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Hochschulpolitik
AStA hat zunehmend Nachwuchsprobleme

Das politische Engagement bei jungen Menschen ist verflogen, das sagt eine repräsentative Befragung. Vor allem die Vertreter der Studierenden bekommen diese Lücke deutlich zu spüren: An vielen Hochschulen hat der AStA große Nachwuchssorgen.

Von Meriem Benslim | 15.11.2014
    An deutschen Hochschulen herrscht politische Eiszeit. Und das bereitet den Studierendenvertretungen großes Kopfzerbrechen. Denn für die Posten im Studentenausschuss finden sich Freiwillige nur mit großer Mühe, sagt Andreas Niegl. Der 24-Jährige ist im AStA-Vorstand der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf.
    "Je nach Referat kann das ziemlich schlimme Auswirkungen für den AStA haben. Bis hin zum Nichtfunktionieren. So etwas Wichtiges, wie zum Beispiel das Finanzreferat. Wenn man da niemanden für findet, und da haben wir auch sehr lange gesucht, ist der AStA in keiner Form befugt etwas zu tun."
    Dieses frustrierende Bild zeichnet auch eine Befragung der Universität Konstanz: seit der Jahrtausendwende sei die Politisierung der Akademiker auf einem Tiefpunkt angekommen. Besonders schlecht stehe es um das Engagement an den eigenen Hochschulen: dafür interessieren sich nur noch fünf Prozent. Das zeigt sich aber nicht nur bei der schwierigen Personalsuche.
    "Auch Veranstaltungen, die wir machen, sind leider sehr schlecht besucht. Sei es politische Info-Veranstaltungen, aber auch Kulturveranstaltungen. Das sind ja Möglichkeiten, dass Leute den AStA kennenlernen. Wenn niemand das frequentiert, ist das super schade."
    Keine Zeit mehr für Fragen
    Andreas Niegl sieht einen Grund dafür im stark verschulten Studiensystem. Da bleibe oft kaum Zeit für ein politisches Ehrenamt, meint seine Kollegin Anna Tenti, die auch im AStA-Vorstand in Düsseldorf aktiv ist.
    "Weil man nur seinen Credit-Punkten hinterherläuft und kaum noch lernt, Fragen zu stellen. Aber, dass vielleicht die Bedingungen daran Schuld sind, dass die Strukturierung vom Studium daran Schuld ist, das ist ein Schritt zu dem keiner mehr kommt. Das ist das Problem."
    Die 23-jährige Philosophiestudentin sieht aber noch eine weitere Hürde: Nicht jeder wisse, was politisches Engagement bedeute.
    "Politik ist vor allem das: was sind unsere Studienbedingungen, was sind die Zugangsbedingungen, wie können wir uns dafür einsetzen, dass mehr Leute Master-Plätze bekommen. Das ist alles politisch. Und das wird meistens nicht gesehen. Es geht um viel mehr als nur um meine eigene Situation, es geht um die Situation von allen anderen."
    Viele Studierende wollen vor allem mit guten Noten schnell durchs Studium kommen. Sie engagieren sich meist nur dann, wenn es einen positiven Effekt auf ihren Lebenslauf hat, glaubt Anna Tenti. Das sollte ihnen aber nicht zum Vorwurf gemacht werden.
    "Mich ärgert, dass die Schuld bei den Studierenden gesucht wird. Das Problem liegt eigentlich an den Studienbedingungen, auch an der Schule und Politik. Denn da, wo nicht gelehrt wird, wie man sich für sich selbst einsetzt, da kann auch keine eigene politische Meinung entstehen. Deshalb ist es für junge Menschen auch nicht erstrebenswert sich politisch zu engagieren."
    Über soziale Netzwerke mobilisieren
    Um die Solidarität füreinander zu wecken, wird in Düsseldorf auf den Fluren und in den Seminarräumen für ein Amt im AStA geworben.
    "Wir versuchen auch, viel über Facebook mit unseren Studierenden zu sprechen. Wir hängen echt sehr viele Plakate auf. Und versuchen mit denen zu sprechen. Wir hoffen, dass es über Mund zu Mund Propaganda vom einen zum nächsten kommt. Dass hier Leute sind, die sich für die studentischen Belange einsetzen."
    Ob es diesen Einsatz auch in Zukunft weiter geben wird, da ist Anna Tenti nicht sicher.
    "Weil es wenig Erstsemester gibt, die sich politisch interessieren. Und wenn das so weitergeht, haben wir halt in fünf Jahren kaum noch Leute, die sich hier engagieren wollen und dann ist der AStA hier nur noch halb so groß wie jetzt."