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Hören Elefanten auch mit den Füßen?

Biologie. - Elefanten, die größten Landsäugetiere der Erde, verbringen 15 bis 18 Stunden am Tag mit dem Fressen von Grünzeug. Das wird in Afrika allmählich zu einem Problem: Hier haben sich die einst gefährdeten Dickhäuter so vermehrt, dass sie auf Nahrungssuche die Nähe des Menschen nicht mehr scheuen und zunehmend auch Farmland verwüsten. Akustische "Elefantenscheuchen" könnten die gefräßigen Dickhäuter vom Ackerland fernhalten. Dazu müssen die Biologen aber erst einmal die Sprache der Elefanten verstehen.

Von Kristin Raabe |
    Laut sind Elefanten nur selten. Eigentlich begegnen sie einem meistens ziemlich schweigsam. Aber der Schein trügt: Der Elefantentratsch spielt sich im für Menschen unhörbaren Infraschallbereich ab. Das sind besonders tiefe Töne mit Frequenzen um die zehn Hertz. Für das menschliche Ohr sind schon Töne unter 15 Hertz nicht mehr hörbar. Diese tiefen Frequenzen können Elefanten nur erzeugen, weil sie so groß sind: Ihre Stimmbänder sind länger und ihr Resonanzkörper verfügt über entsprechend mehr Volumen, was auch einen Kontrabass viel tiefer als eine Violine klingen lässt. Mit speziellen Geräten können Elefantenforscher wie Caitlin O'Connell-Rodwell die Rufe der Elefanten hörbar machen und untersuchen:

    Ich war gerade dabei, in Namibia die Warnrufe der Elefanten aufzunehmen und sie ihnen wieder vorzuspielen, als mir etwas ungewöhnliches auffiel: Manchmal blieben vier oder fünf Tiere wie erstarrt stehen. Sie beugten sich nach vorne und hoben dann oft einen Fuß hoch, setzten ihn wieder ab, gingen ein paar Schritte bis sie erneut erstarrten. Mir kam es so vor, als untersuchten sie mit ihren Füßen irgendwie den Boden. Dann fiel mir auf, dass dieses seltsame Verhalten immer dann auftrat, wenn sehr weit entfernt eine Herde ankam oder Jeeps vorbeifuhren. Das sind alles seismische Ereignisse, die sich über große Entfernungen über den Boden übertragen. Ich dachte mir, vielleicht nehmen Elefanten diese Vibrationen im Boden wahr.

    Seither verfolgt die Forscherin von der kalifornischen Stanford Universität diese Theorie. Bei Untersuchungen im Oakland-Zoo in Kalifornien stellte sie fest, dass sich die tiefen Lautäußerungen der Elefanten mehr als zwei Kilometer weit über Bodenwellen ausbreiten. In ihrem natürlichen Lebensraum, in Namibia, können die Elefantenrufe sogar bis zu 40 Kilometer weit über den Boden übertragen werden. Auf diese Weise könnte eine Elefantenherde eine andere Herde vor einer Gefahr warnen, obwohl sie längst außer Rufweite ist. Die Empfänglichkeit der Elefanten für Bodenschwingungen erklärt allerdings auch, warum sie Wasserquellen über große Entfernungen aufspüren können und Savannenbrände sehr frühzeitig wahrnehmen. Ob Elefanten Vibrationen im Boden tatsächlich auch zur Kommunikation nutzen, hat Caitlin O'Connell-Rodwell kürzlich untersucht.

    Wir spielten den Elefanten Warnrufe vor. Dazu benutzten wir so genannte Autoshaker. Diese Geräte werden normalerweise eingesetzt um den Sitz eines Wagens im Rhythmus der Musik zu bewegen. Sie eignen sich allerdings auch hervorragend dazu, um Elefantenrufe in Vibrationen zu übersetzten und auf den Boden zu übertragen. Wir haben dann beobachtet, wie die Elefanten auf diese lediglich durch den Boden übertragenen Warnrufe reagieren.

    Vor allem die Weibchen reagierten auf die Vibrationen im Boden. Die Elefantenbullen erschienen dagegen desinteressiert. Sie gelten allerdings auch bei der normalen Elefantenkommunikation als relativ schweigsam. Vielleicht fehlt ihnen einfach der Sinn für Vibrationswahrnehmung. Auf welche Weise Elefanten Bodenschwingungen registrieren, untersucht die Biologin gerade in Namibia.

    Der Elefantenrüssel ist unglaublich empfindlich. In der freien Wildbahn benutzen sie ihn beispielsweise, um ein totes oder krankes Tier abzutasten. Sie erspüren dann, ob der Körper noch vibriert, weil das Herz schlägt oder die Atmung noch funktioniert. Auf ähnliche Weise setzten sie ihren Fuß ein. Wir müssen noch herausfinden, wie empfänglich sie tatsächlich für Vibrationen sind und wie sie solche Wahrnehmungen verarbeiten. Haben sie dafür spezielle Sinneszellen? Oder werden die Vibrationen einfach über ihr Skelett übertragen? Ihr Knochenbau würde sich dafür hervorragend eignen. Das würde bedeuten, das sich die Vibrationen im Boden über ihr Skelett von den Füßen bis zu den Ohren ausbreiten.

    Wenn Caitlin O'Connell-Rodwells Theorie stimmt, dann würde das vor allem eins bedeuten: Elefanten hören mit den Füßen.