Sturz von Diktator Assad
Machtwechsel in Syrien stößt neue Debatte über Migrationspolitik an

Nach dem Sturz von Machthaber Assad in Syrien ist in Deutschland eine Debatte darüber aufgekommen, ob und wann syrische Flüchtlinge wieder in ihre Heimat reisen können. Die Union will dafür mit extra Flügen und einem Startgeld Anreize schaffen, die Bundesregierung mahnt angesichts der unklaren Sicherheitslage zur Geduld.

    Ein syrischer Flüchtling vor einem Container einer Flüchtlingsunterkunft  in NRW.
    Was bedeutet der Umsturz in Syrien für Flüchtlinge in Deutschland? (IMAGO / Funke Foto Services / Lars Heidrich)
    Bundesaußenministerin Baerbock warnte vor zu schnellen Schlussfolgerungen zur sicherheitspolitischen Lage im Land. Es gelte nach diesem ersten Aufatmen für die Menschen in Syrien, alles dafür zu tun, dass die Menschen vor Ort geschützt werden und der Friedensprozess vorankomme, betonte die Grünen-Politikerin.
    Der SPD-Außenpolitiker Roth mahnte im Magazin "Der Spiegel" vor einer "populistischen Debatte mit dem Tenor: Jetzt müssen alle sofort wieder zurück".

    Lindner plädiert für internationale Syrien-Konferenz

    FDP-Chef Lindner regte eine internationale Syrien-Konferenz an. Lindner sagte im Deutschlandfunk, der Impuls für ein solches Treffen könne von Deutschland ausgehen. Man müsse überlegen, was von außen getan werden könne, um Stabilität in Syrien herzustellen. Erst in einem nächsten Schritt könne man dann über die Auswirkungen auf die deutsche Asylpolitik nachdenken.
    Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Lindholz, hatte angesichts des Machtwechsels in Syrien gefordert, keine weiteren Flüchtlinge aus Syrien mehr aufzunehmen. Sie sagte der "Rheinischen Post", wenn es igendwann zu einer Befriedung in Syrien komme, werde für viele Syrer die Schutzbedürftigkeit und damit der Grund für ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland entfallen. Ähnlich äußerte sich AfD-Chefin Weidel.

    Landkreistag: Flucht von Assad-Anhängern nach Deutschland verhindern

    BSW-Gründerin Wagenknecht betonte, diejenigen, die in Deutschland die Machtübernahme durch Islamisten bejubelten, sollten möglichst schnell nach Syrien zurückkehren.
    Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Brötel, rief zu Wachsamkeit auf, falls bisherige Unterstützer des gestürzten syrischen Diktators Baschar al-Assad nach Europa und Deutschland fliehen sollten. Es müsse verhindert werden, dass Unterstützer des alten Regimes jetzt auch noch ihren Weg nach Deutschland finden, sodass dann die Täter womöglich auf die Familien ihrer Opfer träfen, sagte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post". Er halte deshalb deutlich verstärkte Kontrollen an den EU-Außengrenzen, aber auch an den deutschen Grenzen für sinnvoll.

    Experte: Arbeitsmarkt würde Heimkehr von Syrern verkraften

    Der Migrationsforscher Gerald Knaus glaubt, dass der Sturz des Assad-Regimes "für die gesamte Flüchtlingssituation, auch in Europa" ein historischer Wendepunkt sein könnte. Er sagte dem Magazin "Stern", wenn es in Syrien wieder sicher sei, würden die Asylanträge in Deutschland und anderen europäischen Ländern zurückgehen. Das könnte die Politik in Europa "dramatisch und positiv verändern" und rechten Kräften das Wasser abgraben, meinte Knaus.
    Nach Einschätzung des der Arbeitsmarktforscher Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg könnte der deutsche Arbeitsmarkt eine Rückkehr der syrischen Geflüchten in ihre Heimat verkraften. Der Anteil der Syrer an den Gesamtbeschäftigten liege in fast allen Berufsgruppen bei unter einem Prozent, sagte Weber der Deutschen Presse-Agentur.
    Diese Nachricht wurde am 09.12.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.