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Hohe Subventionen, wenige Verpflichtungen

Über eine Milliarde Euro Agrarsubventionen fließen jährlich in die industrielle Massentierhaltung von Schweinen und Geflügel, heißt es in einer Studie des BUND. Dabei ließen gerade Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit von großen, spezialisierten Betrieben zu wünschen übrig.

Von Verena Kemna | 29.08.2011
    Die Höhe der Subventionen, die der BUND für die Jahre 2009 und 2008 ermittelt hat, haben die Macher der Studie so nicht erwartet. Über eine Milliarde Euro Agrarsubventionen seien jährlich in die industrielle Massentierhaltung von Schweinen und Geflügel geflossen. Dabei seien Hunderte Millionen für den Anbau von Futtermitteln ausgegeben worden. Der Neubau großer Mastanlagen sei jährlich mit etwa 80 Millionen Euro gefördert worden. Im Ranking der Bundesländer liegt im Jahr 2008 Sachsen vorn. Dort haben laut BUND Studie die Betreiber neuer Geflügel- und Schweinemastanlagen etwa 26 Millionen Euro an Subventionen kassiert. Im Jahr 2009 haben Betriebe in Bayern mit einer Summe von rund 20 Millionen Euro bundesweit die meisten Subventionen erhalten. Für Reinhild Benning, Agrarexpertin beim BUND, ist das Ergebnis der Studie eine Herausforderung.

    "Dass etwa ein Sechstel der Subventionen, die aus Brüssel nach Deutschland fließen, allein der intensiven Geflügel- und Schweineproduktion zugeschrieben werden können, ist schon eine enorme Summe. Insofern wollen wir die Europäische Kommission und auch die Bundesregierung auffordern, dass diese Subventionen an strenge Standards gebunden werden, um die Landwirtschaft umzubauen zu einer nachhaltigen Tierhaltung."

    Davon sei Deutschland noch weit entfernt, meint der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Er kritisiert eine pauschale Vergabe an EU-Subventionen, die einer Überproduktion Vorschub leisten. So sei jedes zehnte in Deutschland geschlachtete Schwein für den Export bestimmt. Der BUND-Vorsitzende fordert eine gezielte Förderung besonders von Betrieben die ihr Fleisch nachhaltig produzieren und regional verarbeiten. Agrarsubventionen sollten künftig an strengere Umwelt- und Tierschutzstandards gebunden werden. Nach den Plänen der EU-Kommission sollen im Zuge einer EU-Agrarreform 30 Prozent der Zahlungen an Umweltschutzmaßnahmen gekoppelt werden. Nur ein Schritt in die richtige Richtung. Der BUND kritisiert, dass in Deutschland viele Betriebe ohne Umweltverträglichkeitsprüfung produzieren.

    "Das heißt wir brauchen eine Änderung des Baurechts, wir brauchen eine Änderung des Baugesetzbuches, wir brauchen eine Änderung der Düngeverordnung. Wir brauchen vor allem national, aber auch auf EU-Ebene, eine klare Bindung der Tierhaltung an die Fläche."

    Wer Direktzahlungen erhält müsse in Zukunft auch Maßnahmen für Klima- Arten und Gewässerschutz umsetzen. Jeder Betrieb müsste zehn Prozent seiner Flächen als Schutzfläche für Artenvielfalt zur Verfügung stellen. Wiesen und Weiden dürften nicht ersatzlos umgepflügt werden. Wer Monokulturen betreibt, sollte keine Subventionen erhalten, so einige Forderungen des BUND an die EU-Agrarreform.

    "Es geht uns nicht darum zu sagen, der Umstieg muss sein, von intensiver Tierhaltung auf Vegetarismus, sondern der Umstieg muss sein, von intensiver Tierhaltung auf artgerechte Tierhaltung. Dazu brauchen wir eine eigenständige Futtermittelproduktion. Die muss auch entsprechend unterstützt werden. Dazu brauchen wir klare Vorgaben der EU und des Bundes und das Gegenteil ist bisher der Fall."

    Im Zuge einer Agrarreform fordert der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger mehr Aufklärung für den Verbraucher.

    "Beginnend im Kindergarten, in der Schule, um den Unterschied klarzumachen zwischen Fleisch aus industrieller Tierhaltung und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung. Das Zweite ist, den Verbrauchern klarzumachen, dass billiges Fleisch für sie am Ende wesentlich mehr kostet. Stichwort: Sanierung von Trinkwassergewinnungsanlagen, Luftreinhaltung und anderes mehr."

    Die anstehende EU-Agrarreform birgt aus Sicht des BUND also viele Chancen, ist aber vor allem eine Herausforderung.