Hans Frank: "Es war klar, dass mit der Beseitigung der Demokratie der heroische Gedanke Adolf Hitlers sich als das Grundprinzip des nationalen, staatlichen und wirtschaftlichen Lebens nunmehr für alle Zeiten als Grundgesetz unseres Lebens durchgesetzt hat."
So pries "Reichsjustizkommissar" Hans Frank auf einer Tagung des nationalsozialistischen Juristenbundes in Leipzig am 30. September 1933 den Triumph des "Tausendjährigen Reiches". An dem millionenfachen Tod, den jenes "heroische Grundprinzip" über Europa ergoss, hatte der schwülstige Redner wenige Jahre später nicht nur theoretischen Anteil. Spätestens als "Hitlers Kronjurist" 1939 zum "Generalgouverneur" im besetzten Polen avancierte, konnte er zur "deutschen Tat" schreiten, von der er zuvor so gerne schwadroniert hatte. So schrieb der Mann sich "für alle Zeiten" ins Blutbuch der nationalsozialistischen Barbarei ein - der doch eigentlich ein Liebhaber der Musik und Künste war, der mit 24 zum Doktor der Rechte promovierte. Dessen "Rechtsphilosophie" 1933 allerdings in der brutalen Maxime gipfelte:
"Wir bekennen uns offen dazu, dass wir nationalsozialistischen Juristen in jedem Recht nur das Mittel zu dem Zweck sehen, einer Nation die heldische Kraft zum Wettstreit auf dieser Erde sicherzustellen."
Die Rechtsperversion, die Kurt Tucholsky bereits 1929 in seiner Glosse "Deutsche Richter 1940" diagnostizierte, den Typus mithin des "furchtbaren Juristen", repräsentierte der 33-jährige "Präsident" der Nazi-"Akademie für Deutsches Recht" und des NS-Juristenbundes wie kaum ein anderer. War Carl Schmitt, dem heute in akademischen Kreisen eine fatale Renaissance zuteil wird, der theoretische Vordenker von "Führerstaat" und "Feindstrafrecht", so nahm Reichsminister Dr. Hans Frank die Rolle des ideologischen Einpeitschers wahr. Wobei er der großen Mehrheit seiner Kollegen irgendwelche Skrupel gar nicht erst auszureden brauchte; sie folgten dem "Reichsrechtskommissar" und seinem Führer begeistert in den offenen Unrechtsstaat.
Wie aus dem kulturbeflissenen, romantisch schwärmerischen Anwaltssohn Hans Frank wurde, was er schließlich war: Mitverantwortlicher des nazistischen Willkürrechts, dann in Polen Inbegriff deutscher Schreckensherrschaft, das zeichnet Dieter Schenks Biographie detailliert nach. Schenks Buch funktioniert wie eine kriminalistische Recherche, eine Beweisaufnahme, ein gerichtlicher Diskurs.
Die präzise "Polizeiarbeit" des gelernten Kriminalisten Schenk zahlt sich als Aufklärung im besten Sinne aus, wie Polens stellvertretender Generalstaatsanwalt Witold Kulesza in seinem Vorwort feststellt:
"Erst das Buch erschließt, was man sich unter dem Generalgouvernement vorstellen muss und entschlüsselt Widersprüche der Schutzbehauptungen des Generalgouverneurs und seiner Mittäter."
Doch führt Schenks Geschichtsarbeit über das Ende des NS-Terrors und auch über den Nürnberger Prozess hinaus. An mancher Stelle fühlt man sich gar an aktuelle Debatten erinnert: So betonte Frank zum Abschluss des "Reichsrechtstages" im Mai 1939 zwar erhabene Grundsätze wie das Recht auf Verteidigung und auf rechtliches Gehör. Doch sollten diese für "Feinde der Gemeinschaft" nicht gelten. Da könnte einem schon der behagliche akademische Diskurs in den Sinn kommen, der seit einiger Zeit erneut unter dem Stichwort "Feindstrafrecht" geführt wird.
Vor allem aber wollte Frank ein Kriterium zur Grundlage jedes "Rechts" erheben, das einen glatten Widerruf jeglichen aufklärerischen Rechtsdenkens bedeutete:
"Heldisch sein, heißt Rasse haben. Und so tritt als leitender Gesichtspunkt in die Fülle der Rechtsbegriffe ein dieser Rassebegriff. Es ist daher Aufgabe des Rechts, diese, das Charakteristische des deutschen Lebens ausmachende und die schöpferische Wurzel aller deutschen Tat gewährleistende Rassensubstanz des deutschen Volkes mit aller Macht aller Welt gegenüber zu schützen."
Was Frank von anderen Nazis wie seinem Intimfeind Heinrich Himmler letztlich unterschied, war nur, dass er den Terror mehr oder minder penibel in Paragraphen gießen wollte.
Diese Divergenz, mochte sie Frank in seiner späteren Verteidigung "Im Angesicht des Galgens" auch bedeutsam herausstellen, blieb aber rein formal.
An der SS missfiel ihm vor allem, dass sie ihre "Mordaktionen" in "seinem" Generalgouvernement durchführte, ohne vorher seine Einwilligung einzuholen. Dass es im Grundsatz keine Meinungsverschiedenheiten gab, machte Frank am 16. Dezember 1941, kurz vor der Wannseekonferenz, auf einer "Regierungssitzung" in Krakau klar:
"Mit den Juden muss so oder so Schluss gemacht werden. Wir müssen die Juden vernichten, wo immer wir sie treffen und wo es irgend möglich ist."
Als "willigen und wissenden Mitwirkenden" an der Ermordung von "mindestens drei Millionen Juden" verurteilte das Nürnberger Tribunal Hans Frank zum Tode durch den Strang.
Was wiegen gegen diese furchtbaren Resultate noch die zeitweisen Anwandlungen persönlicher Unsicherheit bei Hans Frank? Was sein von Hitler abgelehntes Rücktrittsgesuch? Oder seine ultimative Wendung zum katholischen Glauben "im Angesicht des Galgens", von ihm ebenso pathetisch zelebriert wie zuvor die "Religion des Führers"?
Hans Frank vor dem Nürnberger Tribunal: "Ich bekenne mich nicht für schuldig."
So antwortete Hans Frank vor dem Nürnberger Tribunal auf die Schuldfrage. Wie ernst seine spätere Teilerkenntnis zu nehmen ist, die er in der Haft formulierte, bleibt am Ende auch für Dieter Schenk eine offene Frage. Denn hatte er einerseits im Nürnberger Verfahren von einer Schuld gesprochen, die auch in tausend Jahren nicht von Deutschland genommen werden könne, so relativierte er in seinem Schlusswort diese Einlassung mit dem Verweis auf "das Verhalten unserer Kriegsfeinde" und "die riesigen Massenverbrechen, die vor allem in Ostpreußen ... an Deutschen verübt" worden seien. Somit kehrte Hans Frank schließlich "zurück in Reih und Glied seiner Spießgesellen", wie Dieter Schenk schreibt, und gab im übrigen einen Tenor der Schuldaufrechnung vor, den wir in Deutschland bis heute hören können.
Hans Detlev von Kirchbach über Dieter Schenk: "Hans Frank. Hitlers Kronjurist und Generalgouverneur". Der Band ist im Frankfurter Fischer Verlag erschienen. Er umfasst 486 Seiten und kostet 22,90 Euro.
So pries "Reichsjustizkommissar" Hans Frank auf einer Tagung des nationalsozialistischen Juristenbundes in Leipzig am 30. September 1933 den Triumph des "Tausendjährigen Reiches". An dem millionenfachen Tod, den jenes "heroische Grundprinzip" über Europa ergoss, hatte der schwülstige Redner wenige Jahre später nicht nur theoretischen Anteil. Spätestens als "Hitlers Kronjurist" 1939 zum "Generalgouverneur" im besetzten Polen avancierte, konnte er zur "deutschen Tat" schreiten, von der er zuvor so gerne schwadroniert hatte. So schrieb der Mann sich "für alle Zeiten" ins Blutbuch der nationalsozialistischen Barbarei ein - der doch eigentlich ein Liebhaber der Musik und Künste war, der mit 24 zum Doktor der Rechte promovierte. Dessen "Rechtsphilosophie" 1933 allerdings in der brutalen Maxime gipfelte:
"Wir bekennen uns offen dazu, dass wir nationalsozialistischen Juristen in jedem Recht nur das Mittel zu dem Zweck sehen, einer Nation die heldische Kraft zum Wettstreit auf dieser Erde sicherzustellen."
Die Rechtsperversion, die Kurt Tucholsky bereits 1929 in seiner Glosse "Deutsche Richter 1940" diagnostizierte, den Typus mithin des "furchtbaren Juristen", repräsentierte der 33-jährige "Präsident" der Nazi-"Akademie für Deutsches Recht" und des NS-Juristenbundes wie kaum ein anderer. War Carl Schmitt, dem heute in akademischen Kreisen eine fatale Renaissance zuteil wird, der theoretische Vordenker von "Führerstaat" und "Feindstrafrecht", so nahm Reichsminister Dr. Hans Frank die Rolle des ideologischen Einpeitschers wahr. Wobei er der großen Mehrheit seiner Kollegen irgendwelche Skrupel gar nicht erst auszureden brauchte; sie folgten dem "Reichsrechtskommissar" und seinem Führer begeistert in den offenen Unrechtsstaat.
Wie aus dem kulturbeflissenen, romantisch schwärmerischen Anwaltssohn Hans Frank wurde, was er schließlich war: Mitverantwortlicher des nazistischen Willkürrechts, dann in Polen Inbegriff deutscher Schreckensherrschaft, das zeichnet Dieter Schenks Biographie detailliert nach. Schenks Buch funktioniert wie eine kriminalistische Recherche, eine Beweisaufnahme, ein gerichtlicher Diskurs.
Die präzise "Polizeiarbeit" des gelernten Kriminalisten Schenk zahlt sich als Aufklärung im besten Sinne aus, wie Polens stellvertretender Generalstaatsanwalt Witold Kulesza in seinem Vorwort feststellt:
"Erst das Buch erschließt, was man sich unter dem Generalgouvernement vorstellen muss und entschlüsselt Widersprüche der Schutzbehauptungen des Generalgouverneurs und seiner Mittäter."
Doch führt Schenks Geschichtsarbeit über das Ende des NS-Terrors und auch über den Nürnberger Prozess hinaus. An mancher Stelle fühlt man sich gar an aktuelle Debatten erinnert: So betonte Frank zum Abschluss des "Reichsrechtstages" im Mai 1939 zwar erhabene Grundsätze wie das Recht auf Verteidigung und auf rechtliches Gehör. Doch sollten diese für "Feinde der Gemeinschaft" nicht gelten. Da könnte einem schon der behagliche akademische Diskurs in den Sinn kommen, der seit einiger Zeit erneut unter dem Stichwort "Feindstrafrecht" geführt wird.
Vor allem aber wollte Frank ein Kriterium zur Grundlage jedes "Rechts" erheben, das einen glatten Widerruf jeglichen aufklärerischen Rechtsdenkens bedeutete:
"Heldisch sein, heißt Rasse haben. Und so tritt als leitender Gesichtspunkt in die Fülle der Rechtsbegriffe ein dieser Rassebegriff. Es ist daher Aufgabe des Rechts, diese, das Charakteristische des deutschen Lebens ausmachende und die schöpferische Wurzel aller deutschen Tat gewährleistende Rassensubstanz des deutschen Volkes mit aller Macht aller Welt gegenüber zu schützen."
Was Frank von anderen Nazis wie seinem Intimfeind Heinrich Himmler letztlich unterschied, war nur, dass er den Terror mehr oder minder penibel in Paragraphen gießen wollte.
Diese Divergenz, mochte sie Frank in seiner späteren Verteidigung "Im Angesicht des Galgens" auch bedeutsam herausstellen, blieb aber rein formal.
An der SS missfiel ihm vor allem, dass sie ihre "Mordaktionen" in "seinem" Generalgouvernement durchführte, ohne vorher seine Einwilligung einzuholen. Dass es im Grundsatz keine Meinungsverschiedenheiten gab, machte Frank am 16. Dezember 1941, kurz vor der Wannseekonferenz, auf einer "Regierungssitzung" in Krakau klar:
"Mit den Juden muss so oder so Schluss gemacht werden. Wir müssen die Juden vernichten, wo immer wir sie treffen und wo es irgend möglich ist."
Als "willigen und wissenden Mitwirkenden" an der Ermordung von "mindestens drei Millionen Juden" verurteilte das Nürnberger Tribunal Hans Frank zum Tode durch den Strang.
Was wiegen gegen diese furchtbaren Resultate noch die zeitweisen Anwandlungen persönlicher Unsicherheit bei Hans Frank? Was sein von Hitler abgelehntes Rücktrittsgesuch? Oder seine ultimative Wendung zum katholischen Glauben "im Angesicht des Galgens", von ihm ebenso pathetisch zelebriert wie zuvor die "Religion des Führers"?
Hans Frank vor dem Nürnberger Tribunal: "Ich bekenne mich nicht für schuldig."
So antwortete Hans Frank vor dem Nürnberger Tribunal auf die Schuldfrage. Wie ernst seine spätere Teilerkenntnis zu nehmen ist, die er in der Haft formulierte, bleibt am Ende auch für Dieter Schenk eine offene Frage. Denn hatte er einerseits im Nürnberger Verfahren von einer Schuld gesprochen, die auch in tausend Jahren nicht von Deutschland genommen werden könne, so relativierte er in seinem Schlusswort diese Einlassung mit dem Verweis auf "das Verhalten unserer Kriegsfeinde" und "die riesigen Massenverbrechen, die vor allem in Ostpreußen ... an Deutschen verübt" worden seien. Somit kehrte Hans Frank schließlich "zurück in Reih und Glied seiner Spießgesellen", wie Dieter Schenk schreibt, und gab im übrigen einen Tenor der Schuldaufrechnung vor, den wir in Deutschland bis heute hören können.
Hans Detlev von Kirchbach über Dieter Schenk: "Hans Frank. Hitlers Kronjurist und Generalgouverneur". Der Band ist im Frankfurter Fischer Verlag erschienen. Er umfasst 486 Seiten und kostet 22,90 Euro.