Archiv


Hoffnung für die Kommunen?

Das Scheitern der Regierungskommission zur Reform der Gemeindefinanzen war absehbar. Seit gut einem Jahr wird getagt, verhandelt und nicht zuletzt gerechnet. In der Grundfrage aber waren sich die beiden Hauptkontrahenten – die Spitzenvertreter der kommunalen Verbände sowie die Wirtschaftsverbände - die gesamte Zeit über nicht näher gekommen: nämlich wie kann den klammen Kommunen geholfen werden, wie können ihre in den letzten Jahren dramatisch weggebrochenen Einnahmen vor allem bei der Gewerbesteuer wieder stabilisiert werden.

Jörg Münchenberg |
    Das Scheitern der Regierungskommission zur Reform der Gemeindefinanzen war absehbar. Seit gut einem Jahr wird getagt, verhandelt und nicht zuletzt gerechnet. In der Grundfrage aber waren sich die beiden Hauptkontrahenten – die Spitzenvertreter der kommunalen Verbände sowie die Wirtschaftsverbände - die gesamte Zeit über nicht näher gekommen: nämlich wie kann den klammen Kommunen geholfen werden, wie können ihre in den letzten Jahren dramatisch weggebrochenen Einnahmen vor allem bei der Gewerbesteuer wieder stabilisiert werden.

    Bis zuletzt hatte Finanzminister Hans Eichel noch auf ein kleines Wunder und einen konsensfähigen Ansatz aus der Kommission heraus gehofft. Heute jedoch, am letzten Sitzungstag, ging das Gremium ohne einen Kompromiss auseinander. Im August will die Regierung nun einen eigenen Gesetzesvorschlag zur Reform der Gemeindefinanzen unterbreiten, der sich mehr oder weniger an den Vorschlägen der Kommunen orientieren wird. Details ließ Finanzminister Hans Eichel heute aber bewusst offen:

    Hier hat es eine Reihe von Einwänden gegeben, aber auch eine Reihe von Vorschlägen. Und selbstverständlich werden sie alle im Rahmen der Gesetzgebungsarbeit entsprechend gewürdigt. Auch unter Beteiligung aller derjenigen, die in der Gemeindefinanzreform mitgearbeitet haben.

    Vor gut einem Jahr klang das noch ganz anders – als im Frühjahr 2002 die Kommission zum ersten Mal zusammentrat, waren die Hoffnungen auf einen Kompromiss nicht unberechtigt, denn zumindest in einem herrschte bei Parteien, Verbänden und Lobbyisten große Einigkeit: die finanzielle Situation der Kommunen ist untragbar.

    Denn die Gewerbsteuer, immer die zweitwichtigste Einnahmequelle von Städten und Gemeinden, ist extrem konjunkturanfällig und wurde über die Jahre durch diverse Ausnahmeregelungen ausgehöhlt. Die Konsequenz: 1999 beliefen sich die Gewerbesteuereinnahmen noch auf 27 Milliarden Euro – vier Jahre später ist dieser Betrag auf 16,4 Milliarden Euro zusammengeschrumpft. Die Folgen dieser Entwicklung, so Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des deutschen Städtetages seien so dramatisch,

    Dass im Jahr 2003 die städtischen Haushalte auf dem Einnahmeniveau von 1993 gefahren werden; dass die Personalausgaben in diesem Jahr eine Milliarde unter denen von 10 Jahren liegen; dass in den Städten 500 000 Arbeitsplätze abgebaut worden sind, dennoch haben die Kommunen in diesem Jahr eine Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben von 10 Milliarden Euro. Das bedeutet, sie können die Kindergärten nicht ausbauen. Das bedeutet, sie können in die Krankenhäuser nicht investieren. Die Schulen sind in einem verheerenden Zustand. Das bedeutet, das Vereine nicht mehr gefördert werden können und das Beratungsstellen abgebaut werden.

    Deshalb war die Aufgabe der Kommission klar abgesteckt. Doch sehr früh legten die Wirtschaft auf der einen sowie die kommunalen Spitzenverbände auf der anderen Seite ihre Positionen fest, wie die Finanznot von Städten und Gemeinden beseitigt werden könnte. Diese Fronten prägten fast die gesamte Kommissionsarbeit sowie die zahllosen Sitzungen der an die Kommission angeschlossenen Arbeitskreise. Im Mittelpunkt standen dabei nicht zuletzt umfangreiche und komplizierte Rechenmodelle, die die finanziellen Auswirkungen der beiden Vorschläge möglichst genau beziffern sollten.

    Da ist zum einen der Vorschlag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Danach soll die Gewerbesteuer abgeschafft, im Gegenzug aber den Kommunen ein eigenes Hebesatzrecht auf die Körperschafts- und Einkommenssteuer eingeräumt werden. Im Klartext: Städte und Gemeinden legen selbst die steuerlichen Zuschläge fest, die sie von den Bürgern und Unternehmen kassieren wollen. Zu den Vorteilen dieses Ansatzes, Klaus Bräunig, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung:

    Die Vorteile sind erstens eine höhere Transparenz von Bürgern und Unternehmen, welchen Beitrag die Gesellschaft zur Finanzierung ihrer kommunalen Infrastruktur, ihrer kommunalen Leistungen beiträgt. Der nächste Vorteil, dass wir eine Verstetigung der kommunalen Einnahmen erwarten.

    Die Kommunen sehen das freilich ganz anders. Hier heißt es, der Vorschlag des BDI würde zu erheblichen Mehrbelastungen für die Länder führen – dies hätten entsprechende Berechnungen des zuständigen Arbeitskreises Kommunalfinanzen innerhalb der Kommission ergeben – ein Vorwurf, den der BDI freilich bestreitet.

    Das einzige, was sich verschiebt, sind die Anteile, die die Unternehmen zu den jeweiligen Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden beitragen. Sie reduzieren aber nicht ihre Gesamtbelastung gegenüber dem Staat, wie es die kommunalen Spitzenverbände insinuieren, indem sie nur auf die Anteile an der Gemeindefinanzierung hinweisen.

    Doch ohnehin setzt die Hauptkritik der Kommunen an einem anderen Punkt an – ein kommunaler Wettbewerb um den niedrigsten Hebesatz auf Körperschafts- und Einkommenssteuer werde in der Praxis schlicht nicht funktionieren, betont Städtetags-Hauptgeschäftsführer Articus. Denn die großen Städte und Ballungszentren hätten andere Aufgaben zu erfüllen als die Städte im Umland, etwa was die Versorgung mit Kultur- und Bildungsangeboten angeht. Ein Beispiel:

    Die Bürger von Bergisch Gladbach reiben sich die Hände, freuen sich, dass sie diese Infrastruktur nicht mitbezahlen und nutzen sie nicht weniger als die Kölner, die sie bezahlen. Und darüber gibt es auch Berechnungen aus der Arbeitsgruppe Quantifizierung, dass nämlich die Zentren der Ballungsräume - also die Städte, die wir im besonderen Maße im Auge haben bei dieser Debatte – das die durchschnittlich 23 Prozent überdurchschnittliche Zuschläge auf die Einkommenssteuer machen müssen, um die Gewerbesteuerverluste auszugleichen und die Städte im Umland 17 Prozent unter dem Durchschnitt.

    Das steuerliche Gefälle zwischen Zentrum und Umland sei nicht akzeptabel, heißt es auf kommunaler Seite. Doch auch die Wirtschaftsverbände haben das Problem erkannt und plädieren deshalb für Kompensationszahlungen im Rahmen des bereits bestehenden kommunalen Finanzausgleichs zwischen Ballungsstädten und Speckgürtel. Darüber hinaus, so Breunig vom BDI, gebe es schon heute Wettbewerb zwischen den Städten um den besseren Standortfaktor:

    Es sind die Städte selbst, die mit Recht ihr individuelles Hebesatzrecht heute bei der Gewerbesteuer erhalten wollen und wir sollen es morgen mit dem BDI-Modell auch individuell erhalten – damit das Band zwischen Kommune und Wirtschaft intensiver bzw. erhalten wird.

    Im Kern, so die Kritik des BDI, sei es den Städten und Gemeinden ohnehin nie um ein neues Modell bei der Neuordnung der kommunalen Finanzen gegangen, sondern um die Beibehaltung der dann freilich modernisierten Gewerbesteuer. Dieser Vorwurf ist nicht von der Hand zu weisen und wird vom deutschen Städtetag auch nicht bestritten. Nur ist man dort davon überzeugt, die eindeutig bessere Alternative entwickelt zu haben – zumal selten der Hinweis fehlt, der BDI wolle mit seinem Modell weg von einer wirtschaftsbezogenen hin zu einer einwohnerorientierten Besteuerung. Der BDI reagiert darauf mit Unverständnis:

    Das ist das Verlassen der Sachebene in dieser Diskussion, was wir sehr bedauern. Klar ist, dass die Unternehmen mit dem Modell der Wirtschaft, das den Namen BDI/VCI trägt, bewusst kein Programm wie man es von einem Unternehmerverband erwartet, hier formuliert hat: Steuerentlastungen für Unternehmen. Sondern ein Ausgleich, ein System, das sowohl den Interessen den Unternehmen als auch den Interessen der Bürger als auch dem Interesse der Kommunen einer stetigen Kommunalfinanzierung zum Programmziel hat.

    Nach den Vorstellungen der Kommunen dagegen soll die bisherige Gewerbesteuer erhalten bleiben, allerdings um wesentliche Komponenten erweitert – mit dem Ziel, mehr oder weniger die gleichen Einnahmen wie im Jahr 1999 erreichen. Danach soll die zweitwichtigste Einnahmequelle von Städten und Gemeinden künftig auch auf die freien Berufe sowie die Land- und Forstwirtschaft ausgeweitet werden. Ein Ansatz, für den sich indirekt bereits Bundespräsident Johannes Rau auf dem deutschen Städtetag im Frühjahr dieses Jahres ausgesprochen hatte:

    Welcher von den Folgenden zahlt Gewerbesteuer: a) der Steuerberater, b) der Hellseher oder c) der Vermessungsingenieur? Die richtige Antwort: es ist der Hellseher, weil er steuerrechtlich einem Gewerbe nachgeht während der Steuerberater und der Vermessungsingenieur Freiberufler sind. Da staunt der Fachmann, der Laie wundert sich.

    Von einer Mehrbelastung für die Freiberufler durch die Ausweitung der Steuerpflichtigen könne aber keine Rede sein, heißt es bei den Kommunen. Denn die Gewerbesteuer kann bislang mit der Einkommenssteuer zu Lasten von Bund und Ländern verrechnet werden. Durch den erweiterten Kreis der Steuerpflichtigen könnte sogar der Hebesatz der Kommunen verringert, die Steuerlast für den Einzelnen also verringert werden.

    Der zweite neue Hebel, den die Kommunen vorgeschlagen: Steuerschlupflöcher sollen künftig geschlossen und auch so genannte ertragsunabhängige Elemente mit berücksichtigt werden. Konkret heißt das, auch Mieten, Zinsen, Pachten und Leasingraten sollen unter die Besteuerung fallen. Dank hoher Freibeträge, so die Position des Städtetages, könne von einer Substanzbesteuerung der Unternehmen, wie der Vorwurf der Wirtschaft lautet, keine Rede sein:

    Die Hauptrichtung bei der Architektur unserer Modernisierung zielt darauf ab, dass insbesondere international agierende und florierende Kapitalgesellschaften wieder Steuern bezahlen und nicht auf völlig legale Art und Weise Vermögen und Eigentumsverhältnisse innerhalb der Holdingstrukturen Gewinne und Verluste solange gestalten und hin und her schieben, bis sie am Ende trotz hervorragender Ertragslagen keine Steuern mehr bezahlen.

    Doch es bleiben viele Detailfragen offen – etwa wie kann verhindert werden, dass Unternehmen in konjunkturschwachen Zeiten zusätzlich belastet werden. Ein Aspekt, auf den nicht zuletzt Wirtschaftsminister Wolfgang Clement immer wieder hingewiesen hat. So befürwortet Clement zwar die Ausweitung der Steuerpflichtigen, nicht aber die Erweiterung der Bemessungsgrundlage auf Mieten, Pachten und Leasingraten – diese Meinung hat der Wirtschaftsminister auch heute noch einmal bekräftigt:

    Das würde das Verfahren erleichtern. Das wäre auch ein erheblicher Beitrag zum Bürokratieabbau. Und es würde eben insbesondere Unternehmen, die sich in Verlustphasen befinden, nicht zusätzlich belasten. Aber das ist eine Frage, die nicht ausdiskutiert ist, auch nicht innerhalb der Regierung.

    Die Fraktionen hätten diese Mahnungen berücksichtigt, betont dagegen der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poss.

    Wir prüfen gerade auch intern, inwieweit das in Echtfällen zu zusätzlichen Belastungen führt. Unsere Ziel ist ganz klar: wir wollen keine zusätzliche Belastung insbesondere für kleiner und mittlere Unternehmen.

    Doch zunächst einmal ist die Regierung gefragt, die sich heute zumindest in einigen Punkten festgelegt hat. So wird der Kreis der Steuerpflichtigen auf die Freiberufler ausgedehnt und es bleibt bei der Modernisierung der Gewerbesteuer, so wie es Bundeskanzler Gerhard Schröder bereits am 14. März in seiner Regierungserklärung angekündigt hatte:

    Im Mittelpunkt wird übrigens nach unserer Auffassung eine erneuerte Gewerbesteuer stehen, die die Einnahmen verstetigt und den Gemeinden mehr an Eigenverantwortung belässt.

    Doch in der Union, die der Gemeindefinanzreform im Bundesrat zustimmen muss, gibt es starke Vorbehalte gegen das kommunale Modell. Angesichts der komplizierten Detailfragen plädiert man dort für eine Verschiebung der Gemeindefinanzreform – die Regierung sei mit ihrem Kommissionsauftrag letztlich zu kurz gesprungen, heißt es in einem Antrag der Unionsfraktion im Bundestag. Die CSU-Abgeordnete und frühere Bauministerin Gerda Hasselfeld:

    Ich glaube, dass es vernünftiger gewesen wäre von Anfang an, den Ansatz breiter zu sehen: alle Steuerarten mit ein zu beziehen und sie im Gesamtzusammenhang auch mit der Ausgabenseite zu sehen, auch mit den Aufgaben der Kommunen zu sehen, denn nur dann kann eine für alle befriedigende Lösung herauskommen. Alles andere wird nur Stückwerk sein und wird deshalb auch unbefriedigend sein.

    Diese Strategie ist mit einigen Bundesländern abgestimmt, denn gerade Bayern, vor allem aber Baden Württemberg lehnen den kommunalen Ansatz einer modernisierten Gewerbesteuer strikt ab. Baden Württemberg nimmt ohnehin eine Sonderstellung ein. Als bislang einziges Bundesland hätten sich die Schwaben klar für das Zuschlags-Modell der Wirtschaft ausgesprochen, betont Finanzminister Gerhard Stratthaus:

    Wie begründen es damit, dass wir natürlich den Zuschlag so gestalten wollen, dass die Gesamtbelastung der Wirtschaft nicht größer, aber auch nicht kleiner wird. Es hat den Riesenvorteil gegenüber dem Bisherigen, dass zunächst einmal eine Steuerart abgeschafft ist und zweitens dass diese Steuerart zwar nicht höher ist als die jetzige Gewerbesteuer, dass sie aber viel kontinuierlicher fließt. Die Gewerbesteuer ist ja in der Zwischenzeit fast nur noch eine Ertragssteuer für große Unternehmen und die ist extrem konjunkturabhängig.

    Um aber Zeit zu gewinnen, denn die Umsetzung des BDI-Modells könnte erst 2006 erfolgen, soll den Städten und Gemeinden mit einem Sofortprogramm unter die Arme gegriffen werden. Danach soll die so genannte Gewerbesteuerumlage, durch die Bund und Länder am Steueraufkommen der Gemeinden beteiligt werden, kurzfristig abgesenkt werden – darüber hinaus könnte der Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer zeitlich befristet erhöht werden.

    Im Bundesrat haben die unionsregierten Länder eine ganz klare Mehrheit. Im Bundestag hat die SPD zusammen mit den Grünen eine Mehrheit. Man muss sich in irgendeiner Form zusammenfinden, sonst wird es kein Ergebnis geben. Und ich habe das Gefühl, es wäre gut, wenn man noch ein Jahr gewinnen würde, wenn man noch Zeit hätte eine wirklich gute Reform heraus zu arbeiten.

    Doch so einfach ist die Sache nicht: denn unter dem Strich kann die Union kein eigenes Konzept vorweisen – zumindest strategisch befindet sie sich damit bei den anstehenden Konsensgesprächen eher in der Defensive. Viel wichtiger aber noch: fast alle kommunalen Vertreter, auch die mit einem CDU oder CSU Parteibuch befürworten die Vorschläge ihrer Spitzenorganisationen, etwa auch die populäre CDU-Bürgermeisterin von Frankfurt, Petra Roth auf dem zurückliegenden Städtetag:

    Es gibt für die Kommunen keinen Ersatz für die Gewerbesteuer. Und meine Damen und Herren, wird ei Gewerbesteuer abschaffen oder gar durch ein Zuschlag auf die Einkommenssteuer ersetzen will, lässt die Wirtschaft aus ihrer Pflicht, sich finanziell an der Infrastruktur ihrer Städte zu beteiligen".

    Gegen den Widerstand der Kommunen aber, das hat Finanzminister Eichel immer wieder betont, sei eine Reform der Gemeindefinanzen nicht zu schaffen – dieser Grundsatz gilt auch für die Union, zumal es ohnehin keine einheitliche Position gibt. Entgegen den Südländern hat sich Hessen bereits für das kommunale Modell ausgesprochen, wenngleich es im Detail noch Änderungswünsche gibt. Das gleiche gilt auch für die meisten ostdeutschen CDU-regierten Länder.

    Von einer Blockademehrheit im Bundesrat ist die Union also weit entfernt, sodass die Reform am Ende nun doch noch pünktlich zum 1.1.2004 in Kraft treten könnte, zumal sich die Mehrheit der Kommission heute klar für eine Modernisierung der Gewerbesteuer ausgesprochen hat. Sollte das Modell der Kommunen weitgehend umgesetzt werden, sei mit jährlichen Mehreinnahmen von bis zu 4 Milliarden Euro zu rechnen, heißt es beim deutschen Städtetag. Angaben dazu machte Eichel heute allerdings nicht. Der Umfang der Entlastungen werde sich erst im Gesetzgebungsverfahren zeigen, heißt es.

    Unklar ist auch, was aus der Soforthilfe wird. Grundsätzlich hat sich die Kommission heute dafür ausgesprochen, ohne diesen Punkt jedoch weiter zu präzisieren. Es sei unklar, wie hoch und von wem sie geleistet werden solle, betonte der Finanzminister. Auch beim deutschen Städtetag ist die Skepsis nicht zu überhören, wenngleich die Absichtserklärung der Kommission natürlich begrüßt wird:

    Das Problem ist natürlich, dass eine Gewerbesteuerreform, die wirksam wird zum 1. Januar 2004, die kann nicht kassenwirksam sein 2004. Das dauert sagen wir mal bis 2005. BDI-Modell dauert noch länger. Also braucht man Sofortmaßnahmen, nur mache ich mir da auch keine Illusionen. Die Sofortmaßnahmen, die wir selbst fordern, nämlich die Korrektur der Gewerbesteuerumlage-Erhöhung zu Gunsten des Bundes und der Länder, wäre zwar sofort kassenwirksam, wäre aber ausschließlich vom Bund und den Ländern zu bezahlen.

    Ohnehin sollen die Kommunen nicht nur im Zuge der Gemeindefinanzreform deutlich entlastet werden. Auch auf der Ausgabenseite sind spürbare Verbesserungen durch die geplante Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe vorgesehen. Künftig werden danach nicht mehr die Städte für die 800 000 bis 1 Million arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger aufkommen, sondern der Bund, betont der sozialpolitische Sprecher der SPD, Klaus Brandner:

    Meine Fraktion will, dass die Arbeitslosen- und Sozialhilfe unter dem Dach der Bundesanstalt für Arbeit abgewickelt wird, weil es eine bundesweit einheitliche Leistung gibt. Dadurch die Kommunen letztlich entlastet werden- das ist ja auch ein wesentliches Ziel mit, damit die Kommunen mehr Möglichkeiten zu Investitionen künftig haben. Die Umsetzung dieses Gesetzes, die praktische Anwendung, wird aber erst zeitversetzt erfolgen können.

    Die Rede ist ebenfalls vom 1. Januar 2004 – dann könnte zumindest die erste Stufe der neuen Regelung in Kraft treten. Dafür hat sich heute auch die Mehrheit der Kommission ausgesprochen. Unklar ist jedoch weiterhin das Entlastungsvolumen - immerhin geht es um Umschichtungen in der Größenordnung von rund sieben Milliarden Euro. Geld, auf das gerade der Finanzminister in Zeiten leerer Kassen nicht verzichten will, das aber auch die Kommunen gerne in Anspruch nehmen wollen. Zumal ihnen mit im Zuge vorgezogener Steuerentlastungen erhebliche Einnameausfälle von bis zu 3,5 Milliarden Euro drohen.

    Aber auch an dieser Stelle hieß es heute, über den Verteilungsschlüssel werde erst im weiteren Gesetzgebungsverfahren entschieden. Am Ende dürfte um die Details, aber auch die finanziellen Folgelasten der Gemeindefinanzreform zwischen Bund und Ländern hart gefeilscht werden, da ist sich auch der Städtetag sicher:

    Wenn man meinethalben dann doch noch auf der Suche nach Kompromissen bei der Gewerbesteuer die ein oder andere Konzession machen will, wird man fragen müssen: wie sieht es denn bei der Aufgabenübernahme durch den Bund für die Arbeitslosenhilfe und die arbeitsfähigen Sozialhilfefänger aus.

    Unter dem Strich aber ist der Städtetag mit dem bisherigen Verlauf der Verhandlungen hoch zufrieden, während der BDI heute von einer klaren Niederlage sprach. Die Einschätzung ist richtig: bereits morgen wird der Bundestag über einen Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen zur Gemeindenfinanzreform debattieren, der sich weitgehend an dem Modell der Kommunen orientiert.