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Hilft Transparenz um jeden Preis weiter?

Jetzt bin ich in einer Situation, in der ich nüchtern feststellen muss, dass meine Arbeit zur Zeit der Partei mehr schadet als nützt und außerdem sehe ich die Schmerzgrenze für die erreicht, für die ich als Vater oder auch als Freund Verantwortung trage. Und deswegen habe ich heute Morgen Frau Dr. Merkel meinen Rücktritt erklärt und habe das dann auch den Mitarbeitern hier in der Bundesgeschäftsstelle mitgeteilt.

Von Jörg Münchenberg |
    Der Rücktritt von Laurenz Meyer Mitte Dezember vergangenen Jahres von seinem Posten als CDU-Generalsekretär war der vorläufige Höhepunkt in der öffentlichen Debatte um die Nebeneinkünfte der Parlamentarier. Meyer hatte zwar nicht unmittelbar gegen die Regeln für Zusatzeinkünfte verstoßen, sich aber immer wieder bei den Zahlungen durch den Energiekonzern RWE in Widersprüche und Ungereimtheiten verstrickt. Am Ende war er politisch nicht mehr zu halten.
    Seither aber stehen die Einkünfte von Politikern wieder einmal im grellen Rampenlicht der Öffentlichkeit. Wer, wie viel, von wem und wofür Geld neben den so genannten Diäten in Höhe von 7009 Euro plus Kopfpauschale von 3551 Euro im Monat erhält, bewegt die Republik. Die politische Klasse sieht sich verfolgt, von einer Kampagne ist parteiübergreifend die Rede. Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer:
    Das ist zum Teil antiparlamentarisches Ressentiment, was da auch in einzelnen Medien gepflegt wird. Ich halte das für außerordentlich gefährlich.
    Auch bei der SPD steht man der harschen Kritik selbst in den großen überregionalen Zeitungen zunehmend mit Unverständnis gegenüber. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Wilhelm Schmidt:
    Ich finde, hier wird das Parlament in einer Weise diskriminiert, die ist schon wirklich problematisch. So ein Ersatzparlament haben wir nicht in der Hinterhand. Und wir wollen auch die Zugänglichkeit von Menschen aus der Wirtschaft, aus allen Bevölkerungsgruppen ins Parlament sichern. Und wenn wir dies alles so weitermachen, werden wir demnächst keine Kandidaten mehr für den deutschen Bundestag finden.
    Dennoch kommt die gegenwärtige hitzige Debatte über die Nebeneinkünfte von Parlamentariern nicht überraschend. Das Klischee von raffgierigen und korrupten Politikern ist auch hierzulande weit verbreitet – anders ist es auch nicht zu erklären, dass gerade Deutschland auf dem Korruptionsindex von Transparency International extrem schlecht abschneidet, meint der Vorsitzende der deutschen Sektion, Hansjörg Elshorst:
    Absurderweise ist das Ranking – die Zahl zwischen eins und fünf – die in Deutschland genannt worden ist, ungefähr das gleiche wie in Albanien. Und nur 3,9 statt vier, also 0,1 besser als weltweit. Also, die subjektive Wahrnehmung, die wir messen können mit diesen unvollkommenen Instrumenten, ist dass es ein sehr zentrales Problem ist.
    Andererseits gibt es auch in Deutschland nicht mehr Korruptionsfälle im parlamentarischen Betrieb als in anderen EU-Staaten. Doch auch Transparency International sieht erheblichen Korrekturbedarf – von Transparenz über die Nebeneinkünfte könne bis heute keine Rede sein, betont Elshorst:
    Es gibt diese Selbstverpflichtung in Form von Verhaltensrichtlinien – da ist das eben definiert: da wird gesagt, dass man Geschenke deklarieren muss und so weiter. Aber sie haben eben nicht den Status, den solche Regelungen im öffentlichen Dienst haben und in vielen Firmen haben, dass direkte Sanktionen zu erwarten sind.
    Aber nicht nur Experten sehen Korrekturbedarf – auch aus den eigenen Reihen sind längst entsprechende Forderungen laut geworden. Norbert Gansel, SPD gehört dabei sicherlich zu den bekanntesten Verfechtern für mehr Transparenz. Schon als Parlamentsneuling 1972 veröffentliche Gansel seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse per Zeitungsinserat – an dieser Praxis hat er während der gesamten Abgeordnetenzeit festgehalten. Und an seiner Meinung hat sich bis heute nichts geändert:
    Also ich habe das 25 Jahre lang gemacht. Ich halte nichts von dem Ausdruck Gläsener Abgeordneter – auch Abgeordnete haben ein Recht auf Privatsphäre, soweit sie sie nicht politisch vermarkten – dann sind sie selbst Schuld. Es geht schlicht und einfach darum, den Wählern gegenüber das Versprechen zu halten: ich konzentriere mich voll und ganz auf das Mandat. Ich bin wirtschaftlich unabhängig, ich bin nicht käuflich.
    Freilich: mit seinem kompromisslosen Auftritt hat sich Gansel zu Parlamentszeiten wenig Freunde gemacht, selbst in den eigenen Reihen wurde er als Idealist verspottet. Einen entsprechenden Antrag für die Offenlegung aller Einkünfte von Parlamentariern unterschrieben 1995 lediglich 150 Abgeordnete, also etwas mehr als ein Viertel aller Parlamentarier.
    Dennoch: der öffentliche Druck durch die aktuelle Debatte hat Wirkung gezeigt. Die Koalition will handeln. Gestern gab es dazu ein erstes Sondierungsgespräch aller parlamentarischen Geschäftsführer beim Bundestagspräsidenten. Konkrete Ergebnisse wurden erwartungsgemäß nicht erzielt, sondern, so Wilhelm Schmidt, nur erste Leitlinien formuliert. Danach sollen nach den Vorstellungen von Rot-Grün künftig alle Beschäftigungsverhältnisse veröffentlicht werden:
    Es gibt keinerlei Ausnahmen mehr, anders als bisher. Also auch das was aus der beruflichen Tätigkeit heraus resultiert und vieles andere, was da so ein bisschen in der Grauzone war. Alles was dort geschieht, wird anzumelden sein. Wir werden das mit einer Meldepflicht ausstatten für die Einkünfte aus dieser Tätigkeit und wir werden bei der Frage der Veröffentlichungspflicht die Einkünfte nicht mit einbeziehen – das ist die Auffassung der SPD.
    Die Grünen dagegen wollen noch einen Schritt weiter gehen: es müsse auch klar sein, welche Leistungen für die Zahlungen erbracht worden seien. Außerdem so der parlamentarische Geschäftsführer des kleinen Koalitionspartners, Volker Beck, müssten die Sanktionen bei einem Verstoß deutlich verschärft werden:
    Das Entscheidende ist, dass bei den jetzigen Verhaltensregeln Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten geprüft werden, damit sich das, was wir als Prinzipien haben, nun auch tatsächlich implantiert wird. Es gibt da ein Vorbild im Parteiengesetz. Wenn Parteien bei der Anmeldung von Spenden Fehler machen, wird ihnen ihre Zuwendung gekürzt – etwas Ähnliches könnte man für die Abgeordneten vorsehen.
    Notfalls könnten Sanktionen sogar auf die Altersversorgung angerechnet werden, so die jüngsten Überlegungen – noch wird allerdings geprüft. Aber auch die Opposition hat sich längst noch nicht auf eine Position geeinigt. Lediglich die FDP lehnt eine Verschärfung der geltenden Rechtslage klar ab – der Parlamentsmanager der Liberalen, Jörg van Essen:
    Alle die Fälle der Vergangenheit konnten aufgeklärt werden. Die Medien haben exakt recherchiert. Sie hatten die Voraussetzungen durch die entsprechenden Veröffentlichungsregeln, das zu tun. Und wir haben festgestellt, dass alle diejenigen, die sich falsch und unanständig verhalten haben, ihr öffentliches Amt aufgeben mussten.
    Die schlimmste Strafe also – deshalb bestehe kein Handlungsbedarf. Eine Position, wie sie inzwischen auch von der CSU vertreten wird, obwohl der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber zunächst noch mit der Forderung nach einer Veröffentlichung auch von Gehaltszahlungen durch Unternehmen an Abgeordnete nach vorne geprescht war. Auch die CDU ist mittlerweile vorsichtig geworden, trotz anfänglicher Kompromisssignale. Die Pläne von Rot-Grün seien schlechter als der Status Quo, meint der designierte CDU-Generalsekretär, Volker Kauder:
    Vom Grundsatz her haben sich die Regeln für Nebentätigkeiten bewährt. Wir hatten im Deutschen Bundestag nur einen Fall: das ist der SPD-Kollege Janssen – alle anderen Fälle, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden, sind gar nicht Gegenstand des deutschen Bundestages.
    Dies alles klingt nicht nach dem parteiübergreifenden Konsens – dennoch will man nächste Woche weiter miteinander reden. Das Thema müsse wieder runter von der politischen Agenda, so die deutliche Warnung des parlamentarischern Geschäftsführers der SPD, Schmidt in Richtung Opposition. Für eine Verweigerung habe er kein Verständnis:
    Das finde ich außerordentlich bedauerlich und hoch brisant und gefährlich in der Sache. Da will ich natürlich mit den Vertretern der Union noch einmal sprechen. Bei der FDP hat das keinen Zweck – die war von Anfang an dagegen. Von daher muss ich sehen, wie wir zu einer einheitlichen Lösung kommen. Wenn das nicht gelingt, muss die Koalition das alleine schultern.
    Es wäre dann die vierte Änderung der Verhaltensregeln für Abgeordnete. Seit 1972 müssen die Parlamentarier ihre Berufe angeben sowie ihre Tätigkeiten für Firmen und Verbände. Nach der Flickaffäre Mitte der 80er Jahre wurde der Verhaltenskodex systematisch gestrafft, ohne ihn jedoch inhaltlich zu verschärfen.
    Im Sommer 2002 wurden die Regeln dann noch einmal nachjustiert, nachdem die wirtschaftlichen Verstrickungen zwischen dem PR-Berater Moritz Hunzinger und Verteidigungsminister Rudolf Scharping bekannt geworden waren. Seither gilt: auch publizistische Tätigkeiten müssen im Bundestagshandbuch angegeben werden.
    Die Spielregeln für den Umgang mit Nebentätigkeiten stehen unter anderen im Abgeordnetengesetz. Laut Paragraph 44a sind dabei Geldzahlungen an Parlamentarier ohne Gegenleistung strikt verboten. Ergänzt wird das Abgeordnetengesetz allerdings noch durch die so genannten Verhaltensregeln als Anlage zur Geschäftsordnung.
    Grundsätzlich gilt: Einkommen aus beruflicher Tätigkeit müssen bislang auch gegenüber dem Bundestagspräsidenten nicht angegeben werden. Nebentätigkeiten sind ausdrücklich erlaubt. Nur wenn dabei die Obergrenze von 3000 Euro im Monat und 18.000 Euro im Jahr überschritten wird, muss dies dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden. Allein schon diese rechtliche Konstruktion der Regelung stößt jedoch bei Christian Pestalozza, Juraprofessor an der Freien Universität Berlin, auf Bedenken:
    Es ist als Anhang zur Geschäftsordnung und damit im Rang wie eine Geschäftsordnung. Was ist eine Geschäftsordnung? Das ist sozusagen eine Satzung: die Satzung des Parlaments und ein Teil dieser Satzung ausgegliedert aus dem normalen Text so wie andere Teile auch – da gibt es mehrere Anhänge – und der erste Anhang sind diese Verhaltensregeln. Es ist also kein Gesetz, kein förmliches Gesetz, sonst wäre ja auch der Bundesrat beteiligt, sondern wie wenn ein Verein sich eine Satzung gibt, so gibt auch ein Parlament sich eine Satzung.
    Formal müssen diese Verhaltensregeln in jeder neuen Legislaturperiode durch den Bundestag beschlossen werden, andernfalls würden sie verfallen. Doch damit nicht genug: der freiwillige Verhaltenskodex der Parlamentarier, ohnehin Nicht-Juristen kaum verständlich, sieht bislang keinerlei Sanktionen vor. Ein Regelwerk also ohne Zähne, meint deshalb auch der Chef der deutschen Sektion von Transparency International, Elshorst:
    Bisher ist die einzige Sanktion, dass der Bundestagspräsident einen Verstoß publiziert. Das wirkt offenbar nicht. Uns ist noch niemand vor die Flinte gelaufen, der das erinnert, dass das mal passiert ist. Entweder es passiert und keiner merkt es in irgendeiner versteckten Drucksache oder es passiert nicht, weil es nicht genügend nachvollzogen wird. Also da muss bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen müssen bestimmte Dinge strafbewehrt werden, sanktionsbewehrt werden.
    Doch auch auf der strafrechtlichen Ebene gibt es inzwischen Bewegung. Bislang wird nach Paragraph 108e des Strafgesetzbuches nur der Kauf oder Verkauf einer Stimme vor einer Abstimmung bestraft, Schmiergeldzahlungen danach oder manipuliertes Stimmverhalten etwa in Kommissionen oder Ausschüssen sind nach geltender Rechtslage unbedenklich.
    Dies soll jetzt geändert werden, zumal Deutschland auch im Zuge einer entsprechenden EU-Richtlinie und den Vorgaben seitens der Vereinten Nationen in der Pflicht steht. Insofern soll Paragraph 108e deutlich verschärft werden. Nach dem Vorschlag des Justizministeriums soll Bestechung von Mitgliedern des Bundes, der Länder oder Gemeinden mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug oder mit einer Geldstrafe belangt werden. Auch dadurch könnte eine wichtige Lücke geschlossen werden, betont Bundestagspräsident Wolfgang Thierse:
    Der Gesetzesentwurf ist in Arbeit, er liegt vor. Dann haben wir endlich auch Sanktionsmöglichkeiten über die moralische Ächtung, die ja wie man sieht, bei Rücktritten wirksam ist. Dann haben wir mehr Sanktionsmöglichkeiten gegen Korruption generell und auch möglicherweise korrupten Abgeordneten.
    Bis Ende Juni, so heißt es jetzt, soll das neue Gesetz dem Parlament zur Beratung vorliegen. Allerdings, die Forderungen nach härteren Sanktionen und mehr Transparenz spiegeln nur einen Teil der aktuellen Debatte wieder. Längst geht es auch um das Selbstverständnis der Parlamentarier als Gewählte auf Zeit. Das Verfassungsrecht, so der Jurist Pestalozza lasse hier ausdrücklich viel Freiraum:
    Anders als bei den Bundesregierungsmitgliedern und beim Bundespräsidenten schweigt das Grundgesetz zu dieser Frage. Es sagt also nicht, die dürfen keinen anderen Beruf haben, die dürfen nicht im Aufsichtsrat sein und dergleichen von einem anderen Unternehmen. Sondern sagt zu diesem Thema gar nichts. Das heißt: es ist zugelassen, dass sie etwas anderes machen.
    Hier aber stellt sich auch die Frage nach der künftigen Zusammensetzung der Parlamente. Gut die Hälfte der 601 Abgeordneten im Deutschen Bundestag wird schon jetzt durch den öffentlichen Dienst, Parteien und Gewerkschaften gestellt – dem stehen knapp 50 klassische Selbstständige gegenüber. Längst ist das Parlament also nicht mehr Spiegelbild der Gesellschaft – ein Trend, der sich noch verschärfen könnte, müssten künftig alle Parlamentarier auch ihre Einkünfte offen legen, warnt der Bundestagspräsident:
    Da muss man wissen, was will man künftig für ein Parlament haben: sollen es nur noch Beamte sein, die alles offen legen müssen oder wollen wir auch noch Unternehmen haben, der plötzlich ein Wettbewerbsnachteil hat, wenn er sein Einkommen mitteilt, öffentlich macht und die Konkurrenten das nicht tun. Also man muss schon sehr behutsam und sehr differenziert damit umgehen, weil der Schaden sonst eher größer wäre: denn selbst wenn ich Zahlen weiß, weiß ich immer noch nicht viel.
    Dass manche Parlamentarier aber mehr Geld durch ihren regulären Beruf oder sogar durch ihre Nebentätigkeiten verdienen als durch ihre Parlamentsarbeit, soll auch künftig möglich sein. Dabei gilt nach Artikel 38 Absatz 1 des Grundgesetzes: der Abgeordnete ist allein seinem Gewissen verpflichtet und nicht weisungsgebunden.
    Aber kann der Volksvertreter ausschließlich seinem freien Gewissen folgen und gleichzeitig an der Spitze einer großen Gewerkschaft stehen wie in der vergangenen Legislaturperiode Klaus Wiesehügel, SPD? War die FDP-Abgeordnete Ulrike Flach immer unbefangen als Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, obwohl sie zumindest bis zum Jahreswechsel von Siemens jährlich als Übersetzerin mit 60 000 Euro bedacht worden ist?
    Und wie unvoreingenommen geht der Parlamentarier Reinhard Göhner, CDU mit dem Thema Hartz IV um, wo er doch gleichzeitig Hauptgeschäftsführer der deutschen Arbeitgeberverbände ist? Wie viele Parlamentarier sieht jedoch auch der frühere Bundestagsabgeordnete und jetzige Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Industrie Ludolf von Wartenberg in einer solchen Konstellation keinen Interessenkonflikt:
    Bei dem Kollegen Göhner höre ich keine Kritik. Jeder weiß, was er macht, woher er kommt. Und das ist nicht überraschend gekommen, er hat mit dieser Verpflichtung, Hauptgeschäftsführer der BDA zu sein, für den deutschen Bundestag kandidiert. Er ist von den Wählern gewählt worden – die Partei hat ihn aufgestellt, der Arbeitgeber trägt ihn und im Bundestag weiß jeder: wenn er sich zu diesen Fragen äußert, warum er sich gegebenenfalls zu diesen Fragen äußerst. So ist das mit allen anderen Fällen auch.
    Insofern lehnt auch der BDI eine Verschärfung der Sanktions- und Transparenzregeln strikt ab. Dennoch auch die Wirtschaftsverbände und Konzerne haben inzwischen auf den öffentlichen Druck reagiert: VW oder auch RWE ändern ihre Richtlinien für den Umgang mit Politikern. Zudem wurden erste Listen über öffentliche Mandatsträger, die zugleich auf der eigenen Lohnliste stehen, veröffentlicht.

    Immerhin ist auf diesem Wege bekannt geworden, dass allein für den Energiekonzern 200 seiner Mitarbeiter in kommunalen Parlamenten sitzen. Und VW wiederum will seine Mitarbeiter im Parlament künftig nur noch für Gegenleistungen bezahlen. Ein erster Schritt, heißt es deshalb auch bei Hansjörg Elshorst von Transparency International:
    Was Volkswagen gerade aufdeckt: die letzten 15 Jahren gibt es so eine Art Betriebsvereinbarung und davor hat man es immer schon gemacht – das ist die Realität. Wir leben nicht in einer Republik, wo die Dinge schlimmer werden insoweit, sondern wir leben in einer Republik, wo die Dinge langsam besser werden, weil die Öffentlichkeit sensibler wird.
    Trotzdem wollen die Kritiker nicht aufgeben. Auch Transparency geht die geplante Verschärfung der bisherigen Regeln durch Rot-Grün nicht weit genug – dies sei nicht mehr als ein Feigenblatt, heißt es. Letztlich könne nur eine Offenlegung der Zusatzeinkünfte die notwendige Transparenz gerade auch für die Wähler schaffen. Selbst das Problem mit den so genannten Vertrauensberufen könne man regeln.
    Zumal andere Länder mit dem heiklen Thema deutlich entspannter umgehen: in Italien oder Großbritannien etwa sind Nebenjobs ausdrücklich gewünscht. Nur müssen die Abgeordneten etwa auf der Insel alles veröffentlichen, angefangen von Nebeneinkünften, Firmenanteilen bis hin Spenden und Immobilienbesitz. Ein solcher Umgang mit sensiblen Daten sei in Deutschland aber undenkbar, vermutet der Jurist Pestalozza:

    Wir sind ohnehin ein bisschen mehr Geheimniskrämer als andere Länder, auch wenn sie an andere Kandidaturen denken. Denken sie an Bundesverfassungsrichter. Die werden sozusagen im Geheimverfahren gewählt. Die dürfen sich gar nicht im Parlament vorstellen, auch wenn sie wollten. Das wäre im angelsächsischen Bereich undenkbar.
    Und so liegt ein wegweisender Vorstoß aus Nordrhein Westfalen erst mal wieder auf Eis, der mit der aktuellen Diskussion nur am Rande, mit dem schlechten Image von Politik sehr viel zu tun hat: der üppigen Altersversorgung. Die Parteien in Nordrhein Westfalen wollten zunächst einmal die steuerpflichtigen Diäten anheben, dafür aber die anderen Zuwendungen radikal streichen.
    Außerdem sollten für die Abgeordneten spezielle Versorgungswerke eingerichtet werden, in die sie dann einzahlen müssten. Doch im aktuellen Landtagswahlkampf ist dieser Vorstoß erst einmal gescheitert – auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt, bleibt in dieser Frage dann eher zurückhaltend:
    Das NRW-Modell ist fast nicht umsetzbar. Wenn wir das machen wollten, was NRW gemacht hat, müssten wir 16.000 oder 17.000 Euro als Abgeordnetenentschädigung für die Bundestagsabgeordneten festsetzen. Da möchte ich Sie mal, die Journalisten, die Medien erleben, was Sie dann daraus machen. Also, sie sehen, dass ist alles nicht über einen Kamm zu scheren. Wir müssen da sehr sorgfältig mit umgehen. Das wird parallel gerade betrieben. Das kläre ich und dann kommen wir irgendwann mit einem Vorschlag.
    Doch zunächst will sich die SPD allein auf die Verschärfung und Präzisierung der Verhaltensregeln konzentrieren. Nach Abschluss der rechtlichen Prüfung der einzelnen Ansätze soll die entsprechende Vorlage bereits Ende Februar vorliegen, hieß es heute. Ob damit aber die Dauerkontroverse um die Nebentätigkeiten von Politikern entschärft werden kann, ist angesichts der anhaltend lauten Kritik eher unwahrscheinlich.