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Hilfe für Straßenhunde

Begonnen hatte alles mit einem unglaublichen Skandal. Mehr als 30 Millionen Euro hatte der damalige Vorsitzende des Deutschen Tierhilfswerkes, Wolfgang Ullrich, ergaunert. Er hatte Spenden für den Tierschutz hinterzogen und ins Ausland gebracht. Zu diesem Zweck war eine Unterorganisation, das Europäische Tierhilfswerk, gegründet worden. Nachdem alles aufgeflogen war, versuchte eine Handvoll von betrogenen Mitgliedern den Neuanfang. Sie gründeten den Europäischen Tier- und Naturschutz e.V. Heute sorgt der gemeinnützige Verein in ganz Europa für das Wohl von Tieren, besonders von streunenden Hunden.

Von Arndt Reuning | 18.06.2004
    Die vertragen sich super, von Anfang an keine Probleme. Die Hunde sind auch super verträglich mit anderen Hunden hier in Deutschland und überall. Sind es ja auch gewohnt von der Straße her, also wir hatten keine Probleme.

    Paco und Diana sind nicht in Deutschland zur Welt gekommen. Der Rüde stammt aus Lanzarote, die etwas scheue Hündin aus Kreta. Beide sind auf der Straße groß geworden. Bei Martina Schiela haben sie ein neues Zuhause gefunden. Vermittelt werden Streuner aus Süd- und Osteuropa unter anderem vom Europäischen Tier- und Naturschutz e.V. in Bonn, kurz ETN. Der Verein verfügt über ein weit verzweigtes Netz von Partnern, vor allem im Mittelmeerraum. So organisieren die Mitarbeiter Hundetransporte• aus überfüllten Tierheimen in Spanien oder Griechenland nach Deutschland.

    Das machen wir im Notfall. Dann fahren wir mit einem speziell vorgesehenen Transportfahrzeug zu diesen Tierheimen und verbringen diese Tiere dann nach Deutschland. Natürlich ordnungsgemäß ärztlich versorgt, auch mit Impfpapieren und gechipt. Und von dort aus werden dann diese Tiere an private Familien weitervermittelt.

    Das sagt der geschäftsführende Vorstand des ETN, Dr. Norbert Günster. Lieber wäre es ihm natürlich, wenn man das Problem der ausgesetzten Hunde vor Ort eindämmen könnte. Zum Beispiel durch Kastration der Streuner. Solche Aktionen
    führt der Verein aus Bonn in regelmäßigen Abständen durch. Entweder mit einem OP-Mobil oder in Klinikbereichen von Tierheimen, die vom ETN finanziell unterstützt werden. Damit möchten die Tierschützer eine Alternative schaffen zu den herkömmlichen Methoden der Behörden in den Partnerländern. In Spanien beispielsweise werden die streunenden Hunde mit einer Giftspritze getötet. Den Erfolg solcher Strategien bezweifelt Norbert Günster.

    Sie können nicht erfolgreich sein, aufgrund der Natur des Hundes, der ein Rudeltier ist. Wenn Sie dort Tiere aus einem bestimmten Rudel herausnehmen, sei es durch Töten oder durch Wegfangen, strömen von außen immer wieder Hunde nach. Und dagegen, wenn Sie die Tiere kastrieren lassen, und an Ort und Stelle wieder aussetzen, haben Sie doch die Möglichkeit, dass von außen keine Tiere mehr nachströmen und so würde sich theoretisch das Problem in ein paar Jahren von allein lösen.

    Besonders dringlich ist das Problem in Athen. Die Vorbereitungen für die Olympischen Spiele laufen dort gerade auf Hochtouren. Der Vorwurf des Europäischen Tier- und Naturschutz e.V.: Die Stadtverwaltung lasse die Straßenhunde vergiften. Besonders in jenen Stadtteilen, wo im Moment noch für Olympia gebaut wird. Die Zusammenarbeit der deutschen Tierfreunde mit den griechischen Partnerorganisationen werde in Athen nicht gerne gesehen,
    beispielsweise wenn es um die Kastration der Streuner gehe.

    Das wird bisher von den Behörden massiv behindert. Vornehmlich aber von den Veterinärbehörden, die einfach verhindern wollen, dass Tierärzte aus dem Ausland nach Griechenland kommen. Wahrscheinlich um sich einmal über die Situation vor Ort dann ein genaues Bild machen zu können. Und auf der anderen Seite dann aber auch, um die eigenen Tierärzte dann zu schützen, weil sie dann auch Einnahmeausfälle dann befürchten.

    So hat der ETN zunächst einmal ein Informationszentrum in Athen eingerichtet. Die Bürger und Bürgerinnen sollen über die Tötungsaktionen aufgeklärt werden. Und vor allem möchten die Tierschützer das Bewusstsein in der Bevölkerung ändern. Denn immer noch zu wenige Hundebesitzer lassen ihre Tiere kastrieren.