In einem vom Zigarrenqualm vernebelten Bild beginnt die Theaterreise durch die Welt des Homo Faber: Vor einem Container, auf dem eine kleine kubanische Flagge aufgemalt ist, hocken die Akteure zusammen und rauchen. Erst sieht es so aus als wollte Armin Petras den Erfolgsroman in eine lateinamerikanische Soap verwandeln, während etwas beiläufig von der ersten Affäre erzählt wird, die im Lebens-Bericht des international herumreisenden Wasserbauingenieurs ein Rolle spielt. Dann aber klappt die Wand des Containers mit einem lauten Knall zum Publikum hin auf und beseitigt jede Folklore für den Blick auf eine kalt beleuchtete, leere Innenwelt: Hier lernt der von Peter Kurth gespielte Walter Faber Sabeth kennen und lieben, dieses Mädchen, von dem er nicht ahnt, dass es seine Tochter ist. Julischka Eichel spielt diese Sabeth mit den lustig gespreizten Gesten der Kindfrau und ungebremster Energie.
" Dann wünsche ich dir, dass der Herzschrittmacher funktioniert. "
Mit unbändiger Kraft lockt die junge Frau aus dem vereinsamten Mann noch einmal eine lange verschüttete Ausgelassenheit heraus. Wenn sich die beiden auf dem nassgespritzten Blechboden von Seitenwand zu Seitenwand glitschen lassen wie Robben auf nassen Felsen, erreicht die Aufführung ihren ersten Höhepunkt an spektakulärer Vergnügtheit und erinnert ziemlich deutlich ans Castorf-Theater vor 15 Jahren. Das bedeutet natürlich auch, dass der Kontakt mit der zu erzählenden Geschichte zugunsten lustiger Spieleffekte verloren geht. Denn eigentlich müsste ja jetzt, in der Begegnung von Vater und Tochter entweder auf die große Tragödie des Sophokles "Oidipus auf Kolonos", auf die der Titel anspielt, oder auf das moderne Schicksal des Romanhelden Walter Faber abgezielt werden, der seine Inzestliebe mit dem Tod der Tochter und zum Schluss symbolisch auch mit dem eigenen Krebstod bezahlt. Den blinden "Oedipus" führt Tochter Antigone durch zahlreiche Länder, so wie hier der blinde faktengläubige Rationalist durch die eigene Tochter der Begegnung mit seinem Fatum zugeführt wird - das passt noch so eben. Aber inwiefern die Romanhandlung den Helden aus der Ingenieurs-Verblendung in seine Tiefenpsychologie und schließlich angesichts des unheilbare Magenkrebses in die psychosomatische Erkenntnis führt, lässt die Aufführung nicht begreiflich werden. Denn das hieße, dass da ein Mann auf der Bühne stehen müsste, dem das Ahnen, Spüren, die Intuition und das Gefühl fremd sind. Aber Peter Kurth ist nun ausgerechnet ein Ausbund an Emotionalität und an all dem, was Walter Faber abgeht. Eine krasse Fehlbesetzung also. Er läuft gewissermaßen als ein sehender Oidipus durchs Geschehen, schmunzelnd entspannt gegenüber allem was da kommt, ein lockerer Moderator im Themenallerlei und Ideengestöber eines Kurzschluss-Autors und Regisseurs.
Bliebe da noch das Globalisierungsthema, das es durchaus plausibel macht, das Wirken des UNESCO-Ingenieurs aus dem Ende der 50er Jahre in der ziemlich ernüchternden Gegenwart noch einmal zu hinterfragen. Dass die Staudämme, die er in der Vergangenheit errichtet habe, sich ökologisch als umso schädlicher erwiesen haben je größer sie ausfielen, hört man aus dem Munde dieses historisch gereiften, abgeklärten Homo Faber.
" La la lalla la la ley ley. Alles verbrennen. Nichts stimmt. Hänge mich nicht ans Leben. Sollen mich aufschneiden und wieder zunähen. Sie kommen, sie kommen mich holen. Ich will alles spüren, jeden Schnitt, jeden Stich, jeden Schmerz, alles. - Ich wird meine Hand ausstrecken im Nachthimmel. "
Während Walter Faber erstmalig dem Schmerz in heller Erkenntnisfreude entgegentritt, haben sich die Theaterkubaner vom Anfang wieder zusammengetan und begleiten seinen Sprechgesang mit einer Musik, die irgendwie nach Nostalgie klingt und einer schöneren Vergangenheit. Ist Kuba jetzt also für Petras der Ort der Heilung, an dem der verblendete Faber seine Wandlung vom Gedemütigten zum Helden, zum Mythos durchmacht, so wie dereinst sein antiker Vorläufer im altersweisen Spätwerk des Sophokles? Wir erfahren es nicht, nicht zumindest auf dem Theater, das etwas zu fahrig und zu kuschelig ist, um es aufnehmen mit Welt und Weltliteratur.
" Dann wünsche ich dir, dass der Herzschrittmacher funktioniert. "
Mit unbändiger Kraft lockt die junge Frau aus dem vereinsamten Mann noch einmal eine lange verschüttete Ausgelassenheit heraus. Wenn sich die beiden auf dem nassgespritzten Blechboden von Seitenwand zu Seitenwand glitschen lassen wie Robben auf nassen Felsen, erreicht die Aufführung ihren ersten Höhepunkt an spektakulärer Vergnügtheit und erinnert ziemlich deutlich ans Castorf-Theater vor 15 Jahren. Das bedeutet natürlich auch, dass der Kontakt mit der zu erzählenden Geschichte zugunsten lustiger Spieleffekte verloren geht. Denn eigentlich müsste ja jetzt, in der Begegnung von Vater und Tochter entweder auf die große Tragödie des Sophokles "Oidipus auf Kolonos", auf die der Titel anspielt, oder auf das moderne Schicksal des Romanhelden Walter Faber abgezielt werden, der seine Inzestliebe mit dem Tod der Tochter und zum Schluss symbolisch auch mit dem eigenen Krebstod bezahlt. Den blinden "Oedipus" führt Tochter Antigone durch zahlreiche Länder, so wie hier der blinde faktengläubige Rationalist durch die eigene Tochter der Begegnung mit seinem Fatum zugeführt wird - das passt noch so eben. Aber inwiefern die Romanhandlung den Helden aus der Ingenieurs-Verblendung in seine Tiefenpsychologie und schließlich angesichts des unheilbare Magenkrebses in die psychosomatische Erkenntnis führt, lässt die Aufführung nicht begreiflich werden. Denn das hieße, dass da ein Mann auf der Bühne stehen müsste, dem das Ahnen, Spüren, die Intuition und das Gefühl fremd sind. Aber Peter Kurth ist nun ausgerechnet ein Ausbund an Emotionalität und an all dem, was Walter Faber abgeht. Eine krasse Fehlbesetzung also. Er läuft gewissermaßen als ein sehender Oidipus durchs Geschehen, schmunzelnd entspannt gegenüber allem was da kommt, ein lockerer Moderator im Themenallerlei und Ideengestöber eines Kurzschluss-Autors und Regisseurs.
Bliebe da noch das Globalisierungsthema, das es durchaus plausibel macht, das Wirken des UNESCO-Ingenieurs aus dem Ende der 50er Jahre in der ziemlich ernüchternden Gegenwart noch einmal zu hinterfragen. Dass die Staudämme, die er in der Vergangenheit errichtet habe, sich ökologisch als umso schädlicher erwiesen haben je größer sie ausfielen, hört man aus dem Munde dieses historisch gereiften, abgeklärten Homo Faber.
" La la lalla la la ley ley. Alles verbrennen. Nichts stimmt. Hänge mich nicht ans Leben. Sollen mich aufschneiden und wieder zunähen. Sie kommen, sie kommen mich holen. Ich will alles spüren, jeden Schnitt, jeden Stich, jeden Schmerz, alles. - Ich wird meine Hand ausstrecken im Nachthimmel. "
Während Walter Faber erstmalig dem Schmerz in heller Erkenntnisfreude entgegentritt, haben sich die Theaterkubaner vom Anfang wieder zusammengetan und begleiten seinen Sprechgesang mit einer Musik, die irgendwie nach Nostalgie klingt und einer schöneren Vergangenheit. Ist Kuba jetzt also für Petras der Ort der Heilung, an dem der verblendete Faber seine Wandlung vom Gedemütigten zum Helden, zum Mythos durchmacht, so wie dereinst sein antiker Vorläufer im altersweisen Spätwerk des Sophokles? Wir erfahren es nicht, nicht zumindest auf dem Theater, das etwas zu fahrig und zu kuschelig ist, um es aufnehmen mit Welt und Weltliteratur.