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Hoffnungsträger für Kunstzähne

Medizintechnik. – Allen düsteren Aussichten des Gesundheitssystems zum Trotz, werden die Mediziner nicht müde, neue Behandlungsmethoden zu entwickeln. Auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Implantologie in Göttingen stand Titan beim Zahnersatz im Mittelpunkt. Konferenzpräsident Professor Henning Schliephake von der Göttinger Uniklinik berichtet im Deutschlandfunk über die jüngsten Entwicklungen. Die Fragen stellte Gerd Pasch.

    Pasch: Herr Professor Schliephake, wie sehen Sie den Trend zu Titan als Implantat-Material?

    Schliephake: Ich glaube, Titan ist als Implantat-Material ein sehr, sehr gut verträgliches Material, das jetzt seit fast 25 Jahren in der Implantologie im Einsatz ist. Und wir haben bisher von der Materialseite keine Probleme mit der Verträglichkeit gehabt. Es ist für die mechanische Belastung, die wir brauchen, um den Kaudruck aufzufangen, ein sehr gut geeignetes Material.

    Pasch: Wie ist denn die bisherige Praxis?

    Schliephake: Die bisherige Praxis ist so, dass wir mit Hilfe eines Röntgenbild ist zunächst das Knochenangebote im Mund eines Patienten bestimmen, dort wo wir die Implantate einsetzen wollen. Und dann werden die Implantate mit Hilfe so genannter Übertragungsschablonen an diesen Ort gesetzt, um später dort die künstliche Zähne aufzunehmen.

    Pasch: Wie geschieht das?

    Schliephake: Das geschieht in der Regel unter örtlicher Betäubung, das ist also kein großer medizinischer oder chirurgische Eingriff, und die Patienten können danach wieder nach Hause gehen. Das ist beispielsweise vergleichbar mit einer operativen Zahnentfernung oder einer Wurzelspitzenkürzung.

    Pasch: Wie lange dauert das?

    Schliephake: Also, je nachdem wie viele Implantate gesetzt werden. Eine Einzelzahn-Implantation, wo nur ein einzelnes Implantat gesetzt wird, nimmt vielleicht eine halbe Stunde in Anspruch, oder eine Dreiviertel Stunde. Wenn vier oder fünf Implantate gesetzt werden, ist es natürlich entsprechend mehr.

    Pasch: Das hört sich aber doch schon anders an als vor ein oder zwei Jahren, als das mit sehr viel Aufwand verbunden war?

    Schliephake: Der Aufwand war vor ein oder zwei Jahren nicht sehr viel größer, oder nicht schlimmer. Wir wissen heute einfach mit welchen Techniken wir möglichst schonend und minimal invasiv vorgehen können.

    Pasch: Welche Bedeutung hat das Material Titan?

    Schliephake: Das Titan ist für die Implantate im Grunde genommen der Grundfaktor. Es ist die Basis der Schrauben, die wir in den Kiefer einsetzen. Das Material verträgt sich sehr gut mit dem Knochen, so dass es ja auch in den Hüftgelenksersatz-Prothesen und allen permanent implantierten, oder vielen permanent implantierten Metallteilen eingesetzt wird.

    Pasch: Welche Einsetz-Methoden kommen in Frage?

    Schliephake: Wir arbeiten derzeit in der normalen Praxis mit Bohrern, mit denen wir einen Kanal in den Knochen bohren. Darein setzen wir das Implantat in der Regel als selbst schneidende Schraube. In schwierigen Fällen brauchen wir dabei Computerunterstützung, mit Hilfe eines Computerprogramms und das wird derzeit gerade überprüft, ob Roboter-Techniken oder Übertragungstechniken aus dieser besseren Bildgebung heraus eine präzisere Arbeit ermöglichen.

    Pasch: Liegt denn in der Navigation mit Hilfe anderer Geräte die Zukunft?

    Schliephake: Da liegt sicher in einigen Fällen ein deutlicher Fortschritt. In vielen normal gelagerten Fällen können wir aber auch mit einem normalen Aufwand zurechtkommen.

    Pasch: Ist das ein neuer Trend oder nur eine Mode?

    Schliephake: Die Implantologie ist eine etablierte Technik, seit 15 Jahren ungefähr ist sie auch wissenschaftlich fundiert eingeführt. Und die Implantologie ist eine Form von Zahnersatz, die gewebeschonend, bzw. gewebeerhaltend eingesetzt werden kann, im Gegensatz zum konventionellen Zahnersatz.

    Pasch: Sie ist also auch eine für die Zukunft gesicherte Methoden?

    Schliephake: Das in jedem Fall. Sie ist im Grunde genommen eine Form von Prophylaxe, denn überall, wo wir Zähne verlieren, verlieren wir Knochen und verlieren wir Zahnfleisch. Wenn wir implantieren, können wir die Gewebe viel besser am Ort halten, als wenn wir sie nur durch einen herausnehmbaren Zahnersatz ersetzen.