Holocaust-Gedenktag Schützt die Erinnerung an Auschwitz vor Antisemitismus?
Jude ist ein Schimpfwort auf Schulhöfen und im Bundestag sitzt eine Partei, die "den Schuldkult" beenden will. Die Erinnerung sei das wichtigste Mittel gegen Antisemitismus, so der Publizist Günter Ginzel. Um aktuellem Judenhass beizukommen, seien andere Mittel nötig, entgegnet die Historikerin Juliane Wetzel.
Eine zugespitzte Frage, zwei Gäste, zwei konträre Positionen – dazu eine Moderatorin oder ein Moderator und ein weites Themenspektrum, jeden Samstag um 17.05 Uhr. Das ist das Konzept der neuen Sendung. Sind wir zu politisch korrekt? Passen Religion und Aufklärung zusammen? BER und Stuttgart 21 – hat Deutschland das Bauen verlernt? Den Streit wert sind Kunst und Musik, Glaube und Wissenschaft, Lebensstil und politische Kultur. Eine gleich bleibende Debattendramaturgie sorgt für klare Standpunkte, dann folgen echter Austausch, Abwägen und gemeinsames Nachdenken. Im besten Fall wird der Titel so eingelöst, dass wir genau das vorführen: Streit-Kultur.
"Ja, ich bin davon überzeugt und das ist meine lange Erfahrung. Das Sich-Erinnern kann schützen: nicht nur das Erinnern an das, was gut ist, was identitätsstiftend ist im Sinne von kultureller Prägung, sondern das Durchbrechen des Phänomens der Verdrängung und des Verschweigens, das Erkennen, was negativ ist. Erinnern schützt, weil es Parallelen zu unserer heutigen Entwicklung aufzeigt. Ja, ich bin davon überzeugt, dass Erinnern ein Weg ist, nicht der alleinige, aber einer, um Antisemitismus und Rassismus zu bekämpfen."
Juliane Wetzel, Historikerin am Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin und Vorstandsmitglied der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus KiGa
Juliane Wetzel, Historikerin am Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin (Privat)
"Historisch-politische Bildung ist wichtig und unerlässlich. Wissen über Nationalsozialismus und Holocaust müssen Grundlage für jeden Menschen in der Bundesrepublik sein, weil dies bis heute Auswirkungen auf die deutsche Politik hat. Aber dieses Wissen hilft kaum zur Prävention aktueller Formen des Antisemitismus. Wenn ich mit Jugendlichen in eine Gedenkstätte gehe und glaube damit den aktuellen Antisemitismus bekämpfen zu können, dann ist das der falsche Weg, weil Juden immer nur als Opfer wahrgenommen werden. Für meine Begriffe bedarf es anderer Zugänge, wenn etwa der sogenannte israelbezogene Antisemitismus bekämpft werden soll."