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Hohe Erwartungen, Elbe vertiefen

Hamburg ist in diesem Jahr die Umwelthauptstadt Europas. Ob und welche umweltpolitischen Akzente der neue Erste Bürgermeister Olaf Scholz in den kommenden vier Jahren in der Hansestadt setzen will, hat er unlängst in seiner Regierungserklärung festgelegt.

Von Verena Herb | 24.03.2011
    Schon im Wahlkampf legte sich Olaf Scholz fest: In Hamburg wird zukünftig die Wirtschaft und der Hafen wieder im Fokus stehen. Da gilt es, die Hansestadt wettbewerbsfähig zu halten. In seiner gestrigen Regierungserklärung macht der neue Erste Bürgermeister Olaf Scholz deshalb deutlich:

    "Wir werden alles daran setzen, dass die dringend notwendige Elbvertiefung endlich Wirklichkeit wird. Die sachlichen Einwände sind alle zu entkräften. Am Ende wird der Ausbau der Fahrrinne eine Frage des politischen Willens und der Entschlossenheit aller Beteiligten sein."

    Naturgemäß gibt es von den Umweltschutzverbänden diesbezüglich keinen Applaus. Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren – es gibt mehr als 7000 Eingaben, zum Beispiel von Anwohnern oder Deichverbänden, die die Sicherheit der Deiche nicht gewährleistet sehen, sollte die Fahrrinnenanpassung kommen. Zudem handelt es sich um ein Projekt in einem sogenannten Flora-Fauna-Habitat Gebiet, das nach EU-Recht besonders geschützt werden muss. Eine EU-Sondergenehmigung ist für die Elbvertiefung erforderlich, macht Paul Schmid, Sprecher des BUND Hamburg deutlich und erklärt:

    "Aus unserer Sicht wird kein einziges zusätzliches Schiff kommen. Es geht darum, ob die Schiffe in Wilhelmshaven, in Bremerhaven oder in Hamburg entladen werden. Und diese Konkurrenz der deutschen Hafenstädte, die soll auf Kosten der Natur ausgetragen werden."

    Wirtschaft und Politik sehen das anders: Vor allem die Konkurrenz zwischen den Westhäfen, also Antwerpen, Rotterdam und Hamburg spiele eine Rolle:

    "Die Elbvertiefung ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung für ganz Deutschland."

    Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat bereits im vergangenen Jahr nach zahlreichen Gesprächen mit der damaligen schwarz-grünen Regierung in Hamburg angekündigt, zusätzliche Bundesgelder zur Verfügung zu stellen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Bagger Ende des Jahres anrollen werden. Der BUND wird nun den Beschluss des Planfeststellungsverfahrens im Sommer abwarten und notfalls weitere rechtliche Schritte gegen die Fahrrinnenanpassung einleiten.
    Olaf Scholz geht in seiner ersten Regierungserklärung nur am Rande auf die Themen Natur- und Umweltschutz ein, obwohl die Hansestadt in diesem Jahr die Umwelthauptstadt Europas ist. Er erklärt nur:

    "Das Label "Green Capital" ist ein Grund stolz zu sein. Auf das was Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in den letzten 20 Jahren erreicht haben. Hamburg ist die grüne Metropole. Ausruhen dürfen wir uns aber nicht."

    Was das konkret bedeutet, welche direkten Projekte die neue sozialdemokratische Regierung in diesem Zusammenhang anstoßen möchte – das erläutert Scholz nicht näher. Schon im Vorfeld der Wahl hatte sich die SPD gegen die ursprünglich geplante neue Stadtbahn ausgesprochen: Zu teuer, so das Argument. Statt dessen:

    "Hamburg soll das modernste Bussystem Europas bekommen. Das ist eine kluge Alternative zur Stadtbahn. Und diese Alternative wird auch die nötige Akzeptanz finden."

    Paul Schmid vom BUND sieht das anders. Eine Ausweitung des öffentlichen Nahverkehrs begrüßen die Umweltverbände grundsätzlich,

    "Allerdings: Wenn man sich die Fakten ansieht, dass Herr Scholz die Leistungsfähigkeit des Bussystems um ein Drittel steigern möchte, während bei der Stadtbahn, die ursprünglich geplant war, die Kapazitäten auf der einzurichtenden Strecke um das Zweieinhalbfache gesteigert werden könnten, dann sieht man hier schlicht und einfach den Unterschied."

    Neben der Elbvertiefung und dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs spielt auch das Thema "Energie" in Hamburg eine wichtige Rolle. Nach der Genehmigung des Kohlekraftwerks Moorburg durch die ehemalige grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk 2008 steht fest, dass Moorburg bald ans Netz geht.

    "Es kann seine Effizienzvorgaben vor allem dann einhalten, wenn es zugleich der Fernwärmeproduktion dient."

    Dass Scholz sich für die Fernwärmetrasse von Moorburg ausgesprochen hat, sehen die Umweltverbände mehr als kritisch. Paul Schmid:

    "Hier hat der Bürgermeister offensichtlich noch nicht begriffen, dass man mit der Fernwärmetrasse für die nächsten 40 Jahre die Wärmeversorgung festlegt. Und das ist mit den Zielen des Klimaschutzes nicht zu vereinbaren."

    Olaf Scholz hat einen Dialog mit all denjenigen angekündigt, denen Emissions- und Klimaschutz besonders am Herzen liegen. Das Gesprächsangebot des Bürgermeisters ist bislang bei den Umweltverbänden zumindest jedoch noch nicht eingegangen.