Sandra Pfister: Zur wissenschaftlichen Existenz gehört immer auch die Unsicherheit. Deutsche Nachwuchsforscher hangeln sich oft von Zeitvertrag zu Zeitvertrag und investieren erst einmal jahrelang in eine unsichere Karriere, die nur bei einer kleinen Spitzengruppe zur ersehnten Professur führt. Ex-Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn hatte deshalb, in sicher guter Absicht, eine Regelung eingeführt, die verhindern sollte, dass Wissenschaftler an der Uni so alt werden, dass sie hinterher in der freien Wirtschaft nicht mehr vermittelbar sind - die Zwölfjahresregelung.
Das heißt, Wissenschaftler dürfen maximal zwölf Jahre an der Hochschule beschäftigt sein, in ihrer Qualifizierungsphase, dann müssen sie einen Lehrstuhl erlangen, oder sich anderweitig verdingen. Die neue Bundesregierung ändert das jetzt ab und sagt, es muss mehr Möglichkeiten geben für Forscher, doch noch befristet an der Hochschule zu bleiben. Bernhard Kempen ist mir zugeschaltet, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes. Herr Kempen, sind Sie denn zufrieden mit dieser Regelung?
Bernhard Kempen: Frau Pfister, wir sind sehr zufrieden. Denn jetzt schickt sich die Bundesregierung an, eine Forderung des Deutschen Hochschulverbandes, die wir schon vor Jahren erhoben haben, zu befriedigen. Wir haben schon sehr früh darauf hingewiesen, dass diese Zwölfjahresregelung für junge Wissenschaftlerinnen und junge Wissenschaftler, insbesondere solche, die sich in Drittmittel-Forschungsprojekten befinden, alles andere als günstig ist. Es ist nicht einzusehen warum hier nach zwölf Jahren die Klappe fallen soll und wir sind froh, dass jetzt hier eine Änderung eintreten wird.
Pfister: Was konkret wird sich denn ändern?
Kempen: Es ist in Drittmittelprojekten eine Beschäftigung über diese Zwölfjahresregelung hinaus möglich. Und das kommt den Interessen der Drittmittelgeber entgegen, es kommt aber auch den Interessen der Hochschulen entgegen, die ja daran interessiert sein müssen, auch langfristige Projekte an den Hochschulen zu halten und durchzuführen, die daran interessiert sein müssen, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu beschäftigen, die hoch spezialisiert sind und die hier nicht nur innerhalb eines Zwölfjahresfensters, sondern darüber hinaus, eine Anstellung haben sollen.
Pfister: Noch ein kleiner Nebenaspekt ist der familienfreundliche Teil des Konzeptes.
Kempen: Auch das ist wichtig und richtig, auch das haben wir schon sehr früh gefordert. Wir müssen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die dürfen wir nicht nur in Sonntagsreden beschwören, sondern hier müssen Taten folgen. Das geschieht jetzt hier, indem die Bundesregierung erklärt, dass zu dieser Zwölfjahresregelung zwei Jahre pro Kind für junge Wissenschaftlerinnen hinzukommen können, so dass sich das dann auf 14, 16, 18 Jahre et cetera, verlängern kann. Wir sind allerdings der Meinung, man könnte auch ruhig darüber nachdenken, ob man aus den zwei Jahren nicht drei Jahre pro Kind macht, weil uns das fast realistischer vorkommt. Aber das ist eine Frage, über die man im Gesetzgebungsverfahren dann noch diskutieren wird.
Pfister: Die gesamte gesetzliche Neuerung kommt ja nun ganz klar dem akademischen Mittelbau zugute, also den Forschern, die noch keine Professur inne haben, oder die vielleicht auch nie eine bekommen werden. Ist das die wichtigste Weichenstellung für den Mittelbau, oder liegt da noch viel mehr im Argen?
Kempen: Es liegt einiges im Argen. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler finden in Deutschland leider keine idealen Arbeitsbedingungen vor. Unsere Bezahlung ist im Vergleich mit den Spitzenforschungsländern leider nicht besonders gut. Man müsste vielleicht sagen, sie ist eher schlecht - wenn Sie sich anschauen, welche Gehälter in den Vereinigten Staaten von Amerika bezahlt werden, dann sind wir schlichtweg nicht konkurrenzfähig und das ist das erste.
Das zweite ist, wir haben schlichtweg zu wenig Stellen. Die Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren, Habilitandinnen und Habilitanden, und auch alle anderen wissenschaftlichen Mitarbeiter, die an den Hochschulen beschäftigt sind, die schielen auf die Stellen, auf die sie später kommen wollen und da ist der Stellenkegel schlichtweg sehr schmal. Wir müssen hier mehr schaffen und mehr Stellen bereithalten, was ja auch deswegen sinnvoll ist, weil wir vor einer großen Herausforderung, allerdings auch Chance stehen, nämlich, dass wir wesentlich mehr Studierende zu bewältigen haben werden. Von daher wäre es an der Zeit, mehr Professorinnen- und Professorenstellen an den Universitäten zu schaffen.
Pfister: Und natürlich auch mehr Mittelbaustellen, denn die wurden ja in den letzten Jahren auch verstärkt gestrichen.
Kempen: Das gehört zusammen, das gehört aus unserer Sicht zusammen. Auch da müsste deutlich ausgebaut werden.
Pfister: Sie erwähnten die USA. Gerade eben, am vergangenen Wochenende, darüber haben wir berichtet, haben sich die German Scholars, also die deutschen Forscher in den USA, getroffen und wurden dort von den deutschen führenden Wissenschaftsorganisationen umworben, damit sie wieder nach Hause kommen. Wird das was jetzt geschieht, wird das reichen, um Deutschland wieder attraktiver zu machen für Forscher im Ausland?
Kempen: Das ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ich glaube, das wird nicht ausreichen. Wir müssen da noch mehr machen. Es ist ja schon bezeichnend, dass eine große private Industriestiftung große Geldbeträge zur Verfügung stellt, damit junge deutsche Forscher aus dem Ausland zurück geworben werden können, damit deren Gehalt hier in Deutschland aufgestockt werden kann. Das belegt ja sehr deutlich, dass wir offenbar mit unseren Bezahlungen, die wir hier in Deutschland leisten, nicht attraktiv sind, für junge Spitzenforscher. Da müssen wir schlichtweg besser werden. Wenn wir in Bildung investieren wollen, dann ist das der richtige Ansatzpunkt: Wir müssen hier Anreize schaffen, dass Deutschland als Forschungs- und Wissenschaftsstandort wieder attraktiver wird.
Pfister: Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, unter anderem zum neuen Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das im Frühjahr 2007 in Kraft treten soll. Vielen Dank, Herr Kempen.
Kempen: Gern geschehen.
Das heißt, Wissenschaftler dürfen maximal zwölf Jahre an der Hochschule beschäftigt sein, in ihrer Qualifizierungsphase, dann müssen sie einen Lehrstuhl erlangen, oder sich anderweitig verdingen. Die neue Bundesregierung ändert das jetzt ab und sagt, es muss mehr Möglichkeiten geben für Forscher, doch noch befristet an der Hochschule zu bleiben. Bernhard Kempen ist mir zugeschaltet, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes. Herr Kempen, sind Sie denn zufrieden mit dieser Regelung?
Bernhard Kempen: Frau Pfister, wir sind sehr zufrieden. Denn jetzt schickt sich die Bundesregierung an, eine Forderung des Deutschen Hochschulverbandes, die wir schon vor Jahren erhoben haben, zu befriedigen. Wir haben schon sehr früh darauf hingewiesen, dass diese Zwölfjahresregelung für junge Wissenschaftlerinnen und junge Wissenschaftler, insbesondere solche, die sich in Drittmittel-Forschungsprojekten befinden, alles andere als günstig ist. Es ist nicht einzusehen warum hier nach zwölf Jahren die Klappe fallen soll und wir sind froh, dass jetzt hier eine Änderung eintreten wird.
Pfister: Was konkret wird sich denn ändern?
Kempen: Es ist in Drittmittelprojekten eine Beschäftigung über diese Zwölfjahresregelung hinaus möglich. Und das kommt den Interessen der Drittmittelgeber entgegen, es kommt aber auch den Interessen der Hochschulen entgegen, die ja daran interessiert sein müssen, auch langfristige Projekte an den Hochschulen zu halten und durchzuführen, die daran interessiert sein müssen, junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu beschäftigen, die hoch spezialisiert sind und die hier nicht nur innerhalb eines Zwölfjahresfensters, sondern darüber hinaus, eine Anstellung haben sollen.
Pfister: Noch ein kleiner Nebenaspekt ist der familienfreundliche Teil des Konzeptes.
Kempen: Auch das ist wichtig und richtig, auch das haben wir schon sehr früh gefordert. Wir müssen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die dürfen wir nicht nur in Sonntagsreden beschwören, sondern hier müssen Taten folgen. Das geschieht jetzt hier, indem die Bundesregierung erklärt, dass zu dieser Zwölfjahresregelung zwei Jahre pro Kind für junge Wissenschaftlerinnen hinzukommen können, so dass sich das dann auf 14, 16, 18 Jahre et cetera, verlängern kann. Wir sind allerdings der Meinung, man könnte auch ruhig darüber nachdenken, ob man aus den zwei Jahren nicht drei Jahre pro Kind macht, weil uns das fast realistischer vorkommt. Aber das ist eine Frage, über die man im Gesetzgebungsverfahren dann noch diskutieren wird.
Pfister: Die gesamte gesetzliche Neuerung kommt ja nun ganz klar dem akademischen Mittelbau zugute, also den Forschern, die noch keine Professur inne haben, oder die vielleicht auch nie eine bekommen werden. Ist das die wichtigste Weichenstellung für den Mittelbau, oder liegt da noch viel mehr im Argen?
Kempen: Es liegt einiges im Argen. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler finden in Deutschland leider keine idealen Arbeitsbedingungen vor. Unsere Bezahlung ist im Vergleich mit den Spitzenforschungsländern leider nicht besonders gut. Man müsste vielleicht sagen, sie ist eher schlecht - wenn Sie sich anschauen, welche Gehälter in den Vereinigten Staaten von Amerika bezahlt werden, dann sind wir schlichtweg nicht konkurrenzfähig und das ist das erste.
Das zweite ist, wir haben schlichtweg zu wenig Stellen. Die Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren, Habilitandinnen und Habilitanden, und auch alle anderen wissenschaftlichen Mitarbeiter, die an den Hochschulen beschäftigt sind, die schielen auf die Stellen, auf die sie später kommen wollen und da ist der Stellenkegel schlichtweg sehr schmal. Wir müssen hier mehr schaffen und mehr Stellen bereithalten, was ja auch deswegen sinnvoll ist, weil wir vor einer großen Herausforderung, allerdings auch Chance stehen, nämlich, dass wir wesentlich mehr Studierende zu bewältigen haben werden. Von daher wäre es an der Zeit, mehr Professorinnen- und Professorenstellen an den Universitäten zu schaffen.
Pfister: Und natürlich auch mehr Mittelbaustellen, denn die wurden ja in den letzten Jahren auch verstärkt gestrichen.
Kempen: Das gehört zusammen, das gehört aus unserer Sicht zusammen. Auch da müsste deutlich ausgebaut werden.
Pfister: Sie erwähnten die USA. Gerade eben, am vergangenen Wochenende, darüber haben wir berichtet, haben sich die German Scholars, also die deutschen Forscher in den USA, getroffen und wurden dort von den deutschen führenden Wissenschaftsorganisationen umworben, damit sie wieder nach Hause kommen. Wird das was jetzt geschieht, wird das reichen, um Deutschland wieder attraktiver zu machen für Forscher im Ausland?
Kempen: Das ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ich glaube, das wird nicht ausreichen. Wir müssen da noch mehr machen. Es ist ja schon bezeichnend, dass eine große private Industriestiftung große Geldbeträge zur Verfügung stellt, damit junge deutsche Forscher aus dem Ausland zurück geworben werden können, damit deren Gehalt hier in Deutschland aufgestockt werden kann. Das belegt ja sehr deutlich, dass wir offenbar mit unseren Bezahlungen, die wir hier in Deutschland leisten, nicht attraktiv sind, für junge Spitzenforscher. Da müssen wir schlichtweg besser werden. Wenn wir in Bildung investieren wollen, dann ist das der richtige Ansatzpunkt: Wir müssen hier Anreize schaffen, dass Deutschland als Forschungs- und Wissenschaftsstandort wieder attraktiver wird.
Pfister: Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, unter anderem zum neuen Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das im Frühjahr 2007 in Kraft treten soll. Vielen Dank, Herr Kempen.
Kempen: Gern geschehen.