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Hopfen und Malz - Gott erhalt’s

Die Pflanzenzüchtung hat sich im Verlauf der letzten hundert Jahre im Wesentlichen auf die Verbesserung der agronomischen Eigenschaften, der Resistenzeigenschaften, der Kornqualität, Standfestigkeit und natürlich der Gesundheit konzentriert. Sie ist davon ausgegangen, dass die ackerbaulichen Verhältnisse das Wurzelsystem optimal sind.

Von Renate Ell |
    Aber genau daran fehlt es modernen Gerstensorten. Max Baumer vom Bayerischen Landesamt für Landwirtschaft leitet Versuche, in denen moderne Hochleistungssorten mit traditionellen Landsorten der Gerste gekreuzt werden. Die Versuchspflanzen müssen sich unter der sengenden Sonne und auf den kargen Böden Südamerikas behaupten. Und sie müssen ihre Widerstandsfähigkeit gegen Säure im Boden beweisen, denn die gilt als Indikator für die allgemeine Stresstoleranz einer Pflanze. Anfällige Sorten werden unter diesen harten Bedingungen kaum 20 Zentimeter groß und haben statt Wurzeln nur noch kurze Stummel. Stresstolerante Sorten hingegen wachsen zu den üblichen 80 Zentimetern heran und bilden kräftige Wurzeln, mit denen sie auch die letzten Wasser- und Nährstoffreste aus dem Boden holen.

    Aber in Bayern, wo die Sonne in Deutschland am intensivsten scheint, sinken die Gersten-Erträge nicht erst seit diesem Sommer, sondern schon seit 20 Jahren. Ursache ist die so genannte nicht parasitäre Blattverbräunung. Betroffene Pflanzen bilden nur kleine, notreife Körner. Sie leiden wie Menschen unter Sommersmog:

    Hauptursache sind die Sauerstoffradikale, die dadurch entstehen, dass NOx-Gase in großen Mengen insbesondere in industriereichen oder verkehrsreichen Gegenden vorhanden sind, die dann bei intensiver ultravioletter Strahlung Sauerstoffradikale freisetzen, die dann wiederum in der Pflanze zu diesem oxidativen Stress führen.

    Die Suche nach Sommersmog resistenten Sorten zeigt schon erste Erfolge – die Testpflanzen auf den bayerischen Versuchsfeldern konnten in diesem Sommer zeigen, was sie aushalten.

    Das gilt auch für die Testpflanzen im Hopfenforschungszentrum in der Hallertau, dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt. Es ist eines von weltweit nur fünf Instituten für Hopfenzüchtung. Hopfen braucht Wasser nicht nur für sein rasantes Wachstum – von null auf sieben Meter in knapp drei Monaten. Bei Hitze und Trockenheit entwickeln sich auch seine Inhaltsstoffe nicht so, wie die Brauereien sie brauchen. Bei der Suche nach dem besseren Hopfen greifen die Forscher zu noch ursprünglicheren Pflanzen als die Gerstenzüchter, berichtet Bernhard Engelhard, Leiter des Hopfenforschungszentrums:

    Wir sammeln Wildhopfen aus der ganzen Welt, kontrollieren und schauen, wie sie sich in diesem Jahr wieder entwickeln - und dann werden sie in konventioneller Kreuzung weiter bearbeitet und wieder getestet.

    Bis aus einem Sämling eine Sorte wird, dauert es meist 12 bis 15 Jahre, und noch länger, bis sie auch den Markt erobert. Denn der Hopfen muss viel mehr können als Dürre aushalten:

    In diesen Jahren muss neben Trockenheitsresistenz, neben Krankheitsresistenz natürlich alles andere auch mit beobachtet werden, was Ertrag anbelangt, was Inhaltsstoffe anbelangt, denn eins ist natürlich für uns immer an oberster Stelle, Hopfen wird verwendet von den Brauern, und die Brauer müssen mit einer neuen Sorte einverstanden sein, sie muss Qualitäten bringen, die die Brauer wünschen, das ist oberstes Zuchtziel, dann muss natürlich die Sorte auch vernünftig anzubauen sein, das heißt der Hopfenpflanzer muss sie produzieren können mit vernünftigem Aufwand – die Komposition all dieser Einzelmerkmale ist das was unser Züchter beachten muss.

    Bei der Suche nach hitzeresistenten Gersten- und Hopfen-Sorten kommen die Züchter ohne Gentechnik aus. Also droht der Reinheit des deutschen Biers aus dieser Richtung keine Gefahr.