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Kritik an neuem EU-Uni-Ranking

Methodische Mängel, Intransparenz, Ökonomisierung von Bildung: Hochschulrankings sind umstritten. Nun hat die EU ein neues Ranking entwickelt, das andere Kriterien einbezieht. Doch auch wenn das neue Konzept ein deutlich differenzierteres Bild liefert als die Ranking-Konkurrenz - Kritiker sehen in der Rangliste eher einen Schaden als einen Nutzen.

Von Benedikt Schulz | 13.05.2014
    Studenten sitzen in einem Hörsaal der Universität Koblenz-Landau
    Das neue Ranking will neben der Forschung auch die Qualität von Lehre und Lernumfeld stärker berücksichtigen. (picture alliance / dpa / Thomas Frey)
    Stolze Zahlen sind das, die EU-Bildungskommissarin Androulla Vassiliou verkündet. Rund zwei Millionen Euro hat die EU für U-Multirank bislang springen lassen. Rund 850 Universitäten haben daran teilgenommen - Fortsetzung soll bereits 2015 folgen. Die Kommissarin freut sich über das neue Ranking:
    "Indem es gründliche Informationen und Ergebnisse liefert, die so noch nie zuvor in Europa oder weltweit veröffentlicht wurden, betritt dieses Ranking neuen Boden."
    "U-Multirank" will die Fehler der anderen vermeiden. Internationale Rankings wurden immer wieder kritisiert - unter anderem weil sie den Schwerpunkt fast nur auf exzellente Forschung gelegt hatten. Das neue Ranking will neben der Forschung auch die Qualität von Lehre und Lernumfeld stärker berücksichtigen. Weitere Kriterien: internationale Ausrichtung, regionales Engagement und Wissenstransfer. Die einschlägigen internationalen Ranglisten hatten sich meist auf bibliografische Daten gestützt, also etwa darauf, wie oft ein wissenschaftlicher Artikel zitiert wird. Dadurch waren vor allem angloamerikanische Hochschulen im Vorteil. Doch der wesentliche Unterschied zu den traditionellen internationalen Rankings ist: U-Multirank liefert keine eindeutige Rangliste, erklärt Frank Ziegele vom Centrum für Hochschulentwicklung, kurz CHE, das an der Umsetzung des Projekts maßgeblich beteiligt ist.
    "Zum ersten Mal wird die Vielfalt der unterschiedlichen Profile von Hochschulen in einem internationalen Kontext aufgezeigt. Deshalb lässt sich aus den Ergebnissen auch keine Top 100 oder Top 200 ermitteln. Hochschulen sind unterschiedlich, sie sind stark in unterschiedlichen Aspekten und Kategorien."
    Vorwurf: Rankings ökonomisieren die Bildung
    Jeder Interessierte kann sich so seine persönlichen Top Ten erstellen. 30 Indikatoren stehen zur Verfügung, etwa die Anzahl der Studenten, die ihren Master in Regelstudienzeit absolviert haben. Bis jetzt sind allerdings nur vier Fachbereiche, nämlich BWL, Maschinenbau, Elektrotechnik und Physik berücksichtigt. Doch auch wenn das neue Konzept ein deutlich differenzierteres Bild liefert als die Ranking-Konkurrenz - es bleibt die Frage, ob solche Vergleiche nicht eher schaden als nutzen. Wiederholt wurde von Studierendenvertretern, etwa vom FZS der Vorwurf erhoben, Uni-Rankings würden die Bildung ökonomisieren, also nur nach wirtschaftlichen Kriterien beurteilen. Doch dass ein solcher Vergleich notwendig ist, daran ließ Vassiliou keinen Zweifel.
    "Die Qualität der Hochschulbildung ist ein entscheidender Teil der Strategie der EU-Kommission, Europa wieder zu anhaltendem Wachstum zu verhelfen. Wir benötigen Informationen darüber, wie gut unsere Institute in verschiedenen Feldern aufgestellt sind. So können sie sich entwickeln und ihre spezifischen Stärken ausspielen."
    Erstellt wird das Ranking von einem unabhängigen Konsortium, das wird unter anderem geleitet vom CHE. Doch gerade das nationale CHE-Ranking war in den vergangenen Jahren wiederholt in die Kritik geraten, ganze Hochschulen boykottierten die Erhebung, vor allem aufgrund methodischer Mängel. Das CHE verkündet ungerührt auf seiner Internetseite nicht ohne Stolz: Das Konzept von U-Multirank orientiere sich in vielen Grundelementen eng an der CHE Methodik. Und in der Tat: Auch U-Multirank beruht zu einem Großteil auf Angaben, die von den jeweiligen Universitäten gemacht werden. Das ist bereits im nationalen Kontext problematisch - Kritiker, wie Kurt Deketelaere von der League of European Research Universities, einem Zusammenschluss forschungsstarker Hochschulen, bezweifeln zudem, dass die Daten länderübergreifend vergleichbar sind.