Donnerstag, 18. April 2024

Archiv


Hoffnung auf Versöhnung

24. April 1915. Dieser Tag gilt als der Beginn der Gräueltaten an den Armeniern, als Auftakt der blutigen Vertreibung der Armenier durch türkisches Militär. Armenien und die Türkei – das Verhältnis könnte sich nun endlich entspannen: Die Schweiz hat vermittelt, der amerikanische Präsident hat diplomatischen Druck ausgeübt.

Von Ullrich Pick | 24.04.2009
    Ullrich Pick erzählt uns, an welchem Punkt der gemeinsamen Geschichte
    Armenier und Türken angekommen sind.

    Hinweis: Den Beitrag können Sie bis mindestens 24. Oktober 2009 als Audio-on-demand abrufen.


    Abmoderation des Beitrages:
    Ulrich Pick berichtete und er nannte den Namen Hrant Dink. Der armenisch-türkische Schriftsteller, der sich für die Aussöhnung einsetzte, hat das Tauwetter nicht mehr erlebt – weil er am 19. Januar 2007 auf offener Straße erschossen wurde. Vor dem Gebäude der Wochenzeitung "Agos", in der Hrant Dink wenige Tage vor seinem Tod einen Text veröffentlichte über Bleiben oder Gehen. Die Zeitungskolumne von Hrant Dink trug den Titel:

    "Meine Seele ist furchtsam wie eine Taube":
    "Aber wenn wir uns entscheiden sollten zu gehen – wohin sollten wir gehen? Nach Armenien etwa? Jemand wie ich, der Unrecht nicht ertragen kann, wie sollte der sich mit dem dortigen Unrecht abfinden? Hätte ich mich damit nicht in noch größeres Unglück gestürzt? In ein europäisches Land zu ziehen, das wäre auch nicht mein Ding. Wenn ich drei Tage im Westen wäre, würde ich am vierten Tag schon heimkehren wollen, was soll ich da also? Die Ruhe hätte mich zugrunde gerichtet. Von der "brodelnden Hölle" in den "bereitstehenden Himmel" zu fliehen, das passt einfach nicht zu mir. Wir gehören zu den Menschen, die aus ihrer Hölle ein Himmelreich machen wollen. In der Türkei zu bleiben und dort zu leben, das gebietet auch der Respekt vor den tausenden Menschen, die in der Türkei für Demokratie kämpfen, die uns unterstützt haben und die uns Freunde sind – ob wir sie kennen oder nicht. Wir wollen bleiben und kämpfen. Wenn wir eines Tages zum Gehen gezwungen sein sollten, dann würden wir so gehen, wie sie 1915 gingen... Wie unsere Vorfahren... Ohne zu wissen, wohin wir gehen... Auf den Straßen, auf denen auch sie gingen... Ihre Schmerzen fühlend, ihre Qual durchlebend...Nur so würden wir unser Land verlassen... Und wo wir hingehen würden, da würden uns nicht unsere Herzen, sondern nur unsere Füße hintragen. Wo immer das auch wäre."

    (Hrant Dink, Meine Seele ist furchtsam wie eine Taube, Kolumne, erschienen in der Zeitschrift Agos. 10. Januar 2007, Istanbul)