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Horte der Quarkmaterie

Astronomie. - Neutronensterne gehören zu den erstaunlichsten Gebilden im All. Sie sind kleine ungeheuer dicht zusammengepreßte Sternenleichen, die von gigantischen Explosionen, den Supernovae, übergeblieben sind. Forscher vermuten in ihnen eine besondere Art der Materie, die Quarkmaterie. Sie stand im Mittelpunkt der Konferenz "Statistical QCD" in Bielefeld.

    Neutronensterne sind die Überreste von besonders massiven Sonnen. An deren Lebensende wird die äußere Hülle in einer gewaltigen Explosion ins All geblasen. Der Rest wird dagegen durch die eigene Schwerkraft stark zusammengedrückt und zu einem Neutronenstern. Der hat seinen Namen daher, daß seine Materie nur noch aus Neutronen besteht. Mit einer Dichte von 500 Millionen Tonnen pro Kubikzentimeter sind sie die massivsten Objekte im Universum. Bei solchen Verhältnissen erwarten die Physiker, daß sich die Materie im Kern der Neutronensterne in einem extremen Zustand befindet. "Wenn man die Neutronen immer stärker zusammenpreßt, erhält man möglicherweise Quarkmaterie. Jedes Neutron besteht aus drei winzigen Urteilchen, den Quarks. Normalerweise halten sie fest zusammen. Wenn man aber einen Haufen von Neutronen fest zusammenpreßt, können die Bindungen zwischen den Quarks geknackt werden und diese können sich frei bewegen", erklärt Gordon Baym, Physiker an der Universität von Illinois in Urbana.

    Im Inneren der Neutronensterne könnte es also ein unvorstellbar dichtes und heißes Gewimmel der Urteilchen geben. Allerdings ist es so gut wie ausgeschlossen, daß die Wissenschaft diese Vermutung jemals direkt nachweisen kann. Die unvorstellbar hohen Drücke machen jede direkte Untersuchung unmöglich. Allerdings können die Astronomen durchaus indirekte Hinweise auf das Vorliegen der Quarkmaterie sammeln. "Man kann sich anschauen, wie Neutronensterne abkühlen, indem man verschieden alte miteinander vergleicht. Enthält ein Neutronenstern tatsächlich Quarkmaterie, müsste er wesentlich schneller abkühlen als ein Stern aus gewöhnlicher Kernmaterie", so Baym. Röntgensatelliten, wie etwa der US-amerikanische Chandra können diesen Temperaturvergleich unternehmen. In etwa fünf Jahren hoffen die Astronomen mehr zu wissen, dann sind mehrere Satelliten im All stationiert und die Datenbasis ist verlässlich. Dann dürften auch die Experimente am US-Beschleuniger RHIC Daten liefern. Dort wollen die Physiker künstlich Quarkmaterie erzeugen, allerdings in winzigen Mengen. Diese irdischen Experimente und die Beobachtungsdaten der Röntgensatelliten dürften den Wissenschaftlern viel über diese exotische Materie verraten.

    [Quelle: Frank Grotelüschen]