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Hilfe für saure Seen

Ökologie. - Saurer Regen schädigt nicht nur Wälder, auch Seen können durch den Niederschlag umkippen und selbst sauer werden. Vor allem Skandinavien und Nordamerika sind von dem Problem betroffen, doch auch in Deutschland leiden viele Gewässer unter Säurestress. Bisher versucht man, mit Kalkdüngungen das Wasser zu neutralisieren. Wissenschaftler der TU Dresden testen derzeit ein neues Verfahren, Seen zu entsäuern.

    Ihre Experimente haben die Dresdner Forscher an der Talsperre Falkenstein im Vogtland aufgebaut. Mitten im See installierten sie graue, tonnenförmige Schwimmkörper, die durch einen Steg verbunden sind. Wie riesige Müllsäcke hängen blaue Folien von den Schwimmern bis auf den Seegrund. Diese so genannten Enclosures fassen 1200 Kubikmeter Wasser und dienen den Forschern als überdimensionierte Reagenzgläser. Darin testet Lothar Paul von der ökologischen Station Neunzehnhain der TU Dresden ein besonderes Pulver: "Ein Gemisch aus verschiedenen Karbonaten: Kalziumkarbonat, Natrium- und Natriumhydrogen-Karbonat sowie Kalziumchlorid." Der Stoff wurde ursprünglich für Aquarien und Gartenteiche entwickelt, wo er verhindern sollte, dass das Wasser basisch wird. Den See hingegen soll er vor Versäuerung bewahren. Als einzige Substanz vereint das Gemisch diese scheinbar gegensätzlichen Eigenschaften, so Kai-Uwe Ulrich von der TU Dresden: "Das liegt daran, dass bestimmte Grundkomponenten zusammengemischt wurden, die eine spontane Reaktion im Wasser auslösen. Dadurch entsteht eine Pufferwirkung, die sowohl einen Säureüberschuss wie auch einen Basenüberschuss abpuffern kann." Innerhalb weniger Stunden steigt der pH-Wert vom sauren in den neutralen Bereich.

    Zugleich bindet die Substanz giftige Aluminium-Ionen, Eisen und Phosphor, die auf den Talsperrenboden absinken. In dem messbar weniger trüben Wasser stieg außerdem die Artenvielfalt, berichtet Ulrich: "Insbesondere sind Arten hinzugekommen, die in solchen Gewässern erwünscht sind: Kieselalgen oder Wasserflöhe. Sie zeigen, dass das Wasser eine gute Qualität hat." Allerdings ist die Mischung aus Natrium- und Kalziummineralien teurer als natürlicher Kalk. Ob sich das Verfahren rechnet, muss die Zukunft zeigen.

    [Quelle: Hartmut Schade]