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Hilfe nach Klimaschäden
Frankreich subventioniert Versicherungen für Bauern

Extreme Hitze und Wassermangel haben in diesem Sommer zu erheblichen Ernteeinbußen geführt. In Frankreich können sich Bauern gegen die Folgen dieser Wetterextreme versichern lassen – und das mit finanzieller Hilfe des Staates.

Von Barbara Kostolnik | 23.10.2018
    Die Sonne scheint über einem vertrockneten Maisfeld in Saint-Bonnet-de-Mure in der Nähe von Lyon.
    Französische Bauern müssen die Prämien für Multirisiko-Versicherungen nicht alleine schultern. (afp / Philippe Desmazes)
    Natürlich ist der Bauer Joel Limouzin versichert. Sein Betrieb in der Vendée im Westen Frankreichs umfasst 300 Hektar, die er mit sechs weiteren Kollegen bewirtschaftet. Er produziert Milch, Rind- und Schweinefleisch, und den größten Teil des Futters: was bedeutet, dass das Wetter entscheidend ist.
    "In diesem Jahr, 2018, hatten wir ein totales Paradox: Wir hatten in meiner Region ausgesprochen heftige Regenfälle im Frühjahr, sodass mein Saatgut völlig abgesoffen ist, und im Sommer war es staubtrocken."
    Trotz Trockenheit Gewinne
    Wie gut also, dass Joel Limouzin versichert war: Er bekam im Frühjahr für 30 Hektar, die den Fluten zum Opfer gefallen waren, 9000 Euro. Damit konnte er von Weizen auf Mais umsteigen – und später, Ironie des Wetters – trotz der extremen Trockenheit Gewinne erzielen.
    "Wir haben also den Weizen vernichtet und dadurch, dass wir in unserem Betrieb eine Wasser-Sammelanlage haben, trotz der extremen Trockenheit eine gute Maisernte einfahren." Französische Bauern geben pro Jahr 1,8 Milliarden Euro für Versicherungen aus. Ein besonders großer Batzen sind sogenannte Multirisiko-Versicherungen: sie schlagen mit knapp 800 Millionen zu Buche. Klimatisches Multirisiko bedeutet 12 verschiedene Risiken, von Sandsturm, über Unwetter und Trockenheit bis Hagel. Allerdings, und das ist der Unterschied zu Deutschland, müssen französische Bauern die Prämien für diese Versicherungen nicht alleine schultern, erklärt Joel Limouzin: "Die französischen Bauern bekommen 65 Prozent ihrer Prämie vom französischen Staat als Subvention, was natürlich bedeutet, dass sich viel mehr Bauern diese Versicherungen leisten können."
    Zwischen 11 und 25 Euro Prämie pro Hektar je nach Versicherungs-Umfang müssen die Bauern selbst zahlen. Das Geld für die Subvention der französischen Regierung kommt im übrigen von der EU. Dabei handelt es sich allerdings nicht um zusätzliches Geld aus Brüssel, sondern die Regierung hat einfach Fördermittel umgeschichtet. Im Jahr 2016 wurden etwa 64 500 Versicherungsverträge abgeschlossen, ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche Frankreichs ist auf diese Weise versichert. Allerdings gibt es kein Rosinen-Picken, das heißt, der Bauer muss seine gesamte Nutzfläche versichern und nicht nur einige besonders risikobehaftete Stellen.
    Joel Limouzin ist der Meinung, dass die Multi-Risiko-Versicherungen für alle Bauern verpflichtend sein müssten: "Ich weiß, dass das schwierig ist, aber man sollte zumindest noch mehr Anreize geben. Als wir im Juni 2016 diese verheerenden Überschwemmungen hatten, die den Weizen unter Wasser gesetzt haben, haben die versicherten Landwirte drei Monate später ihr Geld von den Versicherungen bekommen"
    Notfall-Fonds der Regierung ersetzen nur 30 Prozent der Ausfälle
    Die anderen, die über den Notfall-Fonds der Regierung Hilfen beantragt hatten, bekamen zwar auch Geld: allerdings wurden und werden hier nur 30 Prozent der Ausfälle ersetzt. Sind die versicherten französischen Bauern aufgrund der Subventionen nun besonders begünstigt? Joel Limouzin, der auch im Vorstand des Bauernverbandes FNSEA sitzt, winkt ab, sagt aber auch: wir dürfen in Europa, in der EU, nicht jeder für sich und jeder nur an sich denken.
    "Wir brauchen innerhalb der EU eine einheitliche Linie, wir müssen uns viel besser über diese Risiken, also Klimarisiken, aber auch Risiken durch Viehkrankheiten, austauschen."
    Was eine europaweite Angleichung der Subventionen für die Versicherungsprämien anbetrifft, wären viele deutsche Bauern bestimmt seiner Meinung.