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Hochprozentiger Strom

80 Prozent Alkoholgehalt - wer daran probiert, rümpft angewidert die Nase: Bio-Ethanol - das ist kein Schnaps, der allzu sehr mundet. Aber: Bio-Ethanol sorgt für Bewegung

Von Thomas Wagner |
    Bio-Ethanol ist keine neue Geschichte, um Motoren in Bewegung zu setzen. In Brasilien fahren viele Fahrzeuge fahren viele Fahrzeuge damit. Dort ist es Zuckerrohrschnaps, eben aus dem Zuckerrohr gewonnen. Und wir haben eben vor, dies in größeren Motoren einzusetzen, in stationäre Motoren, wie wir es von Schiffen kennen. Dort wird eben Strom gewonnen und Wärme erzeugt.

    Doch genau dieses Projekt, weiß Gebhard Gentner von den Stadtwerken Schwäbisch Hall, ist europaweit einzigartig: Mit riesigen Motoren soll zukünftig im nördlichen Baden-Württemberg Strom und Fernwärme produziert werden - mit Motoren, die mit Bio-Ethanol gespeist werden. Die Verantwortlichen der Stadtwerke gehen davon aus, dass in Zukunft auch hierzulande Bio-Ethanol in viel größeren Mengen als bisher zur Verfügung stehen wird. Attraktiv ist die Verwendung des hochprozentigen Alkohols vor allem als Beimischung zum herkömmlichen Benzin für Autos. Bio-Ethanol gilt als regenerativer Energieträger und ist von der Kraftfahrzeugsteuer befreit. Hierzulande lässt sich Bio-Ethanol problemlos aus Zuckerrüben oder Korn gewinnen.

    Auch Südzucker baut mehrere Standorte zur Bio-Ethanol-Produktion aus. Hier wird vornehmlich Bio-Ethanol erzeugt, um es dem Sprit beizumischen.

    Doch was für das "heilig Blechle" taugt, finden die Schwaben in Schwäbisch Hall, müsste sich eigentlich auch zur Strom- und Wärmeversorgung verwenden lassen. Die Idee klingt gut - alleine die Umsetzung gestaltet sich schon schwieriger. Geplant ist der Bau eines 50 Tonnen schweren Bio-Ethanol-Motors, der über einen Generator rund 40 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen soll; das entspricht in etwa einem Zehntel des Strombedarfes der 36.000-Einwohner-Stadt. Die Abwärme soll zudem ins städtische Fernwärmenetz eingespeist werden, mit dem immerhin etwa 30 Prozent aller Gebäude von Schwäbisch-Hall verbunden sind . Nur. So einen Motor, so Gebhard Gentner, gibt es derzeit noch nirgendwo in Europa:

    Es gibt diese Technik im KFZ-Bereich, bei kleinen Motoren. Wir müssen versuchen, die Technik dieser kleinen Motoren auf die Großmotortechnik umzusetzen. Wir sind im engen Gespräch mit einem österreichischen Motor-Entwicklungsinstitut. Wir werden dort voraussichtlich in den nächsten Monaten die nächsten Versuche mit Ethanol, so wie er in Deutschland produziert und am Markt zu erhalten ist, fahren, und werden dann versuchen, diese Werte, diese Ergebnisse auf einen klassischen Kraftwerks-Motor zu übertragen.

    Was dabei besonders attraktiv erscheint, ist die günstige Öko-Bilanz eines solchen Systems.

    Bio-Ethanol ist ein nachwachsender Rohstoff. Bio-Ethanol erzeugt nicht mehr CO-2, als er fürs Wachsen benötigt. Er senkt insgesamt den CO-2-Ausstoß, weil wir natürlich mit diesem Strom, der dort erzeugt wird, herkömmlichen Strom aus Kohlekraftwerken oder aus Kernkraftwerken verdrängen.

    Die Öko-Bilanz ist das eine, die wirtschaftliche Bilanz das andere: Die neue Bio-Ethanol-Anlage muss sich rechnen. Sieben Millionen Euro Investitionskosten sind veranschlagt. Wenn die Stadtwerke Schwäbisch Hall Glück haben, werden sie den Bio-Ethanol-Strom auf der Basis des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes zu einem erhöhten Tarif ins Netz einspeisen können. Ob dieses Gesetz allerdings auch auf Bio-Ethanol Anwendung findet, ist noch strittig. Dennoch glaubt Gebhard Gentner von den Stadtwerken Schwäbisch Hall, mit dem grünen Strom aus Alkohol schwarze Zahlen schreiben zu können

    Es ist keine Gelddruckmaschine, sondern es ist eine Möglichkeit, um ökologisch Strom zu erzeugen und dabei auch noch wirtschaftlich zu sein.

    Im kommenden Jahr soll die Motorenentwicklung vorangetrieben werden. Mit dem Baubeginn der neuen Anlage rechnen die Fachleute in Schwäbisch Hall zu Beginn des Jahres 2006. Wenn alles hundertprozentig klappt, wird bereits Ende 2006 der erste Strom aus hochprozentigem Alkohol ins Netz eingespeist.