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Hoffen auf den Gewinn

Im Rahmen einer gemeinsamen Initiative von Bund und Ländern sollen diejenigen Universitäten ausgezeichnet werden, die besonders innovative und nachhaltige Forschungsprojekte auf den Weg gebracht haben und damit auch dem wissenschaftlichen Nachwuchs eine Perspektive aufgezeigt haben. Wer Exzellenz-Uni ist, bekommt zusätzliche Fördergelder. Auch in Konstanz macht man sich große Hoffnungen auf den Titel.

Von Thomas Wagner | 18.10.2007
    Baulärm zum Semesterstart: Der Eingangsbereich ist komplett eingerüstet. Die Handwerker geben sich Mühe, dass alles viel schöner wird. Dabei ist es alles andere als ein Schönheitswettbewerb, an dem sich die Universität Konstanz beteiligt. Viele können es kaum erwarten, bis es endlich Freitag wird.

    "Da geht's um die Entscheidung, ob's eine Elite-Uni wird oder ob's eine normale 'Volks-Universität' bleibt. Exzellenz-Initaitive, nennt sich das so.?"

    Nennt sich in der Tat so. Und Paul Sponi, der in Konstanz englische und amerikanische Literatur studiert, hofft wie viele an der Uni Konstanz, dass es in der zweiten Runde mit dem Titel "Exzellenz-Uni" klappt.

    "Es ist schon wichtig insofern, als dass man dann den Abschluss hat von einer guten Uni, die einen guten Ruf hat und man sich dann bei eventuellen Bewerbungen mit diesen Prestigetitel ein paar Extrapunkte herausholen kann. Es wird vom Studieren her vielleicht ein bisschen aufwändiger und intensiver werden, weil dann halt auf Qualität Wert gelegt wird, also mehr Wert, als es jetzt vielleicht im Moment der Fall ist."

    Doch jetzt schon gibt sich die Universität Konstanz alle Mühe, durch hohe Qualität in Forschung und Lehre den Exzellenzkriterien Rechnung zu tragen. Wer sich davon überzeugen will, braucht vom Eingangsbereich gerade mal fünf Gehminuten ins Büro des Konstanzer Politik- und Verwaltungswissenschaftlers Professor Wolfgang Seibel. Ganz oben auf seinem Schreibtisch liegt ein Buch, das ins Auge fällt: "Sebrenica" - hier wird eines der schlimmsten Massaker im früheren Jugoslawien geschildert.

    "Die Tatsache , dass hier eine UN-Schutzzone überrannt werden konnte und dass rund 8000 Jungen und Männer dort abgeschlachtet wurden, das ist doch ein Fanal für die jüngere europäische Geschichte. Und wenn es passiert, dann muss man nach den Ursachen dafür suchen, um so etwas nach Möglichkeit nicht mehr geschehen zu lassen."

    Und nach diesen Ursachen sucht Professor Wolfgang Seibel zusammen mit vielen Konstanzer Kollegen im Rahmen des Forschungsprojektes "Kulturelle Grundlagen von Integration" - ein Forschungsprojekt, das bereits im vergangenen Jahr als Exzellenzcluster ausgezeichnet wurde. Nun ist das Projekt wichtiger Baustein auf dem Weg zur Exzellenz-Uni. Konstanz hat sich dort in der Kategorie "Zukunftsprojekte" beworben. Und zukunftsträchtig erscheint die Arbeit im Exzellenz-Cluster "Kulturelle Grundlagen von Integration" auf jeden Fall.

    "Also man kann durch einen solchen sehr weitgesteckten historischen Vergleich sehr vieles zu Tage fördern über grundlegende Formen, grundlegende Herausforderungen der politischen Organisation, der politischen Befriedung, so dass man auch tatsächlich davon ausgehen kann, aus der Geschichte zu lernen."

    Diese zukunftsträchtige Zielsetzung eines geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschungsprojektes geht Hand in Hand mit der Art der Interdisziplinarität: Historiker, Politikwissenschaftler, Soziologen, Juristen, ja auch Literatur- und Sprachwissenschaftler sind daran beteiligt - Interdisziplinarität, wie sie ganz generell für Konstanz typisch ist. Dort nämlich wurde eine reine Campus-Universität errichtet. Ob Geistes-, Sozial- oder Naturwissenschaften - alle Fachrichtungen befindet sich in unmittelbarer Nähe zueinander. Und das ist ein zukunftsweisendes Konzept, findet Professor Gerhart von Graevenitz, Rektor der Universität Konstanz:

    "Da haben wir einen unheimlichen Platzvorteil, weil wir keine Zeit vertun mit durch die Stadt reisen, bis sich die Fächer treffen. Die Chemiker, die Biologen liegen Tür an Tür. Die gehen einfach zum Nachbarn rüber."

    Begünstigt wird die interdisziplinäre Zusammenarbeit durch eine zukunftsweisende Struktur: Konstanz hat als eine der ersten Unis überhaupt das alte System der Fakultäten aufgelöst und stattdessen die Fachbereiche in drei Sektoren für Sozial-, Geistes- und Naturwissenschaften aufgeteilt. Innerhalb dieser Sektoren fällt die Ausrichtung von interdisziplinären Projekten erheblich leichter; Streitigkeiten zwischen Fakultäten über Fördergelder, Projektleitung und inhaltliche Ausgestaltung sollen damit vermieden werden. Davon, so sieht es das Konstanzer Zukunftskonzept vor, profitieren auch die Nachwuchswissenschaftler:

    "Wenn die früh in grenzüberschreitenden Projekten arbeiten, dann sind sie natürlich für Kooperationen ganz anders sozialisiert wie diejenigen, die in klassisch getrennten Instituten groß geworden sind."

    Fächerübergreifendes Lernen ist auch wichtiges Element in den beiden Graduiertenschulen "Chemische Biologie" und "Multidisziplinäre Analyse sozialer Probleme", die in Konstanz eingerichtet wurden; letztere ist wiederum mit dem Exzellenz-Cluster verknüpft. Ob das alles reicht, um Exzellenz-Uni zu werden? Der Konstanzer Uni-Rektor Gerhart von Graevenitz ist, wenn er in seinen Kühlschrank blickt, Optimist und Realist zugleich:

    "Da sind ein paar Flaschen Sekt und ein paar Flaschen Magenbitter drin - je nach Lage."