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Hopfenernte muss vernichtet werden

Ein wichtiges Anbaugebiet von Hopfen ist die Region um die Stadt Tettnang am Bodensee. Dort wurden Rückstände von dem Pflanzenschutzmittel Captan auf geerntetem Hopfen nachgewiesen. Hopfenbauern befürchten, dass rund 10 Prozent der zurückliegenden Ernte vernichtet werden müssen.

Von Thomas Wagner |
    Wer vom württembergischen Allgäu hinunter fährt, Richtung Bodensee, kommt vor der Kleinstadt Tettnang unweigerlich an den riesigen Hopfenstangen an den Feldern vorbei, die die gesamte Landschaft prägen.

    "Also wir liefern in alle Welt. Große Abnehmerländer sind USA und Japan. 80 Prozent wird exportiert in alle Herren Länder."

    Doch nun mischt sich in die Freude über die weltweite Vermarktung des sogenannten Tettnanger Aromahopfens Verärgerung. Denn Landwirt Johann Heimpel, einer von 170 Hopfenbauern im Raum Tettnang, muss einen Teil seiner Ernte vernichten. Grund: Auf dem edlen Hopfen aus dem Schwäbischen haben die Behörden Rückstände des für den Hopfenanbau nicht erlaubten Pflanzenschutzmittels Captan gefunden. Für betroffene Hopfenbauern wie Johann Heimpel bedeutet dies große finanzielle Einbußen.

    "Bei mir wären es um die 40.000 Euro. Also ich hätte ordentliche Liquiditätsprobleme."

    Viele Tettnanger Hopfenbauern befürchten Ausfälle in ähnlicher Höhe oder sogar noch darüber. Dabei geht es um das Pflanzenschutzmittel Captan, das zwar für den Obstbau, nicht aber für den Hopfenanbau zugelassen ist. Und dass sich Captan auf den Hopfenpflanzen festgesetzt hat, kam Anfang September vergangenen Jahres bei Routineuntersuchungen heraus, erinnert sich Jürgen Weisshaupt, Geschäftsführer des Hopfenpflanzerverbandes Tettnang.

    "Die Hopfenwirtschaft hat in Absprache mit der Brauwirtschaft ein Qualitätssicherungssystem. Das heißt: Hopfen wird auf 545 Wirkstoffe analysiert. Es wurden relativ früh diese Spuren von Captan gefunden. Als Folge wurden dann natürlich alle Partien auf Captan analysiert. Und dann begann diese Detektivarbeit: Wo kommen diese Spuren her?"

    Bis heute haben die Hopfenbauern darauf keine eindeutige Antwort gefunden. Sie vermuten, dass das für den Hopfenanbau zugelassene Pflanzenschutzmittel Folpan mit Captan verunreinigt wurde; beide Substanzen sind sich in ihrer chemischen Zusammensetzung sehr ähnlich. Dafür, dass dies beim Hersteller der Pflanzenschutzmittel geschehen sein könnte, gibt es bislang aber keine Bestätigung. Wichtig allerdings: Der mit Captan kontaminierte Hopfen aus Tettnang ist noch nicht zu Bier verarbeitet worden, sondern lagert vielmehr bei den Hopfen-Großhändlern. Jürgen Weisshaupt:

    "Also wir können das mit gutem Gewissen und mit absehbarer Sicherheit ausschließen, dass Partien zu den Brauereien gegangen sind. Denn dann wär’s wirklich ein Problem für die gesamte Hopfenwirtschaft. Durch unser Sicherheitssystem ist alles analysiert worden: Die Nuller-Partien, wo nichts gefunden wurde, sind verarbeitet worden. Die Laborbrauereien bekommen diese Laborzertifikate zugestellt, damit sie Sicherheit haben. Und diese Partien, die belastet waren, wurden von der Lebensmittelsicherheit dingfest gemacht, damit die gleich gar nicht in den Verkehr kommen."

    Entwarnung also an die Adresse der Biertrinker, Besorgnis dagegen bei den Hopfenbauern: Sie schätzen, dass etwa zehn Prozent der zurückliegenden Ernte mit Captan belastet ist und deshalb nicht verwendet werden darf. Die örtliche "Schwäbische Zeitung" berichtet sogar, ein Drittel der gesamten Ernte sei betroffen. Beim Hopfenpflanzerverband selbst heißt es, dieser Anteil sei zu hoch gegriffen. Die Hopfen-Großhändler verweigern die Bezahlung der bereits angekauften Hopfen-Partien, die belastet sind. Nicht nur das: Sie fordern bereits ausgezahlte Prämien wieder zurück. Umso intensiver läuft in den Tettnang die Suche nach der Ursache der Kontaminierung. Stellt sich heraus, dass der Fehler beim Hersteller der Pflanzenschutzmittel passiert ist, wollen die Hopfenbauern ihrerseits Schadensersatz einfordern. Was aber bleibt, ist der Imageschaden – nicht nur für die Hopfenanbauregion Tettnang, die mit einer Anbaufläche von 1100 Hektar deutschlandweit nur auf Platz zwei rangiert – nach der bayrischen Hallertau. Doch auch die hat ihren Fungizid-Skandal: Dort sollen bereits 2010 nach einem Bericht des "Münchner Merkurs" 40 Hopfenbauern unerlaubte Pflanzenschutzmittel eingesetzt haben. Grund zur Angst also bei den Biertrinkern nah und fern, dass der Hopfen als wichtiger Rohstoff knapp werden könnte? Landwirt Johann Heimpel, Vorsitzender des Hopfenpflanzerverbandes Tettnang, winkt ab:

    "Nachdem wir hintereinander vier hervorragende Ernten haben, gibt es noch hervorragenden Hopfen. Und trotz der Hopfen, die jetzt vernichtet werden müssen, gibt es immer noch genug. Hopfen ist im Moment noch reichlich vorhanden. Da braucht kein Biertrinker Angst haben, dass wegen des Hopfens das Bier teurer wird."