
"So I can click on this little small areas ..." Als Creative Director gehört für Amy Robinson das Spielen am Computer zum Beruf. Sie arbeitet in der Abteilung für Gehirn- und Kognitionsforschung an der Eliteuniversität M.I.T. im US-amerikanischen Cambridge.
Ami Robinson jagt eine Synapse - eine Verbindung zwischen zwei Nervenzellen. Davon gibt es in jedem Säugetiergehirn Billionen: "If you zoom in very close you see these little blobs ..." ("Wenn Du nah heranzoomst, siehst Du diese kleinen Blasen").
Die kleinen bunten Blasen auf dem Monitor sind die Synapsen. Auf sie kommt es an. Sie verknüpfen die unzähligen feinen Fäden, die Nervenfasern, die sich gegenseitig umschlingen. So ähnlich wie Spaghetti auf einem Teller.
Amy Robinson verfolgt einen dünnen Faden zwischen zwei Nervenzellen. Er endet im Nirgendwo. Wie mit einem Flugzeugt fliegt sie kreuz und quer zwischen den unterschiedlich gefärbten Fäden auf dem Monitor hindurch.
Das Spiel heißt "Eyewire" und entwickelt hat es Amy Robinsons Chef, der theoretische Physiker Sebastian Seung.
"Wir müssen künstliche und menschliche Intelligenz vereinigen, wenn wir die Verbindungen im Gehirn aufspüren wollen. Deshalb haben wir 'Eyewire' geschaffen. Jetzt kann jeder Computernutzer über das Internet nach Verknüpfungen suchen, indem er Schnittbilder des Gehirns anmalt."
100.000 Mitspieler
Mittlerweile hat das Spiel unter der Adresse "eyewire.org" über 100.000 Mitspieler auf der ganzen Welt. "Eyewire" bedeutet wörtlich Augendraht. Denn die Mitspieler durchstöbern elektronenmikroskopische Bilder des Nervengeflechts der Netzhaut im Mausauge. Sie stammen vom Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg.
Die Aufgabenstellung für die Spieler lautet: Findet so viele Verknüpfungen oder Verdrahtungen wie möglich, um das Netzwerk realistisch und detailgetreu nachzubilden. Jeder für sich. Denn "Eyewire" könnte auch heißen: I - also ich - wire - ich verdrahte. Das Ziel ist es, irgendwann alle Billionen Verbindungen im Mäuse-Gehirn zu finden. Die Wissenschaftler nennen diese Gesamtheit von Verknüpfungen "Konnektom". Und nach der Maus soll der Mensch folgen. Denn im Konnektom jedes Menschen ist seine Persönlichkeit gespeichert, davon ist Sebastian Seung überzeugt.
"Wir sehen, wie das Gehirn arbeitet. Aber wie es all seine Leistungen vollbringt, davon haben wir keine Ahnung. Und ich glaube, wir brauchen unbedingt das Konnektom, um eine Erklärung zu finden."
Milliarden an Forschungsgeldern
Dank der von Präsident Barack Obama gestarteten Gehirn-Initiative werden voraussichtlich 3,6 Milliarden Dollar in die Erforschung des Gehirns fließen. Die Nervennetz-Entschlüsseler werden sicher davon profitieren.
Bis das Konnektom von Maus und Mensch vollständig bekannt ist, wird es allerdings noch viele Jahre dauern, vielleicht sogar Jahrzehnte. Millionen Stunden, die engagierte Computerspieler aus aller Welt vor dem Monitor verbringen werden.
Amy Robinson koordiniert die weltweite Spielergemeinde. Während sie auf dem Monitor Synapsen jagt, chattet sie mit Spielern auf der ganzen Welt. Und irgendwann hat sie tatsächlich eine neue Synapse gefunden. 142 Punkte. Das reicht nur für Platz 88 auf der Tages-Rangliste. Wer ganz nach oben will, braucht einige Tausend Punkte, und das erfordert jede Menge Geduld.