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"Hochschullandschaft nicht kaputtsparen"

Zum ersten Juli sollen die Brandenburgische Technische Universität Cottbus und die Hochschule Lausitz in einer neuen Universität aufgehen. Doch in der Lausitz regt sich heftiger Widerstand gegen die geplante Fusion. Nach einer Volksinitiative ist nun ein Volksbegehren gestartet.

Von Anja Kabisch | 11.04.2013
    Maja Wallstein legt am Infostand des Aktionsbündnisses "Volksbegehren Hochschulen erhalten" Flyer zurecht. Es ist der erste Tag des Volksbegehrens - den ganzen Tag über war sie unterwegs - in der Cottbuser Stadtverwaltung, hier können die Cottbuser für das Volksbegehren unterschreiben.

    "Morgens konnte man sehen, da waren vor allem die älteren Herrschaften da. In der Mittagspause haben sich tatsächlich die Damen aus den Ämtern oder aus den anderen Büros sich tatsächlich da eingefunden. Da lacht das Volkshochschulen-Erhalten-Herz natürlich sehr. "

    In rund 400 Brandenburger Rathäusern und Gemeindeverwaltungen können die Brandenburger gegen die Uni-Neugründung unterschreiben. Tatsächlich: Im Foyer des Cottbuser Rathauses hatte sich gestern Mittag bereits eine kleine Schlange gebildet. Augenscheinlich alles Unterstützer des Volksbegehrens, die längst dem Studentenalter entwachsen sind. Und dennoch gegen eine Uni-Neugründung sind:

    "Na klar. So kann man das nicht machen, einfach so zusammen schmeißen. Ohne Konzept. Und dann ist es ja so, die Technische Universität gilt irgendwo was. Sonst wären nicht so viele internationale Studenten hier am Ort. Ich kenne so viele von meinem Enkel, die das hier gemacht haben, hier gelernt haben. Haben gute Jobs gekriegt, nachdem es hieß, sie haben in Cottbus studiert an der BTU. Und das soll bleiben. Ich bin eigentlich von Natur aus schon gegen so selbstherrliche Pläne einer einsamen Ministerin. Allein das regt in mir schon und in vielen anderen den Unwillen."

    Der Protest gegen die Uni-Neugründung ist breit aufgestellt. Junge Frauen mit Babybauch, Kinder, Studenten, Senioren sind zum Altmarkt gekommen. Maja Wallstein vom Aktionsbündnis glaubt: Ihnen stößt das Wie der Neugründung auf:

    "Die Frage, wie darf Politik eigentlich sein: Top-Down-Entscheidungen. Fragezeichen? Oder eben wir nehmen die Leute mit und nicht gegen den Willen der Betroffenen. Das Volksbegehren hier ist vielleicht nur einer von ganz vielen Auslösern, wo die Leute sagen: Das geht so nicht weiter."

    Sogar der Cottbuser Postkutscher führt eine Besuchergruppe spontan zum Auftakt des Volksbegehrens - gibt ein Ständchen. Auf der Bühne immer wieder Wortbeiträge von Unterstützern des Volksbegehrens. Gekommen sind Landespolitiker, Professoren, Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, auch ein Sprecher der Brandenburgischen Studierendenvertretung.

    "Wir wollen, dass sich beiden Hochschulen weiterentwickeln können, weil wir beide Abschlussarten brauchen. Alle Konzepte, wo man versucht hat, Universitäten mit Fachhochschulen zu verschmelzen, sind in der Vergangenheit gescheitert. Man wird jetzt die Hochschule Senftenberg noch zehn Jahre aufrechterhalten, dann wird man sie irgendwie abwickeln. Ich würde sagen, dass die Autonomie der Hochschulen dadurch negativ beeinflusst wird. Es gibt Studierende, die wirklich Angst um ihr Studium haben, Angst, einen erfolgreichen Abschluss erringen zu können. Dann natürlich, dass das für uns ganz klar ein Sparmodell ist und diese Hochschullandschaft mehr Geld benötigt, anstatt kaputtgespart zu werden."

    Rund 400 Menschen haben sich in der Cottbuser Innenstadt versammelt. Nach einer Menschenkette auf dem Campus der Cottbuser Uni. Um zu zeigen: Wir wollen die BTU, wir wollen die Hochschule. Zugegeben - es sind weniger Menschen als bei vergleichbaren Protestveranstaltungen gegen die Uni-Neugründung. Doch der BTU-Präsident Walter Zimmerli zeigt sich dennoch zufrieden:

    "Wir haben bei der Menschenkette über 1000 Leute gehabt. Das ist für den zweiten Tag des Semesters eine erkleckliche Zahl. Ich rechne damit, dass das deutlich Schub kriegt und ich bin der Überzeugung, dass wir, wenn wir eine nächste Veranstaltung hier erleben, die doppelte Anzahl von Leuten haben werden, wenn die Sonne noch mitspielt."

    Den Schub wird das Volksbegehren brauchen: Bis zum 9. Oktober müssen 80.000 Unterschriften zusammenkommen. Dann muss sich der Brandenburger Landtag nochmals mit dem Thema beschäftigen. Am ersten Tag haben rund 200 Menschen unterschrieben, 200 Briefwahlanträge sind verschickt. Maja Wallstein ist nach dem Auftakt zuversichtlich:

    "Wir werden auch versuchen, möglichst schnell möglichst viele Stimmen zu bekommen. Schon ein Zeichen setzen: Hallo, wir werden das Volksbegehren höchstwahrscheinlich schaffen, liebe Landesregierung. Wir haben auch geplant, jedes Mal den Unterstützer der Woche zu küren, wo der Friseursalon oder das Footballteam oder Parteien das unterstützt haben. Wir sind ganz fest davon überzeugt, dass wir dieses Volksbegehren, dass das erfolgreich sein wird."