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Hochkonjunktur für Gebäudesanierer

Die Wunderfaser, so nannte man Asbest in den 1960er und 70er Jahren. Damals wurde Asbest als Brandschutz verbaut, weil es sehr hitzebeständig ist. Nach heutigem Baurecht müssen die betroffenen Gebäude saniert werden und das betrifft auch viele deutsche Hochschulen. Die Uni Dortmund hat es hinter sich, die Uni Bochum steckt mittendrin und die Uni Bielefeld bereitet sich darauf vor.

Von Miriam Grabenheinrich |
    Mit speziellen Staubsaugern wird ein Labor in der Bielfelder Universität gesäubert - hier wurde Asbest unter der Deckenvertäfelung gefunden. Das Reinigungsteam war mit den Saugern schon in zahlreichen Räumen unterwegs: In der Bibliothek, auf Fluren und in Büros.

    "Die Deckenplatte liegt lose auf ... .und wir hoffen, dass es die Stelle ist, wo drei verschiedene Träger aneinander stoßen.

    Ja okay."

    Einige Räume weiter sucht die Baubiologin Nicole Richardson mit ihren Mitarbeitern nach weiterem Asbest. Ihre Firma wurde damit beauftragt und seit vier Monaten durchforsten sie das Universitätsgebäude.
    "Wir können ja nicht flächendeckend alles öffnen und überall reingucken, sondern wir müssen uns immer exemplarisch Stellen raussuchen. "

    Bisher haben die Gutachter den Schadstoff unter Deckenplatten und an einigen Stahlträgern gefunden. Aber: Sie können kein System erkennen, wo überall der Asbest verbaut wurde. Manche Stahlträger wurden mit Spritzasbest gedämmt, andere mit Mineralwolle.

    "Das kann so sein, dass eigentlich die Anforderung war, Mineralwolle einzusetzen und dass bei der Lieferung vor 30, 35 Jahren zufällig ein Laster noch nen Restasbest drin hatte und das wurde eben nicht bemerkt. "

    Insgesamt 4500 Proben haben die Gutachter bislang im gesamten Gebäude genommen.

    Dabei tragen sie einen weißen Schutzanzug und eine Atemmaske - Sicherheit ist hier das höchste Gebot.

    In der Eingangshalle der Campus-Uni treffen sich die Studierenden in ihren Lernpausen. Asbest ist hier seit Wochen immer wieder Thema - deswegen sind die meisten auch recht über mögliche Gefahren informiert.

    "Ich glaube das sind so ganz kleine Fasern, die sich in die Bläschen von der Lunge bohren ... und dann Krebs auslösen.

    Es ist nicht so richtig viel gefunden worden. Also wenn das mit der Faserbelastung stimmt, dass die da nur 200 Fasern ... gefunden haben ... , dann ist das weit unter den Grenzwerten.

    Ich glaube es ist so wenig, es müsste schon ein dummer Zufall sein, wenn so ne Faser, wenn ich die einatmen sollte. ... Ich glaube, die Gefahr ist nicht so groß. "

    Tatsächlich sind die Asbestfunde in der Bielefelder Universität bislang nicht gesundheitsschädlich. Da wo der Schadstoff verbaut wurde, haben sich kaum Fasern abgerieben - die Luft- und Staubwerte sind unbedenklich. Das kann sich allerdings ändern, wenn es doch zu Abreibungen kommt. Deswegen legt die deutsche Asbestrichtlinie fest: Das Gebäude muss saniert werden. Damit soll die Hochschule innerhalb der kommenden drei Jahre beginnen. Für die Logistik ist in Bielefeld Christian Schepers zuständig. Der Biologe hat schon bei der Sanierung der Dortmunder Universität mitgearbeitet.

    "Die haben Mitte der Neunziger angefangen, letztendlich die Sanierung durchzuziehen, so dass sie heute sagen können, das Asbest-Problem haben sie hinter sich. An der Stelle sind sie jetzt uns allen ein wenig voraus, aber auch da war schon der Aufwand immens. Auch dort sind ganze Gebäudeteile letztendlich gesperrt worden, über einen längeren Zeitraum. "

    Auch in Bielefeld werden zukünftig Gebäudeteile für die Sanierung gesperrt. Die Universität steht jetzt vor einer großen Herausforderung: Ersatz-Gebäude in Bielefeld müssen her, in die der Hochschulbetrieb verlagert werden kann. Die Sanierung der gesamten Universität wird rund zehn Jahre dauern. Vor allem die Beseitigung des Spritzasbestes an den Stahlträgern ist aufwendig.
    "Der wird manuell mit nem Spachtel und nem Staubsauger an jedem Stückchen entfernt. Die Sanierer gehen wirklich an den Träger ran und spachteln diese Brandschutzmasse letztendlich ab. Das geht also wirklich in Handarbeit an jedem Zentimeter bis es hinterher wieder blanker Stahl ist.
    ... Das wird also komplett entfernt. "

    Bis mit der Sanierung begonnen werden kann, kleben die Experten sämtliche Asbeststellen ab.

    Mit dicken Folien werden die Decken isoliert, so dass keine einzige Faser in die Raumluft gelangen kann. Die Baubiologin Nicole Richardson ist guter Dinge. Sie geht davon aus, dass die Universität nach der Sanierung asbestfrei ist:

    "Ja klar kriegen wir das wieder hin ... Die Leute müssen raus aus ihren Räumen, es wird runtergeholt es werden Freimessungen gemacht und dann ist es sowieso weg, das Asbest. ... Also das klappt gut."

    Geschätzte Kosten der Sanierung: Ein dreistelliger Millionenbetrag. 180.000 Quadratmeter müssen in Bielefeld saniert werden. Eine logistische Meisterleistung, die viele andere Hochschulen auch noch vor sich haben.