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Honiganalysen gefragter denn je

Nachdem Honig, der Pollen aus genetisch verändertem Mais enthält, nicht mehr auf den EU-Markt darf, lassen Erzeuger und Exporteure ihren Honig sicherheitshalber auf Gen-Spuren testen. Analyselaboren beschert das eine mehr als gute Auftragslage.

Von Christina Selzer | 13.09.2011
    Im Lebensmittellabor "QSi" in Bremen steht Laborleiter Stefan Länder an einer Zentrifuge und schaltet sie an. Darin drehen sich Honigproben. In der Zentrifuge löst sich die Substanz, die untersucht werden soll, erklärt Stefan Länder.

    "Wir bekommen den Honig, der wird mit Wasser versetzt, verdünnt, zentrifugiert, dann haben sie ein Pollensediment, das weiterverarbeitet wird, aus dem Pollen müssen wir versuchen, die DNA-Analyse herauszubekommen."

    Für diesen letzten Schritt kommen die winzig kleinen Glasfläschchen in den sogenannten Thermocycler. In diesem Gerät kann der Laborant Milliarden von Kopien der DNA-Sequenz herstellen. Auf diese Weise lassen sich im Honig minimale Mengen an genverändertem Maispollen nachweisen. Die gesamte Prozedur dauert in normalen Zeiten circa einen Tag. Im Moment dauert es wegen der großen Nachfrage aber länger. Denn im Labor "QSI" die Abkürzung für "Quality International Services", ist viel los. Geschäftsführer Cord Lüllmann hat so etwas noch nicht erlebt. Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, nach dem Honig, der Pollen aus genetisch verändertem Mais enthält, nicht auf den EU-Markt darf, lassen Erzeuger und Exporteure, die auf den europäischen Markt wollen, ihren Honig auf Gen-Spuren testen.

    "Wir haben eine riesige Nachfrage aus den Erzeugerländern wie Argentinien, Uruguay, Mittelamerika, Asien ... Chinesen, alle fragen nach, ob wir diese Analytik eben schnell machen können. Aufgrund der riesigen Nachfrage können wir aber überhaupt nichts schnell machen, sondern die Proben nach und nach abarbeiten."

    Die Labormitarbeiter tragen weiße Kittel und Hauben. Sie füllen Honigproben in Glasfläschchen ab, die sehr kleine Öffnungen haben. So ist das Risiko nicht so hoch, dass fremde Stoffe in die Proben hineingeraten. Denn Hygiene ist absolut notwendig, betont Cord Lüllmann. Denn es könnte sich genveränderter Maispollen von irgendwoher in eine Honigprobe verirren und die Probe verderben. GMO, die englische Abkürzung für genveränderte Organismen, würden in diesem Fall nachgewiesen werden.

    "Sie können an ihrer Kleidung Pollen anhaften haben. Gerade bei Schnittblumen gibt es viele, die aus GMO-Pflanzen hergestellt sind. Wenn sie aus einem Blumenladen kommen, dann kann es sein, dass sie Nelkenpollen an sich haben. Dann würden sie die Probe kontaminieren und wir würden im Honig GMO feststellen."

    In solchen Fällen müssten Vergleichsuntersuchungen zeigen, ob das erste Ergebnis richtig gewesen sei. Und das sei aufwendig und teuer, denn für jede Pflanzenart müsse ein Extra-Test durchgeführt werden.

    "Wir stellen fest, dass viele Proben mit GMO-Pollen behaftet sind, die Frage nach dem Urteil ist aber: Sind diese Pollen erlaubt, sind es zugelassene oder verbotene genveränderte Organismen?"

    Polleneinträge von genveränderten Pflanzen können zwar vorkommen. Beim größten Teil dieser Honige stammen die Pollen allerdings von Pflanzen, die in Europa als Lebensmittel zugelassen sind. Honig muss nur dann gekennzeichnet werden, wenn der Schwellenwert von 0,9 Prozent Pollen aus genveränderten Pflanzen überschritten wird. Nur bei MON 810, der in Deutschland verbotenen Genmaissorte des US-amerikanischen Unternehmens Monsanto, gilt Nulltoleranz für Honig. Doch die Pollen machen vor Ländergrenzen nicht Halt. Kein Gesetz verhindere, dass sie sich viele hundert Kilometer ausbreiten, sagt Laborinhaber Cord Lüllmann.

    "Daher können wir keine Empfehlung geben: Deutscher Honig muss nicht überprüft werden. Das ist falsch."

    Cord Lüllmann und seine Mitarbeiter wenden sich wieder den Labor-Apparaturen zu. Die nächsten Honigproben warten.