Es sei ja zugestanden, dass ein Regisseur der jüngeren Generation nicht noch mal so einen Volksstück-Horváth machen will, der den plappernden Jargon der Figuren ausstellt und deren falsches Bewusstsein durch den Wolf dreht. Aber eine Antenne für Sprache, für Leitmotive, für betrogene Gefühle sollte man schon haben, wenn man sich auf diesen Autor einlässt.
Christoph Mehler weckt in Frankfurt durchaus solche Erwartungen, wenn er die grell geschminkten Schauspieler mit dem Publikum reinkommen und in der ersten Reihe Filme angucken lässt, Liebes-Klischees aus den 30er-Jahren. Also, mit Kracauer gesprochen: Die kleinen Ladenmädchen gehen ins Kino.
Dann aber beginnt ein ganz anderer Spuk, ein Rummelplatzentertainment minderer Güte, eine Ausstattungsorgie mit schauspielerischen Turnübungen. Der gerade abgebaute, also entlassene, Chauffeur Kasimir haut den Lukas, er schlägt mit dem Hammer auf den Kraftmesser, der ein Gewicht in die Höhe schnellen lässt. Und das bleibt dann leider den ganzen Abend das Inszenierungsprinzip.
Horváths Trivialdrama vom Kasimir, der sich als Arbeitsloser nicht nur ökonomisch, sondern auch erotisch wertlos fühlt, und seiner Karoline, die ihm mit lauter scheppernden Phrasen ihre zunächst wahre Zuneigung kredenzt, sich dann aber sexuell zu Höherem berufen fühlt – dieses Oktoberfest-Rambazamba wird von Christoph Mehler als albernes Kasperl-Theater auf die Bühne gebracht.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie hörig junge Regisseure den angeblichen Autoritäten zu Füßen liegen: Bei Mehler sieht man immer wieder Frank Castorfs Münchner grell verzappelte "Kasimir"-Inszenierung durchscheinen, die Hauptfigur trug Strampelhose.
Mehler allerdings bescheidet sich freundlicherweise mit einer gekürzten Fassung und anderthalb Stunden Spieldauer. Und er hat noch ein zweites ästhetisches Muster, das er auf Horváth quasi draufkopiert: Es handelt sich um den "Struwwelpeter", um den hochmoralischen Kindercomic des Frankfurter Arztes Heinrich Hoffmann aus dem Jahr 1845.
Dieses Erzählprinzip benutzt Mehler allerdings eher in der Version der englischen Komiker Phelim McDermott und Julian Crouch, als "Shockheaded Peter".
Wir sehen also sehr bunte und sehr simple Figuren: Die Frauen tragen hochgesteckte Turmfrisuren, der Kasimir lässt dauernd die Hosen runter. Und der Leutnant Schürzinger, der die Karoline trösten will, ist bei dem Schauspieler Isaak Dentler eine Mischung aus Zappelphilipp, fliegendem Robert und vor allem Hans-guck-in-die Luft. Der Merkl Franz, in Frankfurt ein volltätowierter Krimineller, wird bei Oliver Kraushaar zum Brüllaffen und Frauenterrorisierer. Und einzig die von ihm drangsalierte Erna der Franziska Junge kriegt so ein paar halb sehnsüchtige, halb belustigte Ambivalenzen hin: Die schaut mit einer so souveränen Entgeisterung in die Welt, wie es Horváth vielleicht gefallen hätte.
Der Kasimir spricht Wiener Dialekt, die Karoline der Sandra Gerling kommt eher aus Berlin. Sie treffen sich in München und hauen sich ihre Sentenzen an den Kopf, mit vielen rituellen Wiederholungen, die der Regisseur offenbar für den letzten Schrei hält.
Manchmal schwebt hinten ein Zeppelin vorbei, eine graue Peniszigarre, spricht der und Karoline lutscht neckisch ihr Eis, während Schürzinger Bananen leckt. Man kann also fast nichts falsch verstehen. Und dennoch ist das Stück von der kasperlhaften Spielweise her völlig enterotisiert. Auf den Bierbänken wird geblökt und gespritzt und auf nassem Untergrund gehampelt und geschlittert: Horváths Kuriositätenschau würde ein bisschen anders aussehen.
Christoph Mehler weckt in Frankfurt durchaus solche Erwartungen, wenn er die grell geschminkten Schauspieler mit dem Publikum reinkommen und in der ersten Reihe Filme angucken lässt, Liebes-Klischees aus den 30er-Jahren. Also, mit Kracauer gesprochen: Die kleinen Ladenmädchen gehen ins Kino.
Dann aber beginnt ein ganz anderer Spuk, ein Rummelplatzentertainment minderer Güte, eine Ausstattungsorgie mit schauspielerischen Turnübungen. Der gerade abgebaute, also entlassene, Chauffeur Kasimir haut den Lukas, er schlägt mit dem Hammer auf den Kraftmesser, der ein Gewicht in die Höhe schnellen lässt. Und das bleibt dann leider den ganzen Abend das Inszenierungsprinzip.
Horváths Trivialdrama vom Kasimir, der sich als Arbeitsloser nicht nur ökonomisch, sondern auch erotisch wertlos fühlt, und seiner Karoline, die ihm mit lauter scheppernden Phrasen ihre zunächst wahre Zuneigung kredenzt, sich dann aber sexuell zu Höherem berufen fühlt – dieses Oktoberfest-Rambazamba wird von Christoph Mehler als albernes Kasperl-Theater auf die Bühne gebracht.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie hörig junge Regisseure den angeblichen Autoritäten zu Füßen liegen: Bei Mehler sieht man immer wieder Frank Castorfs Münchner grell verzappelte "Kasimir"-Inszenierung durchscheinen, die Hauptfigur trug Strampelhose.
Mehler allerdings bescheidet sich freundlicherweise mit einer gekürzten Fassung und anderthalb Stunden Spieldauer. Und er hat noch ein zweites ästhetisches Muster, das er auf Horváth quasi draufkopiert: Es handelt sich um den "Struwwelpeter", um den hochmoralischen Kindercomic des Frankfurter Arztes Heinrich Hoffmann aus dem Jahr 1845.
Dieses Erzählprinzip benutzt Mehler allerdings eher in der Version der englischen Komiker Phelim McDermott und Julian Crouch, als "Shockheaded Peter".
Wir sehen also sehr bunte und sehr simple Figuren: Die Frauen tragen hochgesteckte Turmfrisuren, der Kasimir lässt dauernd die Hosen runter. Und der Leutnant Schürzinger, der die Karoline trösten will, ist bei dem Schauspieler Isaak Dentler eine Mischung aus Zappelphilipp, fliegendem Robert und vor allem Hans-guck-in-die Luft. Der Merkl Franz, in Frankfurt ein volltätowierter Krimineller, wird bei Oliver Kraushaar zum Brüllaffen und Frauenterrorisierer. Und einzig die von ihm drangsalierte Erna der Franziska Junge kriegt so ein paar halb sehnsüchtige, halb belustigte Ambivalenzen hin: Die schaut mit einer so souveränen Entgeisterung in die Welt, wie es Horváth vielleicht gefallen hätte.
Der Kasimir spricht Wiener Dialekt, die Karoline der Sandra Gerling kommt eher aus Berlin. Sie treffen sich in München und hauen sich ihre Sentenzen an den Kopf, mit vielen rituellen Wiederholungen, die der Regisseur offenbar für den letzten Schrei hält.
Manchmal schwebt hinten ein Zeppelin vorbei, eine graue Peniszigarre, spricht der und Karoline lutscht neckisch ihr Eis, während Schürzinger Bananen leckt. Man kann also fast nichts falsch verstehen. Und dennoch ist das Stück von der kasperlhaften Spielweise her völlig enterotisiert. Auf den Bierbänken wird geblökt und gespritzt und auf nassem Untergrund gehampelt und geschlittert: Horváths Kuriositätenschau würde ein bisschen anders aussehen.