechts, fünf Meter nach oben und zählt die Schmetterlinge. Am Rand von Wandlitz, nördlich von Berlin. Es ist eine von 350 Beobachtungsflächen deutschlandweit, auf denen Freiwillige die Wissenschaftler des Umweltforschungszentrums unterstützen. Auch im Ausland wird gezählt, sagt der Biologe Dr. Reinart Feldmann vom Umweltforschungszentrum:

    "Schmetterlingsbestände werden erfasst in Großbritannien, die machen das seit weit über 30 Jahren. Und dann haben andere europäische Länder nachgezogen. In Holland seit 1990. Teile von Belgien, Teile von Spanien. Und 2005 wurde ein deutschlandweites Beobachtungsnetz eingerichtet. Wir machen das jetzt im siebten Jahr. Wir sind also noch nicht wirklich in der Lage, die langfristigen Trends zu bewerten, aber aus den Nachbarländern ist klar erkennbar, dass ein größerer Teil der Arten zurückgeht, bedroht ist."

    Wobei Generalisten wie das Tagpfauenauge, die sich anpassen können, weniger betroffen sind, als Spezialisten, die eben ganz spezielle Anforderungen an Lebensraum, Klima und Nahrung haben. 29 Schmetterlingsarten sind laut FFH-Richtlinie geschützt. So wie Schutzgebiete ausgewiesen werden, sind auch Tiere und Pflanzen europaweit unter Schutz gestellt.

    "Am bekanntesten dürfte hier in Deutschland der Apollo sein und der Schwarze Apollo mit ganz begrenzten Verbreitungsgebieten an der Mosel und im Kaiserstuhl. Es gibt den Großen Feuerfalter, es gibt drei Arten vom Ameisenbläuling, die zum Teil hier in Leipzig noch vorkommen. Es sind alles Arten, die nur noch in ganz kleinräumigen Gebieten in Deutschland noch zu finden sind. Und wichtig zu verstehen ist, es geht nicht nur um diese 29 Arten selber, sondern wenn man sie erhält, dann kann man davon ausgehen, dass insgesamt die Artenvielfalt, die Biodiversität davon profitiert."

    Der größte Feind der Schmetterlinge ist die industrielle Landwirtschaft. Je größer und eintöniger die Felder, umso schlechter für die Schmetterlinge. Das Umweltforschungszentrum gibt nun erstmals ganz speziellen Rat für die einzelnen geschützten Arten. Generell würde allen helfen...

    "Ein Mosaik in der Landschaft zu schaffen. Nicht überall zum gleichen Zeitpunkt zum Beispiel zu mähen, sondern Mähzeiten zu verschieben. Die Erklärung, warum die Falter davon profitieren, ist einfach: wenn auf einer Wiese die Lebensbedingungen ungünstig geworden sind, können sie ausweichen auf die umliegenden Wiesen. Kleinflächige Strukturen, Feldgehölzer. Dadurch entsteht eine landschaftliche Vielfalt."
    Und wenn landwirtschaftliche Flächen aus der Nutzung genommen werden, sollte man diese sich nicht ganz selbst überlassen.

    "Bei den Brachen ist es so, dass man in den ersten Jahren nach der Stilllegung feststellt, dass die Artenvielfalt ansteigt, dass es also für den Naturschutz positiv ist. Aber über kurz oder lang verkehrt es sich ins Gegenteil, weil dann diese Flächen verbuschen und nach Jahrzehnten auch bewaldet sind und damit verloren gehen für die Arten, die dort ursprünglich zu Hause waren. Man muss dafür sorgen, dass diese Flächen ihren Offenlandcharakter erhalten."

    Das Zählgebiet am Rand von Wandlitz bestätigt das. Ein Schmetterlingsparadies zwischen der kleinen Brache, die einmal im Jahr gemäht wird, und dem Feld.

    "Weil dieses Feld ökologisch bewirtschaftet ist, wachsen dort auch viele Wildkräuter. Wir brauchen auch solche Brennnesselfelder wie die da hinten, denn das sind die Pflanzen für die Raupen vieler Edelfalter. Und wenn es diese Pflanzen nicht gibt, wo die Raupen groß werden, dann gibt es auch keine Schmetterlinge. Hier an dieser Stelle sind dann später ganz viele Ackerkratzdisteln, eine sehr beliebte Pflanze von ganz vielen Schmetterlingen. Da kann man dann unheimlich viele drauf finden und zählen."

    Im Sommer trifft Petra Druschky bei Ihrem 300-Meter-Rundgang auf 25 Arten und insgesamt etwa 100 Schmetterllinge.



    Hinweis:


    Das Helmholtz Zentrum für Umweltforschung sucht noch Schmetterlingszähler
    Weitere Informationen unter www.tagfalter-monitoring.ufz.de