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Hochschulpakt in Hessen bedroht

Er galt als einmalig in Deutschland: der Hochschulpakt in Hessen. Der Vertrag wurde 2002 zwischen der Landesregierung und den zwölf hessischen Hochschulen geschlossen und sollte finanzielle Planungssicherheit bis 2005 bringen. Doch die Sparpläne der Landesregierung gefährden jetzt die Vereinbarung.

    Ein Beitrag von Ludger Fittkau

    Die Landtagsopposition, bestehend aus SPD, FDP und Grünen, und die Hochschulen werfen der Regierung Vertrauens- und Vertragsbruch vor. Die Sparpläne könnten den Hochschulpakt zur Makulatur werden lassen:

    Wir sind in der Situation, dass wir etwa eine Milliarde einsparen müssen und Institutionen bis zu einem Drittel und teilweise noch mehr Kürzungen bekommen.

    Da seien die 30 Millionen Euro, die die hessischen Hochschulen im nächsten Jahr einsparen müssten, doch zu verschmerzen - so Hessens Wissenschaftsminister Udo Corts. Für diese Position wird der CDU-Politiker allerdings nicht nur von der Landtags-Opposition kritisiert, sondern auch von den zwölf hessischen Hochschulen. Diese sehen den im Januar 2002 abgeschlossenen Pakt, der ihnen bis 2005 Planungssicherheit garantieren sollte, in Gefahr. Johann-Dietrich Wörner, Präsident der Technischen Universität Darmstadt:

    Tatsache ist natürlich, dass auch wir, als wir den Hochschulpakt abgeschlossen haben, davon ausgegangen sind, dass das, was dort geschrieben ist, während der gesamten Zeit des Paktes eingehalten wird. Und dort steht halt, dass die Hochschulen von Konsolidierungsbeiträgen und Erfolgsbeteiligungen freigestellt werden.

    So seien die hessischen Hochschulen im Vergleich mit anderen Universitäten im In-und Ausland nicht besonders gut ausgestattet, so der Präsident der Darmstädter TU. Im Vergleich mit anderen technischen Hochschulen in Europa und Amerika, mit denen man konkurriere, fehle es einfach an Geld für Labors und anderen Forschungseinrichtungen. Dies kann der Minister nicht bestreiten – doch gleichzeitig kann er sich auch nicht die Polemik gegen den liberalen Darmstädter Hochschulchef, der eigentlich Bauingenieur ist, verkneifen:

    Es ist selbstverständlich richtig, es gibt einen Investitionsrückstau. Fehler sind dort vielleicht viele Jahre vorher geschehen. Nur: Ein Professor für Bauingenieurwesen muss auch in der Lage sein, Zeitung zu lesen und muss in einer realen Welt leben, sprich: Er muss erkennen, in welcher Situation wir uns befinden. Wir befinden und sicher in einer der größten Krisen der Nachkriegszeit, wirtschaftlich.

    Für Minister Corts ist somit der Hochschulpakt, den neben dem Ministerpräsidenten Roland Koch noch seine Amtsvorgängerin, die FDP-Politikerin Ruth Wagner unterschrieben hatte, in wesentlichen Punkten nicht mehr verbindlich:

    Bei dem Hochschulpakt - ich habe ihn nicht verhandelt - war es schon in dem einen oder anderen Bereich abzusehen, dass (...) sowieso eine Gefährdung des Hochschulpaktes entstehen könnte.

    Zum Beispiel dadurch, dass sich aufgrund des aktuellen Lehrstellenmangels einfach viele Abiturienten einschreiben, die eigentlich lieber eine Lehre machen würden - und damit die Hochschulen verstopfen, so der Minister.

    Ein Instrument gegen einen solchen Missbrauch seien zum Beispiel die beschlossenen Langzeitstudiengebühren von 500 Euro nach dem 14. Semester:

    Das heißt, ich habe fast eine soziale Aufgabe, dem einen oder anderen einen Schubs zu geben: Überlege dir ins freie Berufsleben umzusteigen, weil das Studium vielleicht nicht mehr beendet wird.

    Der Darmstädter Uni-Präsident bleibt jedoch bei seiner Ablehnung von Studiengebühren. Selbst in Amerika seien damit die wirklich guten Hochschulen nicht zu finanzieren, so Johann-Dietrich Wörner. Und außerdem sei das Verbot von Studiengebühren sogar in der hessischen Landesverfassung festgeschrieben. Damit seien sowohl die geplanten 50 Euro Studiengebühren pro Semester als auch die 500 Euro nach dem 14. Semester verfassungswidrig:

    Ich gehe davon aus, dass es gegen beide auch rechtlichen Widerstand geben wird.