Archiv


Hormontherapie gegen Angst

Neurophysiologie. - Möglicherweise gibt es einen neuen Weg, Ängstlichen mehr Mut einzutrichtern. Wissenschaftler vom Anatomischen Institut der Universität Magdeburg haben herausgefunden, daß ein bestimmtes Hormon die Hirnregion stimuliert, die für den Mut verantwortlich ist.

    Mut oder Angst sind weitgehend genetisch bedingte Eigenschaften, die vom limbischen System im Gehirn gesteuert werden. Dieses System vermittelt zwischen den höheren Gehirnfunktionen wie dem Gedächtnis und den Trieben wie etwa der Angst. Mit einem einfachen Versuch wollen die Forscher um Professor Herbert Schwegler näher erkunden, welche Prozesse bei Angst oder Mut eine Rolle spielen. Sie versetzten Ratten schmerzhafte Stromstöße auf die empfindlichen Pfoten und ließen dabei ein knackendes Geräusch ertönen. Schließlich verbanden die Tiere das Geräusch so eng mit dem Schmerz, daß sie auch reagierten, wenn der Stromstoß ausblieb. Allerdings waren die Reaktionen unterschiedlich ausgeprägt. Ein Blick in das limbische System der Gehirne zeigte, daß auch die Neuronenaktivität in der Amygdala, einer Region des limbischen Systems, unterschiedlich war. Bei den Ängstlichen produzierte ein erheblich dichteres Netz von Nervenzellen das Eiweiß für die Angstreaktion.

    Das Beste jedoch war, daß die Wissenschaftler die Angstreaktion durch das Schilddrüsenhormon Thyroxin beeinflussen konnten. "Wenn man das in den ersten Lebenstagen gibt, verändert sich das Verhalten der Tiere", erklärt Schwegler. Allerdings sind auch die Nebenwirkungen einer solchen Hormontherapie nicht zu vernachlässigen. Die Tiere bekommen Glubsch-Augen und werden hypernervös. Bei einer kurzen Therapiezeit konnten diese Symptome allerdings vermieden werden - die Ratten waren trotzdem mutiger, denn die Nervenzellen in ihrer Amygdala waren weniger fleißig im Produzieren der Angstproteine. Eine Hormontherapie gegen Angst ist allerdings nicht empfehlenswert, denn dieser Reflex ist natürlich und manchmal lebensrettend. Seine künstliche Unterdrückung könnte unabsehbare Folgen haben.

    [Quelle: Jo Schilling]