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Hochbegabte im Agenturalltag

In den Sommerferien freiwillig lernen: Das machen zur Zeit hochbegabte Jungendliche in ganz Deutschland in sogenannten Junior-Akademien. Eine von ihnen läuft zur Zeit in schleswig-holsteinischen St. Peter-Ording. Zwei Wochen lang forschen und diskutieren hier knapp 100 Jugendliche in Kursen über anspruchsvolle Themen aus Natur- und Geisteswissenschaften.

Von Jens Wellhöner | 20.08.2007
    Fast in Steno-Geschwindigkeit rasen die Finger von Johanna Herwig über die Tastatur. Nach ein paar Minuten macht sie kurz Pause:

    " Ich habe gerade ein paar Bilder bearbeitet, die wir aufgenommen haben, um eine Website zu erstellen."

    Die Schülerin ist aktiv in einem Webdesign-Kurs an der Junior-Akademie in St. Peter-Ording. Sie ist eine von insgesamt fast 100 Teilnehmern zwischen 13 und 18 Jahren, die dieses Jahr bei der Akademie mitmachen. Alle kommen sie aus Schleswig-Holstein und Hamburg. Und: Ihre Lehrer halten sie für hochbegabt. Eine Bewebungskommission hat die Schüler ausgewählt. Zu ihr gehören auch Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für das Hochbegabte Kind. Die veranstaltet federführend die Junior-Akademie. Und wird in Schleswig-Holstein von Manuela-Angelika Mahn geleitet:

    " Es ist auch einfach so, dass die Schüler außerhalb der Schule lernen sollen, wie sie mit ihren Fähigkeiten umgehen. In der Schule werden ihre Fähigkeiten vielleicht nicht unbedingt so abgefragt oder voll befriedigt. Und es ist dann ganz schön, wenn die Kinder lernen, sich selber mal voll auszuleben und vielleicht auch mal an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu stoßen. "

    Die Mitglieder der Web-Design-Gruppe diskutieren derweil über ihren Entwurf für eine Visitenkarte. Die Schüler wollen lernen, wie man Projekte professionell vermarktet, am Beispiel der Junior-Akademie. Ihre erwachsenen Betreuer haben zum Teil schon professionell als Webdesigner gearbeitet. Und sind des Lobes voll:
    " Ich bin super zufrieden, gerade wenn man sich mal anschaut, auf welchem Niveau die jetzt schon entwickeln. Nicht nur im Design, auch in der Technik und in der Projektleitung, die schon sehr viel dazugelernt hat, ist das deutlich über dem Niveau, das ich selbst erwartet hätte.

    Ja, auf jeden Fall. Die sind sehr motiviert. Das hat man in der Schule oftmals nicht. Das macht richtig Spaß hier."

    Einer der so gelobten ist Jan Lie aus Norderstedt. Der 14-jährige gehört zur Projektleitung. In den Sommerferien auf der faulen Haut liegen, wie einige seiner Klassenkameraden, das ist nicht seine Sache. Er ist versessen aufs Lernen:

    " Ich bin ganz lernbegeistert. Ich würde gerne auch wissen, wie eine Webagentur funktioniert. Ich fand das ganz interessant mal, etwas zu leiten, etwas zu bestimmen, zu koordinieren, zu organisieren. Und das am Ende auch zu präsentieren."

    Die Hamburgerin Johanna Bublitz kommt jetzt in die 9. Klasse. Zu Hause im Schulunterricht fühlt sie sich manchmal unterfordert. Weil sie vieles schon weiß:

    " Zeitweise ist es manchmal so, dass man denkt: Wieso muss man das jetzt noch einmal wiederholen? Dann kann ich im Unterricht den Leuten helfen, weil ich nicht unbedingt zuhören brauch in dem Moment."

    Und genau das bringt ihr Pluspunkte bei den Klassenkameraden. Die haben sie zur Klassensprecherin gewählt. Jan Lie hat da leider auch andere Erfahrungen gemacht. Etwas zögernd erzählt er, wie ihn seine Mitschüler nennen:

    " Also, manchmal Streber. Und Hausaufgabenhilfe muss ich....mache ich auch ziemlich oft. Weil die mich fragen, kannst du mir da helfen."

    Hier in St. Peter-Ording sind die hochbegabten Jugendlichen unter sich. Die Atmosphäre ist fröhlich und entspannt. Mitorganisatorin Manuela-Angelika Mahn genießt das. Aber, die Suche nach Sponsoren für die Junior Akademie war für sie manchmal sehr frustrierend:

    " Im Grunde putzen wir Klinken. Und erhalten an vielen Stellen einfach die Antwort: Ja, wir würden ihnen ja gerne Geld geben. Aber wir fördern erst Studenten. Und, ihre Schüler sind einfach noch zu jung, um überhaupt gefördert zu werden. Das passt nicht in unsere Klientel."

    Aber diese Probleme trüben das gute Klima in der Junior-Akademie nicht. Entspannt sitzen die Schüler hier an ihren Projekten. Doch am 25. August endet diese Zeit: Dann beginnt für sie wieder der Alltag in der Schule. Mit all seinen speziellen Problemen für die Hochbegabten.