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"Homo-Ehe" jetzt auch in Großbritannien

Lange hatten Großbritanniens Homosexuelle warten müssen, bis sie das Recht bekommen haben, ihren Lebenspartner zu heiraten. Seit Anfang der Woche dürfen sich schwule und lesbische Paare in Großbritannien das Ja-Wort geben. Die ersten am Montag in Nord-Irland, am Dienstag in Schottland und ab Mittwoch auch in Großbritannien und Wales. Martin Zagatta berichtet aus London.

    Ihr großer Tag: Neil und John werden im Rathaus von Glasgow begrüßt. Sie sind die ersten, die in der schottischen Stadt eine so genannte Homo-Ehe eingehen. Für Neil und John ein Meilenstein.

    Der Staat erkenne damit eine Beziehung an, das sei eine wichtige Feststellung und nachdem sie nun schon 13 Jahre zusammen seien, werde ihre Beziehung jetzt endlich legalisiert - so beschreiben die beiden Vierzigjährigen die Bedeutung dieses Aktes. Von Heirat oder Ehe wird bei der Neuregelung bewusst nicht gesprochen. Aber der "Zivile Partnerschaftsakt", so die gesetzliche Formulierung, stellt lesbische oder schwule Paare jetzt weitgehend gleich mit den heterosexuellen Ehepaaren. Mehrere Hundert solcher Zeremonien sind heute schon geplant. In Windsor, wo kürzlich Prinz Charles seine Camilla geheiratet hat, geben sich der Popsänger Elton John und seine Lebensgefährte das schriftliche Jawort. Mehr als 1200 Anmeldungen liegen schon vor. Die britische Regierung rechnet mit knapp 5000 solcher Zivilpartnerschaften innerhalb eines Jahres, eine Möglichkeit von der jetzt vor allem auch Ältere Gebrauch machen.

    Der größte Vorteil sei die Erbschaftssteuer - so erklärt Daryll Gramley, warum er und sein Freund Andrew, mit der er seit Jahrzehnten in London zusammenlebt, ihre Partnerschaft jetzt anerkennen lassen. Sterbe einer von ihnen, müsste der andere ansonsten eine große Summe an Erbschaftssteuer zahlen für Wohnungen, die ihnen gehören. Das Partnerschaftsgesetz regelt Rentenansprüche, aber auch eventuelle Unterhaltszahlungen bei Trennungen, die wie eine Scheidung gehandhabt werden. Ein Recht, nicht-leibliche Kinder zu adoptieren, gibt es für die gleichgeschlechtlichen Paare nicht. Schwulen und Lesbenverbände bemängeln, dass überhaupt noch ein Unterschied gemacht wird zwischen Ehe und Zivilpartnerschaft. Sie sprechen aber von einer kleinen Revolution im dem Land, in dem der Schriftsteller Oscar Wilde einst für zwei Jahre ins Gefängnis musste wegen einer homosexuellen Beziehung. Im britischen Unterhaus ist das Partnerschaftsgesetz mit überwältigender Mehrheit verabschiedet worden - sehr zum Leidwesen allerdings der katholischen Kirche und konservativer Gruppierungen in der anglikanischen Staatskirche.

    Eine falsche Entscheidung, dieses Gesetz. Aus christlicher Sicht hätten sexuelle Beziehungen immer in eine Ehe gehört, in eine Ehe zwischen einem Mann und einer Frau, so wettert David Phillips von der "Church Society", die innerhalb der anglikanischen Kirche für eine strenge Bibelauslegung eintritt. Die britische Staatskirche sieht sich mit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften jetzt in zusätzliche Schwierigkeiten gebracht. Sie ringt schon seit Jahren um ihren Umgang mit Homosexuellen, und der Streit um die Ernennung eines schwulen Bischofs in den USA droht die Anglikanische Weltkirche sogar zu spalten. Da kommt die Auseinandersetzung um das neue Gesetz höchst ungelegen.

    Rowan Williams, der Erzbischof von Canterbury und geistliche Vorsitzende der Anglikanischen Kirche, tut sich spürbar schwer damit, die Empfehlungen der Bischöfe zu erläutern. Anglikanische Pfarrer oder Pfarrerinnen dürfen heiraten. Homosexuelle werden als Priester aber nur akzeptiert, wenn sie zusagen, sexuelle Enthaltsamkeit zu üben.
    Die Bischofskonferenz der Staatskirche hat sich dafür ausgesprochen, homosexuellen Paaren, die jetzt eine zivile Partnerschaft eingehen, den kirchlichen Segen zu verwehren, - eine Vorgabe, an die sich die anglikanische Kirche Schottlands aber nicht halten will. Und auch andere nicht: im nordenglischen Newcastle zum Beispiel will der Pfarrer Christopher Wardale heute zuerst die Homo-Ehe eingehen mit seinem langjährigen Partner und sich dieses Bündnis dann anschließend absegnen lassen, von seinem ehemaligen Bischof und in seiner Kirche.