Wir haben heute leider nur noch 15 Prozent der ehemaligen Überflutungsflächen am Rhein, dieser Mangel macht sich natürlich bei Hochwasser bemerkbar. Es ist allerdings auch nur ein Teil, der sozusagen dadurch wieder zurückgebracht werden kann durch diese Maßnahmen, Hochwasser sind und bleiben natürlich,...
...erläutert Anne Schulte-Wülwer-Leidig – Stellvertretende Geschäftsführerin der Internationalen Rheinschutz-Kommission IKSR – fügt aber gleich hinzu, dass zukünftig natürlich neue Überflutungsflächen geschaffen werden – was wegen der dichten Besiedlung nicht einfach ist.
Man versucht nichtbesiedelte Flächen zu nehmen für die Rückhalteräume, in einigen Fällen mag es sein, dass ein oder zwei oder drei Gehöfte ausgesiedelt werden, aber wenn Sie auf der anderen Seite sehen zum Beispiel für die Braunkohle werden ganze Dörfer ausgesiedelt, und ich denke mir, um hier etwas für die Solidargemeinschaft zu machen, sollte man hier Möglichkeiten finden.
Hochwasserschutz ist teuer: 12,4 Milliarden Euro geben die Rheinanlieger bis 2020 für den "Aktionsplan Hochwasser" aus. Ihr Ziel: Die Spitzenpegel sollen um 70 Zentimeter sinken. Teil des Aktionsplans sind die schon angesprochenen Rückhalteflächen, die zu finden in manchen Regionen allerdings fast unmöglich ist – eine Situation wie vor 100 Jahren wird es nicht wieder geben. Als weitere Variante werden höhere Deiche diskutiert. Für Anne Schulte-Wülwer-Leidig sind sie aber der falsche Weg.
Also das Probleme höhere Deiche ist natürlich genau das, was wir nicht brauchen. Dadurch wird das Hochwasserproblem stromabwärts verlegt und dort sind größere Auswirkungen.
Ein Problem, das bei den Hochwassern Mitte der 90er Jahre sehr deutlich wurde: Der Rhein trat in den Niederlanden am stärksten über die Ufer. Als zweites Bollwerk beim Kampf gegen Überflutungen sieht die Internationalen Rheinschutz-Kommission die Eigenbeteiligung der Bürger.
Die Natur kennt keine Schäden, die Schäden sind durch den Menschen gemacht, es ist ja sehr viel gebaut worden, es gibt Gewerbegebiete, es gibt Städte, hier entstehen die Schäden bei Hochwasser. Wir möchten, dass die Bevölkerung um diese Gefahren weiß, dass es auftreten kann und dass sie in gewisser Weise auch selbst Vorsorge leisten kann: Wenn man nahe am Rhein wohnt, dass man nicht unbedingt das Erdgeschoss oder den Keller nutzt, wo eben häufig Überschwemmungen auftreten.
Hochwasserkompatibles Bauen heißt in diesem Zusammenhang das Stichwort. In Köln beispielsweise werden seit geraumer Zeit Ölheizungen in überschwemmungsgefährdeten Häusern aus den Kellern in obere Stockwerke verlegt. Grund: Die Mischen aus Heizöl und Rheinwasser wirkt sich verheerend auf die Bausubstanz aus. Bleibt eigentlich nur noch die Frage nach präzisen Prognosen. Wann kommt das nächste Hochwasser?
Wer weiß das? Es kann – auch wenn es selten ist – immer und überall auftreten. Also diese Prognose wird niemand machen, es ist immer möglich, das muss man der Bevölkerung sagen, und auch, dass wir uns nicht vor jedem Restrisiko schützen können.