Archiv


Hirnfilter unterscheiden zwischen Wichtigem und Unwichtigem

Neurologie. - Unser Gehirn unterscheidet automatisch zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen. Unwichtige Reize gelangen erst gar nicht ins Bewusstsein. Bei vielen Schizophrenie-Patienten ist dieser Prozess gestört - ein Hinweis darauf, wie wichtig der Filter im Gehirn ist. Die amerikanische Gesundheitsbehörde hat nun die Förderung eines Forschungsprojekts der Universitäten Yale und Bonn beschlossen, das die Filterstruktur des menschlichen Gehirns identifizieren will.

18.06.2002
    Um die Filterfunktionen des Gehirns zu verstehen, werden die Forscher sehr viele Regionen des Gehirns nach Hinweisen durchforsten, erklärt Professor Christian Elger, Direktor der Universitätsklinik für Epileptologie in Bonn: "Man muss daran denken, dass der Filter nur dann Sinn macht, wenn er unglaublich schnell reagiert. An den Stationen, wo die erste Information ins Gehirn gelangt - zum Beispiel die Information über die Ohren, die in den Schläfenlappen und den Scheitellappen gelangt - dort an der Stelle muss direkt etwas passieren, denn sonst wird unser Gehirn mit einer Vielzahl unnötiger Informationen überflutet. Tatsächlich ist dort ein Teil dieser Filterfunktionen." Doch auch an einem zweiten Ort im vorderen Gehirnabschnitt gibt es eine Struktur, die großen Einfluss auf Entscheidungsprozesse hat. "Man kann sich vorstellen, dass eine solche Filterfunktionen für unsere Entscheidungsprozesse ganz entscheidend ist", sagt Elger, "sodass hier zwei wichtige Strukturen für die schnellen Filterprozesse identifiziert sind."

    Zwischen 40 und 60 Millisekunden benötigen die Entscheidungsprozesse nur, nach denen die Wissenschaftler jetzt fahnden. Wie sie technisch ablaufen, ist bislang unbekannt, berichtet Elger: "Man weiß nur, dass bei einer Vielzahl von psychiatrisch Kranken dieser Filter offensichtlich nicht richtig funktioniert." Die Forschungen in Bonn und Yale werden am Menschen stattfinden, nicht aber am Tier. Versuchstiere seien für die Fragestellung ungeeignet, sagt Elger: "Man weiß gar nicht, wie Tiere Informationen selektieren, und wir wissen auch nicht, welche Informationen für Tiere nun wirklich relevant sind." Ein Ziel der Suche nach dem Filter im Gehirn seien neue medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten für psychisch Kranke, für Schizophrene. "Man weiß, dass zum Beispiel bei Filterfunktionen für die ganz schnellen Vorgänge eine bestimmte Überträgersubstanz mit großer Wahrscheinlichkeit eine Rolle spielen wird. Diese Substanz kann man medikamentös beeinflussen, und manche Patienten machen das sogar indirekt: Sie rauchen sehr viel. Dieser Rezeptor spricht auch auf das Nikotin an. Schizophrene, die rauchen, fühlen sich einfach sehr viel wohler - allerdings mit negativen Aspekten, mit schneller Gewöhnung. Wenn man das ohne die Nebenwirkungen optimieren könnte, das wäre sehr interessant."

    [Quelle: Mirko Smiljanic]