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Hoch begehrtes Rechenmonster

IT.- Der Hochleistungsrechner "SuperMUC" im Leibniz-Rechenzentrum in Garching ist der viertschnellste Computer der Welt. Er kommt auf knapp drei Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde. Doch was tut man mit so viel digitaler Kraft?

Von Peter Welchering | 14.07.2012
    Das Problem bei der Entwicklung neuer Supercomputer ist die Stromrechnung. Im Leibniz-Rechenzentrum beträgt sie rund drei Millionen Euro im Jahr. Mehr dürfen es nicht werden. Es sei denn, die Rechenleistung wird massiv gesteigert. Der SuperMUC-Vorgänger im Garchinger Rechenzentrum namens "Höchstleistungsrechner Bayern II" hatte schon eine Leistungsaufnahme von 1,1 Megawatt. Der SuperMUC dagegen zieht stolze 3,5 Megawatt, also gut das Dreifache seines Vorgängers. Dafür aber bietet er mehr als 100 Mal so viel Rechenleistung. Waren es beim Bayer-II-Rechner noch 26 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde, sind es jetzt beim SuperMuc knapp drei Billiarden. Damit ist der neue Linux-Supercomputer in Garching der viertschnellste Rechner der Welt. Die Anwendungsgebiete für so viel Rechenkraft sind äußerst vielfältig. Arndt Bode beschreibt das so.

    "Wir haben eine ganze Reihe von sehr spannenden Anwendungen. Ich persönlich finde zum Beispiel enorm interessant die Geophysik. Die Modellierung des Verhaltens des Erdmantels, der ja sozusagen auf Flüssigkeit schwimmt und der dann dazu führt, dass es schlimmerweise des Öfteren mal Erdbeben gibt, wobei man heute noch nicht so weit ist, dass man Erdbeben schon exakt vorhersagen kann. Man kann aber Erdbeben-Ereignisse nachsimulieren und daraus seine Schlüsse ziehen. Ein anderer Punkt ist zum Beispiel die Simulation der Entstehung des Universums. Aus der Medizin da finde ich zum Beispiel spannend, dass es ihr gelingt, die Strömung von Blut durch menschliche Gefäße zu simulieren, und dass man darüber zum Beispiel den Erfolg der Operation von Aneurysmen mit begleiten kann und damit unmittelbar für den Menschen Fortschritte hat durch die Technik des Höchstleistungsrechner zu."

    Solche Simulationen sind sehr rechenintensiv. Häufig müssen dafür Gleichungssysteme mit 20, 30 oder 40 Millionen Gleichungen gelöst werden. Die Rechenarbeit für so große Gleichungssysteme verteilt SuperMUC auf bis zu 160.000 Rechnerknoten, auf die Cores. Bisher hatten die Münchner Wissenschaftler bei weitem nicht so viele Cores zur Verfügung, um ihre Gleichungssysteme für die Simulationsaufgaben berechnen zu lassen. Deshalb müssen nach der Inbetriebnahme des SuperMuc auch einige Simulationsprogramme angepasst werden. Herbert Huber ist für den technischen Betrieb des neuen Superrechners in Garching verantwortlich. Nach der Einweihung des Rechnerboliden erwartet er auch etwas Mehrarbeit.

    "Dadurch, dass wir fast immer auf x86-kompatible Prozessorarchitektur bleiben, ist der Aufwand für unsere Anwender relativ gering. Oft müssen sie die Applikation einfach nur neu kompilieren, um sie dann relativ hochperformant auf dem SuperMUC zum Laufen bringen zu können. Manchmal, gerade wenn es um die Skalierung von Applikationen geht, muss man auch in den Quellcode hineinschauen und bestimmte Skalierungshemmnisse noch entfernen, die man auf dem jetzigen Supermig-System noch nicht sehen konnte, weil das System nur 8200 Rechenkerne hatte, das heißt, wenn solch ein Problem erst bei einer Skalierung von über 10.000 Rechenkernen auftritt, dann müssen die Anwender noch ein bisschen Arbeit investieren."

    Viele internationale Wissenschaftlergruppen haben sich bereits im Leibniz-Rechenzentrum angesagt. Am Montag dieser Woche hatte die Garchinger Supercomputer-Experten zum Beispiel einen Forscher aus dem russischen Chelyabinsk zu Besuch. Die Delegationsmitglieder wollten sich nicht nur über Methoden der Parallelisierung von Simulationsprogrammen auf über 160.000 Rechenkernen informieren. Vor allen Dingen wollten sie studieren, wie künftig noch mehr Rechenleistung für noch größere Gleichungssysteme in umfassenden Simulationsaufgaben bei weniger Stromverbrauch erzielt werden kann. Und auch daran wird in Garching intensiv geforscht. Denn eines weiß Herbert Huber heute schon.

    ""SuperMUC wird sicherlich im Zeitraum 2016 beziehungsweise 2017 durch ein neues System zu ersetzen sein, weil, wenn man sich einfach mal den Energieverbrauch von Systemen und wenn man sich die Leistung versus Energieverbrauch des Systems aufzeichnet, dann ist ein Weiterbetrieb von solchen Rechnern über einen Zeitraum von sechs Jahren hinaus nicht mehr wirtschaftlich."

    An den Nachfolgemodellen des SuperMUC wird schon heute, noch vor seiner offiziellen Einweihung am kommenden Freitag, gearbeitet. Für das Jahr 2019 wird mit einem Exaflop-System gerechnet, das dann eine Trillion Gleitkommaoperationen in der Sekunde schaffen würde. Ein unvorstellbarer Wert, eine Eins mit 18 Nullen. Doch aus heutiger Sicht würde ein solches System eine viel zu hohe Stromrechnung verursachen. Deshalb forschen die Supercomputerentwickler auch mit Hochdruck daran, wie noch mehr Rechenleistung mit weniger Energie möglich wird.