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Holzhäuser in neuen Dimensionen

Bautechnik. - Deutsche Städte sind überwiegend aus Stein und Beton gebaut. Dabei gibt es eine klimaschonende Alternative: Holz. Das beweist ein neues Holzhaus mitten in Berlin: Mit sieben Stockwerken hält es einen neuen Rekord. Dabei reiht es sich nahtlos in die Gründerzeitfassaden der Nachbarschaft ein. Auch andere Vorurteile gegen den natürlichen Baustoff widerlegen die Architekten.

Von Michael Fuhs | 06.02.2008
    Berlin, Prenzlauer Berg. Links und rechts die typischen Fassaden aus der Gründerzeit. In der einzigen Baulücke herrscht reges Treiben. Hier verwirklicht eine Baugruppe ihre urbane Vision. Sie beauftragte keinen kommerziellen Bauträger, sondern nahm das Heft selber in die Hand und suchte sich die Architekten direkt. Das spart nicht nur Geld, sondern lässt gleichzeitig mehr Gestaltungsspielraum. Die sieben Parteien haben sich vor gut zwei Jahren zusammen getan - und zunächst vor allem diskutiert, erzählt Ulrike Draesner. Die Schriftstellerin war von Anfang an dabei.

    " Es war von Anfang an klar, dass man darüber nachdenkt, was benutzt man, was für eine Umweltbilanz hat das, was für ein Grundklima erzeugt ein Haus. Ja und dann hat sich durch Recherchen, Herumkucken und -fragen heraus gestellt, dass Holz ein extrem günstiger Baustoff ist. Das hat sich herauskristallisiert, das war wirklich ein gemeinsamer Prozess. "

    Die Baugruppe hatte Glück. Sie traf auf ein Architektenduo, das die Herausforderung annahm, sieben Geschosse aus Holz zu bauen. Die höchsten bekannten Holzhäuser haben nur fünf Stockwerke und stehen meist nicht in Städten - das gilt auch für Länder wie Österreich, Finnland oder die USA, wo Holzbau weiter verbreitet ist als in Deutschland. Auch die Berliner Brandschutzverordnung ist eindeutig. Mit Holz darf man nur fünf Stockwerke bauen. Als erstes musste Tom Kaden, einer der Architekten, die Baubehörde von seinem Konzept überzeugen:

    " Die Holzkonstruktion wird gekapselt. Das heißt, sie wird sowohl von außen als auch von innen mit Gipsfaserplatten verschlossen. Außen haben wir dann noch eine Mineralwolldämmung, die Dämmung und Brandschutz in einem ist. Und man hat als Kompensationsmaßnahme eine Rauchmeldeanlage im Haus. Wir haben ein extra Brandschutzgutachten erstellen lassen. Der größte Fürsprecher ist, man höre und staune, die Berliner Feuerwehr, die diesem Projekt sehr positiv gegenüber steht. "

    Die Bauweise ähnelt der eines Fachwerkhauses. Alle drei Meter steht ein Pfosten, rund dreißig mal dreißig Zentimeter im Querschnitt. Daran angeschraubt sind die Wände aus massivem Holz, das allerdings auch verschalt ist. Sieben Stockwerke ragen rund 25 Meter in den Himmel - so hoch hat bisher noch niemand in der Stadt mit Holz gebaut.

    Auf der großen Terrasse im ersten Stock legen Zimmerer letzte Hand an und montieren einen Fensterflügel. Der einzige Ort außer den Fenstern, wo man in diesem Haus das Holz wirklich sieht, sind die Decken. An ihrer Oberseite bestehen sie zwar aus Beton, aber an ihrer Unterseite aus Holz.

    " Beide Schichten gehen miteinander einen statischen Verbund ein. Und man kann mit dieser Konstruktion große Spannweiten überbrücken bei einer relativ geringen Aufbauhöhe. "

    Allerdings betraten die Architekten mit ihrer Konstruktion auch für Statiker Neuland. Umfangreiche Tests mussten erst beweisen, dass die Berechnungen stimmten: das Haus hält. Wenn man das Holz auch kaum sieht, sollen es die Bewohner trotzdem spüren. Zum Beispiel an den niedrigen Heizkosten. Denn die Dämmung ist sehr gut. Ebenso das Raumklima.

    " Holz reflektiert, auch wenn es gekapselt ist, Wärmestrahlung anders als massive Baustoffe, die ja eher Wärme absorbieren, Holz reflektiert eher. Das ist ganz deutlich im Raumklima bemerkbar. Holz nimmt auch ein gewisses Maß an Feuchtigkeit auf und gibt selbige wieder ab. "

    Auch sonst hat das Holzhaus einige Vorteile: Das Kohlendioxid, das die Bäume beim Wachstum gebunden haben, bleibt der Atmosphäre solange entzogen, wie das Haus steht. Das können gut 300 Jahre sein, sagt Tom Kaden. Gut für den Klimaschutz. Dabei schlägt ebenso zu Buche, dass zum Bau nur ein Drittel der Energie benötigt wird, die für ein konventionellen Haus aufgewendet werden muss.