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Hochwasser und schmelzende Gletscher

Zum inzwischen vierten Mal findet der Extremwetter-Kongress statt, der genau genommen eine Klimakonferenz ist. Denn Hochwasser, Wirbelstürme oder Trockenheit sind zwar Naturereignisse, aber die Zahl und die Heftigkeit des außergewöhnlichen Wettergeschehens nimmt zu und daran, so die Ansicht vieler Fachleute, ist der Mensch Schuld durch die Produktion von Treibhausgasen, die das Klima ändern.

Von Christina Selzer |
    Die Lage ist nach Ansicht der Klimaforscher dramatisch. Mojib Latif, Professor am Leibnitz-Institut für Meeresforschung in Kiel mahnt vor den Veränderungen:

    "Eis schneller als wir es in den Modellen gesehen haben. Aber Tatsache ist, dass wir das Gegenteil von dem tun, was man müsste. CO2 ist viel höher als das was wir in den Tabellen zugrunde gelegt haben, der eigentliche worst case ist noch gar nicht berechnet."

    Zwar sind die Forscher noch nicht sicher, ob der Mensch für die Erderwärmung verantwortlich ist, oder ob es sich um natürliche Veränderungen handelt. Aber dass es wärmer wird, wird nicht bezweifelt. Hans Oerter vom Alfred Wegener Institut in Bremerhaven beschäftigt sich mit den Gletschern auf Grönland. Die Ergebnisse seiner Forschung zeigen: Das Eis verschwindet nach und nach.

    "Wirklich negativ an der Bilanz ist, dass die Eisströme schneller geworden sind. Es wird mehr feste Eismasse ins Meer abgeführt."

    Das bezieht sich auch auf die Gletscher im alpinen Raum. Und ein Blick in die Antarktis zeigt, dass die Bilanz auch dort negativ ist. Es wird mehr Eismasse ins Meer abgeführt, wie Rüdiger Gerdes vom Alfred-Wegener-Insitut erläutert:

    "Der Rückgang der Meereisbedeckung rund um den Nordpol wird eine Größenordnung wie 2007/2008 erreichen. Die geringe Eisausdehnung liegt daran, dass wir im europäischen Sektor das Eis relativ weit zurückgedrängt haben."

    Doch nicht nur die Eisschmelze ist dafür verantwortlich, dass der Meeresspiegel weltweit ansteigt. Entscheidend ist auch, dass das Wasser wärmer wird, und sich dadurch ausdehnt: Warmes Wasser braucht mehr Platz als kaltes, sagt Mojib Latif:

    "Falls sich der Golf- und Nordatlantikstrom weiter erwärmen sollte, würde sich die Nordsee weiter heben. In unseren Berechnungen für bis 2100 haben wir herausgefunden, dass nur diese beiden Prozesse für die Nordsee einen halben Meter Anhebung bedeuten, ohne dass ein Stück geschmolzen wäre."

    Deshalb müsse gehandelt werden, so die Forderung der Forscher. Und jeder könne etwas dazu beitragen, indem er erneuerbare Energien nutze. Dabei soll aber niemand auf die Annehmlichkeiten des modernen Lebens verzichten, stellt Latif klar: Denn ein großes Missverständnis sei, Klimaschutz bedeute eine Einschränkung der Lebensweise.

    "Es geht nicht darum den Wohlstand zurückzuschrauben, es geht auch ums Portemonnaie. Rechnen sie das mal, wenn sie ein kleines Autos fahren. Da sparen sie viel Geld. Klimaschutz bringt Spaß! Und das müssen wir den Leuten kommunizieren."

    Der wichtigste Schritt im Kampf gegen die Erderwärmung ist genügend Geld dafür bereitzustellen, so die Forderung von Mojib Latif aus Kiel: Auf keinen Fall dürfe die derzeitige Wirtschaftskrise den Klimaschutz verdrängen. Im Vergleich zu den Kosten der Konjunkturpakete sei der Stopp des Klimawandels vergleichsweise günstig zu haben. Nur 20 Milliarden Euro pro Jahr an Investitionen würden ausreichen. Das derzeitige Konjunkturpaket sei dagegen nicht in die Zukunft gerichtet, sondern stütze nur alte Technologien.