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Hochs und Tiefs zu verkaufen

Die Taufe findet ohne Weihwasser statt, und die Paten brauchen später keine Geschenke mehr zu machen. Die Wetterpatenschaft des Instituts für Meteorologie an der Freien Universität Berlin ist eine ziemlich eigenartige Erfindung: Wer 199 Euro locker macht, kann ab sofort den Namen eines Tiefdruckgebiets bestimmen. Für 299 Euro ist ein Hochdruckgebiet zu haben.

    Hinter dieser kuriosen Erfindung steht eine kleine Gruppe Meteorologie-Studenten der EU, die sich um den Fortbestand der Wetterstation in Berlin-Dahlem sorgte. Denn im März dieses Jahres hatte die Universität im Zuge der Sparmaßnahmen in der klammen Hauptstadt die Finanzierung der hier seit 50 Jahren durchgeführten Wetter- und Klimabeobachtung gestoppt. Doch die Studenten wollten nicht hinnehmen, dass aus der 24-Stunden-Beobachtung ein Acht-Stunden-Dienst werden sollte: "Da sind wir selbst eingesprungen, erzählte Studentin Sevin Müller der Nachrichtenagentur AP. Schließlich handele es bei den Aufzeichnungen der Station "10281 Berlin Dahlem" um eine der längsten Reihen der Welt.

    Doch bald habe sich gezeigt, dass der Enthusiasmus der Kommilitonen bei der unentgeltlichen Arbeit an Grenzen stieß. Eine Zeit lang habe das Projekt über Spenden finanziert werden können, doch weil das Geld langfristig nicht reichte, sei die Idee für die Patenschaften aufgekommen, erzählt die Studentin. Denn das Institut für Meteorologie verfügt in Deutschland über das ungeschriebene Monopol der Wetter-Namensgebung: Seit 1954 vergeben die Berliner Meteorologen die Bezeichnungen für Hoch- und Tiefdruckgebiete. Lange Zeit ohne Anteilnahme der Öffentlichkeit, kamen die Namen für Hochs und Tiefs mit den großen Stürmen Anfang der neunziger Jahre auch bei den Medien in Mode.

    Der Nutzen liegt auf der Hand: "Namen sind leichter zu merken als Linien", sagt die angehende Meteorologin Müller. Die Sturmnamen "Vivian" und "Wiebke" gaben 1990 den Versicherungen einen einfachen Bezugspunkt. Dennoch ist Deutschland nach Müllers Worten bislang das einzige Land, in dem traditionell alle Hochs und Tiefs mit Namen versehen werden. In den USA würden nur Stürme ab einer bestimmten Stärke "getauft". Und Patenschaften zu verkaufen, das sei wohl weltweit einmalig, schätzt Müller.

    Der erste Pate kam auch gleich aus den USA: Ein in Kansas forschender deutscher Physiker sicherte sich das zweite Tief im nächsten Januar - es wird "Bernold" heißen. Bis Dienstag waren sieben Tiefs und vier Hochs vergeben. Drei bis vier Paten pro Woche, schätzen die Studenten, sind nötig, um die Wetterstation zu finanzieren. Dabei ist klar, dass die Einnahmen nicht eindeutig kalkulierbar sind: Keiner weiß, wie schnell oder langsam ein Druckgebiet weiterzieht, also wie viele Patenschaften letztlich möglich sind. Weil Hochdruckgebiete gewöhnlich länger verharren, insgesamt also seltener sind, ist ihr Preis auch höher.

    Die Paten wissen außerdem nicht, wie berühmt ihr Druckgebiet wird - und sie wissen nicht, wann es kommt. Denn nach wie vor werden die Namen von den Berliner Meteorologen nach einem Alphabetsystem von A bis Z vergeben:

    Auf Tief "Uschi" folgten zwangsläufig "Verena" und "Weike", nun wird ein Name mit X gesucht. Nach Z folgt A, außer an Neujahr, wenn in jedem Fall wieder mit A begonnen wird. Im Zuge der Gleichberechtigung wechselt dann auch die Geschlechterregel: 2002 waren Tiefs weiblich und Hochs männlich, ab l. Januar ist es umgekehrt.

    Außerdem steht es natürlich jedem Wetterdienst frei, ob er die FU-Namen übernimmt. Erfahrungsgemäß kommen die Namen der Hochs und Tiefs aber in den meisten Wetterberichten vor. Beim Deutschen Wetterdienst (DWD) finden sie fast immer Beachtung. Nur Top-Wetterfrösch Jörg Kachelmann sagt, er finde die Namensgebung immer ein bisschen mühsam und lässt sie deswegen meist weg. Seinen Mitarbeitern mache er aber dahingehend keine Vorschriften, sagte er der AP.

    Link: Der Link zum Wetterpaten